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# taz.de -- Das Nachbeben der Bundestagswahl: Empörung und Empowerment
> Diese Woche: Ein Eklat im Weißen Haus, die bröckelnde Brandmauer, eine
> „Mütze“ für die SPD. Und jede Menge alte weiße Männer.
Bild: Wo ist die sogenannte Merkel-Mitte?
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Empörung.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Empowerment.
taz: Im [1][Weißen Haus stichelte Trump vor laufenden Kameras gegen
Selenskyj]. War der Eklat von Trump geplant?
Küppersbusch: Der kann nicht anders. Endlich wieder „The Apprentice“ im
TV! Das Set: Trump als Juryvorsitzender, ein paar Zuschläger wie Vance,
Hegseth, Rubio als Juroren und Selenskyj als nervöser Kandidat. Der wird
ordentlich durcherniedrigt, er sei „no leader“, und haarscharf vor „You�…
fired“ mit einer „last chance“ rausgeworfen: Komm nächste Woche wieder,
wenn du kapitulierst. Trumps Fazit on air: „This is going to be great
television.“ Trump moderierte „The Apprentice“ von 2004 bis 2015 und
folterte sich vom verkrachten Bankrotteur zum Rivalen Obamas hoch. Und
offenbar ist er da nie rausgekommen. [2][Der britische Premier Keir
Starmer] irrt, wenn er sagt: „So was will niemand sehen“, und er irrt klug.
Trump braucht einen neuen Produzenten, der ihm ein besseres Format setzt.
Das umschreibt doch sehr höflich, dass er ein Therapiefall ist. Außer ihm
wissen das alle, darin liegt der Schlüssel.
taz: Friedrich Merz hat die Bundestagswahl gewonnen. Wie lange hält sein
Versprechen, nicht mit der AfD zu koalieren?
Küppersbusch: Comedyhighlight am Wahlabend: In der „Berliner Runde“ gut
zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale fordert Alice Weidel –
Neuwahlen. Sie arbeitet sich an Merz ab, der „unbedingt Bundeskanzler
werden“ wolle – ein Gedanke, der einer Kanzlerkandidatin naturgemäß völl…
fernliegt –, und ignoriert souverän, dass ihr gerade 80 Prozent der
WahlbürgerInnen testiert haben: Du nicht. Also Weidel sieht den
irrlichternden Brandmaurer Merz als Hindernis, das sie noch abräumen muss,
bevor Höcke sie abräumt. Vorher kann es in einem – vermutlich östlichen –
Bundesland zu einer Jammerduldung der beiden Parteien kommen. Die Union
besetzt Themen und neuerdings – siehe Kleine Anfrage – auch Methoden der
AfD, sie redet den Gegner stark. Das hat jedenfalls schon mal nicht
funktioniert.
taz: Viele Deutsche, ob im Ausland oder nicht, konnten nicht wählen, weil
ihre Wahlunterlagen zu spät oder gar nicht ankamen. Wer ist schuld?
Küppersbusch: Manche Kommunen arbeiteten zu langsam, private
Postdienstleister schneckten, und einige Wahlunterlagen reisten über
vermeintlich preiswertere Drittländer. Im Ausland bietet sich an, Konsulate
zu Wahllokalen zu erklären. Die nötige Konsequenz: Die für die Neuwahl
verantwortliche FDP ist raus. Alles gut.
taz: [3][Rolf Mützenich] ist nicht mehr Fraktionsvorsitzender der SPD im
Bundestag. Gute Nachricht für die SPD, die Union und/oder die Ukraine?
Küppersbusch: Der delikate Streit, ob Scholz oder Merz oder beide nach
London eilen sollen, ließe sich mit „Mütze“ leicht lösen: Der fliegt, die
anderen beiden verhandeln zu Hause fix ihre anstehende Grokette. Vor einem
Jahr wurde Mützenich politisch und medial von den üblichen Verdächtigen
gelyncht, weil er die rhetorische Frage riskierte nach einem „Einfrieren
und späteren Ende“ des Kriegs in der Ukraine. Nun melden sich Macron und
Starmer, Europas verschlampte Hausaufgaben zu machen, und der kölsche Sozi
hätte die nötige Street-Credibility für so einen Vorschlag. Der SPD hat
sein Spießrutenlauf keine Stimmen von AfD und BSW gebracht, Union und Grüne
könnten sich so langsam mal entschuldigen, und die Ukraine kann jeden
Freund gebrauchen.
taz: Zwei Tage nach der Wahl taucht online ein Bild der Unionsspitze auf,
die den anstehenden Politikwechsel bespricht. Nur alte weiße Männer sind zu
sehen. Wie weit in die Vergangenheit wird dieser Wechsel führen?
Küppersbusch: Im Spiegel entgegnet Autorin Anna Clauß, bei den Grünen
kandidierten vier Frauen um drei Spitzenposten. Last man standing Robert
Habeck ziehe sich zurück. Fazit: Die Grünen bräuchten eine Männerquote.
Anderes Dilemma: Vermutlich wählen mehr konservative Frauen eine
Männerpartei als konservative Männer eine Frauenpartei. Die „Merkel-Mitte�…
die Habeck beschwor, gab es nicht. Noch nicht. Die Union arbeitet dran.
taz: Papst Franziskus Gesundheitszustand ist schlecht. Wie schwer könnte es
für den Vatikan werden, einen neuen Papst auszuwählen?
Küppersbusch: Bei Erscheinen dieser Zeitung ist klar, ob „Konklave“ einen
Oscar gewonnen hat. Für den Schluss würde ich keinen vergeben, der Twist
kommt zu schräg und jäh am Ende eines brillanten Films. Real wäre das aber
sehr lustig. Kein Spoiler.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: RWE hat 33 Punkte und braucht 45 für den Klassenerhalt. „Die
schweren Jahre zwischen 33 und 45“ (Wiglaf Droste).
Fragen: Julia Schöpfer, waam
2 Mar 2025
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[3] /Bundestagswahlkampf-der-SPD-Berlin/!6067291
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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