# taz.de -- Die Union nach dem Brandmauerfall: Sogar Markus Söder hält noch z… | |
> Die Kritik am Kandidaten bleibt nach dem missglücktem Vorstoß in der | |
> Migrationspolitik rar. Auf ihrem Parteitag möchte die CDU ein | |
> Sofortprogramm beschließen. | |
Bild: Der Kandidat, der hat immer recht: Standing Ovations der Unionsfraktion n… | |
BERLIN taz | Grenzschließung, Abschiebung, Inhaftierung: Die CDU plant, am | |
Montag auf ihrem Parteitag ein „Sofortprogramm“ für die ersten Tage einer | |
möglichen Regierung unter Friedrich Merz zu beschließen. Die enthaltenden | |
Vorschläge für eine verschärfte Migrationspolitik sind bekannt, neu ist nur | |
der ehrgeizige Zeitplan. Unklar bleibt, wie sehr Merz durch die kläglich | |
[1][gescheiterte Bundestagsabstimmung] am Freitag geschwächt ist, bei der | |
er Teile des Plans mit der AfD durchsetzen wollte. | |
Der Entwurf des Sofortprogramms wirkt zunächst wie ein Versuch, dem von | |
Merz einst versprochenen Wirtschaftsfokus seines Wahlkampfs Rechnung zu | |
tragen. Die Union fordert, die Strompreise zu senken, Bürokratie abzubauen | |
und Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Wer im Ruhestand weiterarbeitet, soll | |
Steuererleichterungen erhalten, ebenso Restaurants und Landwirte. Zudem | |
sollen das Lieferkettengesetz und das Heizungsgesetz gestrichen werden. | |
Unter dem Titel „Sicherheit für die Menschen in Deutschland“ folgt dann | |
das, was den Wahlkampf der Union spätestens seit dem Angriff von | |
Aschaffenburg prägt: sehr harte Ideen für die Migrationspolitik. So soll | |
eine mögliche Regierung Merz in den ersten Tagen die Grenzen für | |
Geflüchtete komplett schließen und alle Ausreisepflichtigen in | |
Abschiebegewahrsam oder -haft nehmen. Mindestens die Grenzschließungen | |
verstoßen gegen Europarecht, auch die Umsetzbarkeit ist fraglich. | |
Zusätzlich sollen laut Sofortprogramm die von der Ampel beschlossenen | |
erleichterten Einbürgerungen zurückgenommen, die Befugnisse der | |
Bundespolizei ausgeweitet und der Familiennachzug für subsidiär | |
Schutzberechtigte gestoppt werden. | |
Explizit befürwortet wird in diesem Zusammenhang das | |
„Zustrombegrenzungsgesetz“, das von der Union in den Bundestag eingebracht | |
worden war und einen Teil dieser Forderungen beinhaltet. Merz’ Versuch, das | |
Gesetz mit AfD-Stimmen zu verabschieden, scheiterte am Freitag – auch an | |
den eigenen Unionsabgeordneten. Zwölf von ihnen blieben der Abstimmung | |
fern. Es gibt also begründete Zweifel daran, dass wirklich alle in der | |
Union die Forderungen im Sofortprogramm so mittragen. | |
## Nur Günther und Wegner wagen Kritik | |
Überhaupt unklar bleibt, wie stark Merz in seiner Partei noch unterstützt | |
wird, da er die deutsche Politik [2][ins Chaos gestürzt], Versprechen | |
gebrochen und konservative Grundsätze erschüttert hat. Nach dem | |
Messerangriff von Aschaffenburg brachte er zwei Anträge für eine scharfe | |
Migrationspolitik ein und nahm die AfD-Zustimmung in Kauf. SPD, Grüne und | |
Linke warfen ihm daraufhin vor, die [3][Brandmauer zu den Rechten] | |
einzureißen und die Demokratie zu gefährden. Dennoch wurde einer der | |
Anträge mit Stimmen von Union, AfD, FDP und BSW beschlossen. | |
Die geplante Verabschiedung des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ am Freitag war | |
dann der nächste Schritt in Merz’ Plan. Auch hier war die Zustimmung der | |
AfD nicht abgesprochen, aber durchaus eingeplant. SPD und Grüne hatten | |
klargemacht, nicht zuzustimmen. Mit dem Scheitern an den eigenen Leuten | |
geriet die Abstimmung für Merz dann zu einer Demütigung. | |
Öffentliche Kritik an Merz bleibt in der Union bisher rar. Aus den Reihen | |
der aktiven Spitzenpolitiker*innen hatten lediglich der | |
CDU-Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Daniel Günther, und der | |
regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner, Kritik geäußert. Auch | |
Ex-Kanzlerin Angela Merkel kritisierte Merz. Außerdem trat der ehemalige | |
Vize-Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Michel Friedmann, aus der CDU | |
aus. Er sagte der ARD: „Diese CDU kann nicht mehr meine sein.“ | |
Die Parteidisziplin in der CDU scheint insgesamt aber weitgehend zu halten. | |
Drei Wochen vor der Wahl wagt sich offenbar niemand, den eigenen Kandidaten | |
zu demontieren. Selbst der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) | |
– sonst nicht gerade bekannt für Loyalität zu Merz – rief die | |
Schwesterpartei CDU auf, sich auf dem Parteitag am Montag deutlich hinter | |
Merz zu stellen. Es brauche „ein starkes Signal der Geschlossenheit für | |
unseren gemeinsamen Kanzlerkandidaten“. | |
2 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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