| # taz.de -- Holocaust-Überlebender schreibt an Merz: „Bleiben Sie Mensch, He… | |
| > Leon Weintraub (99) hat Auschwitz überlebt. Nun wendet er sich mit einem | |
| > dringenden Appell an den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz. | |
| Bild: Empört sich: Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub | |
| Antisemiten ist es nicht zu empfehlen, mit Leon Weintraub Streit zu suchen. | |
| Einmal, bei einem Besuch in seiner alten Heimatstadt Warschau, begegnete | |
| der Auschwitz-Überlebende zwei rechtsradikalen Jugendlichen, die | |
| verlangten, dass alle Juden Polen zu verlassen hätten. Die Diskussion | |
| endete mit einem Faustschlag, der wohlgemerkt von dem damals 80-jährigen | |
| Leon Weintraub ausging. | |
| Dabei ist Weintraub ein zutiefst friedlicher Mensch. Der Mediziner hält | |
| auch nichts von Rache an denjenigen, die ihn im Zweiten Weltkrieg gequält | |
| haben. „Ich fühle mich als Sieger, nicht als Opfer“, schreibt er in seiner | |
| [1][vor drei Jahren erschienenen Autobiographie]. Der 99-Jährige gehört zu | |
| der immer kleiner werdenden Gruppe von Holocaust-Überlebenden, die sich für | |
| Verständigung einsetzen, aber die Geschichte doch wach halten wollen. Und | |
| die sich in die Politik einmischen, wenn sie es für nötig halten. | |
| Das hat Leon Weintraub an diesem Dienstag getan. In einem Brief an den | |
| CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz protestierte er gegen das | |
| [2][Zustrombegrenzungsgesetz], dessen Verabschiedung im Bundestag mithilfe | |
| der AfD [3][nur knapp scheiterte]. „Arbeiten Sie mit demokratischen | |
| Parteien und Menschen guten Willens“, forderte Weintraub Merz auf. Das | |
| Gesetz sorge für Fremdenfeindlichkeit und eine Polarisierung der | |
| Gesellschaft. | |
| Weintraubs Worte haben Gewicht, denn seine Jugend war geprägt von | |
| Verfolgung und Mord. Aufgewachsen in einer armen jüdischen Familie im | |
| polnischen Łódź, erlebte er als 14-Jähriger die Einrichtung des jüdischen | |
| Ghettos durch die Nazis. Er erinnert sich an Leichen, die auf der Straße | |
| lagen, an den ständigen Hunger und an seine Zwangsarbeit in einer | |
| Werkstatt. | |
| ## Von Auschwitz nach Groß-Rosen nach Flossenbürg | |
| Im August 1944 wurde er nach [4][Auschwitz] deportiert. Von dort kam er in | |
| ein Außenlager des KZ Groß-Rosen zur Zwangsarbeit im Stollen eines Berges, | |
| in den die Nazis Teile der Rüstungsindustrie verlagerten. Die Torturen | |
| gingen im KZ Flossenbürg weiter und endeten im Schwarzwald. Dort hatten | |
| sich die SS-Wachen verdrückt, französische Soldaten befreiten die | |
| Überlebenden. Leon Weintraub wog noch 35 Kilogramm. | |
| Später studierte er Medizin in Göttingen und lebte ab 1950 in Warschau. | |
| Doch auch dort nahm nach dem Sechstagekrieg Israels der Antisemitismus zu. | |
| Weintraub verlor seine Stelle in einer Klinik. So wie Tausende Juden | |
| verließ er seine Heimat und fand in Schweden eine neue. | |
| Am Dienstag war Weintraub auf der Heimreise von den Gedenkfeiern in | |
| Auschwitz nach Stockholm, als er an Merz appellierte: „Bleiben Sie Mensch, | |
| Herr Merz.“ | |
| 4 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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