| # taz.de -- Factchecking bei Facebook und Instagram: Noch mehr Fake News und Ha… | |
| > Der Facebook-Mutterkonzern Meta knickt vor Donald Trump ein. Ob | |
| > Faktenprüfung auf den Plattformen nur in den USA wegfallen sollen, ist | |
| > unklar. | |
| Bild: Dieser Mann ermöglicht ein dunkles Zeitalter: Mark Zuckerberg | |
| Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kauft sich für 88 Millionen | |
| Euro ein Luxushotel im französischen Nobel-Skiort Courchevel. Ein Lkw für | |
| eine Weihnachts-Werbeaktion von Coca-Cola im US-Bundesstaat Iowa wurde | |
| benutzt, um entführte Kinder abzutransportieren. Der Iran hat von Russland | |
| einsatzfähige Atomwaffen bekommen. | |
| Das sind nur drei von Dutzenden Meldungen auf Facebook, die allein in den | |
| vergangen zwei Wochen von der [1][Factchecking-NGO Faktograf] als Fakes | |
| identifiziert wurden. Nutzer:innen hatten sie zuvor gemeldet. Gelöscht | |
| wurden die Posts nicht, aber mit einem Warnhinweis versehen. | |
| Zensur ist das keine, sondern Moderation, für die der | |
| Facebook-Mutterkonzern Meta externe Faktenprüfer:innen wie Faktograf | |
| bezahlt. 2016 startete das sogenannte „Third Party Fact Checking“-Programm. | |
| In Deutschland beispielsweise prüfen die Nachrichtenagenturen DPA und AFP | |
| [2][sowie die Recherche-NGO Correctiv] im Auftrag von Meta. Noch | |
| jedenfalls. | |
| Denn am Dienstag kündigte Meta-Boss Mark Zuckerberg an, unter anderem | |
| [3][die externe, professionelle Faktenprüfung in den USA abzuschaffen]. | |
| „Mehr Redefreiheit, weniger Fehler“, überschrieb Meta seine Mitteilung. Man | |
| wolle „zu restriktive“ Vorschriften abschaffen, die „übermäßig“ | |
| durchgesetzt worden waren. „Regierungen und traditionelle Medien drängen | |
| immer mehr auf Zensur. Vieles davon sei „eindeutig politisch“ motiviert, | |
| sagte Zuckerberg. „Faktenprüfer waren einfach zu sehr politisch | |
| voreingenommen und haben mehr Vertrauen zerstört als geschaffen.“ | |
| Beschränkungen zu Themen wie Einwanderung und Geschlechtsidentität würden | |
| auf Facebook aufgehoben. Es sei „nicht richtig, dass Dinge im Fernsehen | |
| gesagt werden können, aber nicht auf unseren Plattformen,“ so Meta. | |
| Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass Hassrede es so | |
| künftig wieder leichter haben werden. | |
| 16 Prozent der Deutschen lesen Nachrichten auf Facebook. Vielen ist gar | |
| nicht klar, dass hier völlig andere Maßstäbe angelegt werden als bei | |
| klassischen Medien. Auf Facebook kann im Grunde jede:r schreiben, was er | |
| oder sie will. Entsprechend voll von – teils in klar manipulativer Absicht | |
| lancierten – Falschmeldungen ist die Plattform. Und schon länger hat die | |
| Rechte die Faktenprüfer als vermeintliche „woke“ Gesinnungspolizei im | |
| Visier. Zuckerbergs Schritt gilt deshalb als klarer Kotau gegenüber Donald | |
| Trump und Elon Musk, für die Meinungsfreiheit vor allem bedeutet, ungehemmt | |
| Propaganda in ihrem Sinne verbreiten zu können. | |
| „Die Arbeit von Faktenprüfern war zu keinem Zeitpunkt Zensur“, so die | |
| Faktograf-Direktorin Ana Brakus. Die Entscheidung, welche Inhalte wie zu | |
| regulieren seien, lag stets bei Meta. Ihre Arbeit habe die | |
| Faktenprüfer:innen oft „Belästigungskampagnen, Morddrohungen, Gewalt | |
| und ständigen Beleidigungen“ ausgesetzt. „Angesichts der Art und Weise, wie | |
| Mark Zuckerberg seine Entscheidung verkündet hat, erwarten wir nun eine | |
| neue Welle solcher Verhaltensweisen,“ so Brakus. | |
| Als „falsch und böswillig“ kritisierte auch das European Fact-Checking | |
| Standards Network (EFCSN) Zuckerbergs Äußerungen. „Wir verurteilen | |
| nachdrücklich“, dass er „Faktenprüfung mit Zensur in Verbindung bringt“… | |
| der Branchenverband. „Dies scheint eher ein politisch motivierter Schritt | |
| im Zusammenhang mit der neuen Regierung von Donald Trump in den USA zu sein | |
| als eine faktenbasierte Entscheidung“, sagte die EFCSN-Vorsitzende Clara | |
| Jiménez Cruz. Die EU solle sich dem „politischen Druck widersetzen und sich | |
| nicht von ihren Bemühungen abbringen zu lassen, die Verbreitung von Falsch- | |
| und Desinformationen auf sehr großen Onlineplattformen zu stoppen“. | |
| Faktenprüfung sei keine Zensur, sondern liefere „Kontext und Fakten für | |
| jeden Bürger, damit er sich eine eigene Meinung bilden kann“, und habe sich | |
| „immer wieder als wirksames Mittel gegen Fehlinformationen erwiesen“. | |
| ## Der Clou beim DSA | |
| Die nun von Meta in den USA ersatzweise vorgesehenen „Community Notes“ | |
| seien hierfür ein angemessener Ersatz, so das EFCSN. Nutzer:innen selbst | |
| sollen ihnen verdächtig erscheinende Meldungen als Fakes markieren können. | |
| Wenn es genug Zustimmung durch andere Nutzer:innen gibt, wird ein | |
| Warnhinweis für alle sichtbar. Das Modell wird so auf der Plattform X | |
| praktiziert. „Illegale“ Inhalte will Meta indes weiter selbst löschen. | |
| Bisher galt Zuckerbergs Meta – neben Google – unter den Tech-Konzernen als | |
| vergleichsweise kooperativ. Im Februar 2024 war in der EU mit dem Digital | |
| Services Act (DSA) ein neues Regelwerk in Kraft getreten, das die | |
| Tech-Konzerne zu Maßnahmen gegen die Desinformationsflut zwingt. Der Clou | |
| daran ist, dass keine konkreten Schritte vorgegeben sind. Stattdessen sind | |
| „Risiken“ wie etwa die Manipulation von Wahlen benannt. Die Plattformen | |
| dürfen selbst entscheiden, was sie gegen diese Risiken tun, und das | |
| gegenüber der EU-Kommission begründen. Die Inhaltemoderation durch externe | |
| Faktenprüfer:innen ist nur ein möglicher Weg, die Risiken zu | |
| mininmieren, die Community Notes, die Zuckerberg nun will, ein anderer. | |
| Reichen der Kommission die Maßnahmen allerdings nicht, kann sie | |
| Nachbesserung fordern und mit hohen Bußgeldern drohen. | |
| Es gebe bisher keine Pläne, das Factchecking auch in der EU zu stoppen, | |
| heißt es bei Meta. Doch es ist nicht gesagt, dass das so bleibt. Der DSA | |
| sieht vor, dass externe Meldestellen auf eigenen Antrag als sogenannte | |
| „Trusted Flagger“ zertifiziert werden. Sie können auf eigene Initiative | |
| zweifelhafte Inhalte an die Plattformen melden, diese müssen die Meldungen | |
| mit Priorität bearbeiten und dürfen sie nicht ignorieren. Anders als die | |
| externen Faktenprüfer werden die „Trusted Flagger“ allerdings nicht von den | |
| Plattformen bezahlt. „Die Trusted Flagger sind ähnliche Organisationen wie | |
| die externen Faktenprüfer“, sagt Kai Unzicker, Social-Media-Experte bei | |
| der Bertelsmann-Stiftung. „Facebook hat schon signalisiert, dass sie das | |
| kritisch sehen. Da ist der Konflikt vorprogrammiert.“ | |
| Faktograf und die taz arbeiten seit 2022 im [4][Projekt „Decoding the | |
| Disinformation Playbook“] bei Recherchen zum Thema Desinformation zusammen | |
| 8 Jan 2025 | |
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| [1] /Strategien-gegen-Fake-News/!6044579 | |
| [2] /!6051490&s=facebook+correctiv&SuchRahmen=Print/ | |
| [3] /Aenderungen-fuer-Instagram-und-Facebook/!6057080 | |
| [4] https://ipi.media/decoding-disinformation-playbook/ | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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