# taz.de -- Proteste in Georgien: Für die EU auf den Straßen von Tbilisi | |
> Die Proteste in Georgien sind seit Tagen ungebrochen – trotz | |
> polizeilicher Repressionen. Die Angst vor russischer Einflussnahme ist | |
> weiterhin groß. | |
Bild: Mit Gasmasken schützen sich die Demonstrierenden gegen Pfefferspray | |
Berlin taz | Sie sind entschlossener denn je: Auch in der sechsten Nacht in | |
Folge versammelten sich Tausende Menschen auf dem Rustaveliboulevard in der | |
georgischen Hauptstadt Tbilisi, um gegen den Aufschub der | |
EU-Beitrittsverhandlungen zu protestieren. Es sind die [1][längsten und | |
heftigsten Demonstrationen] seit den umstrittenen Parlamentswahlen Ende | |
Oktober. | |
„Es fühlt sich an wie ein Wendepunkt in der Geschichte unseres Landes“, | |
sagt 25-jährige Anano Mzhavanadze der taz am Telefon. Sie sei seit mehreren | |
Jahren immer wieder gegen die Regierung auf die Straße gegangen, doch die | |
Stimmung in Georgien habe sich seit Donnerstagabend verändert. | |
Der zuvor vom prorussischen Premierminister Irakli Kobachidse angekündigte | |
Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen habe großen Unmut in der Bevölkerung | |
ausgelöst, erzählt die Marketingstrategin. Gemeinsam mit ihren | |
Arbeitskolleg*innen und Freund*innen versammelt sie sich daher jeden | |
Abend auf dem Rustaveliboulevard. Sie berichtet von Wasserwerfern, die | |
gegen Demonstrierende eingesetzt werden. „Angst, verhaftet zu werden, habe | |
ich nicht, denn ich sehe keine Alternative zu den Protesten“, erzählt sie. | |
Nach Angaben des georgischen Innenministeriums gab es in den vergangenen | |
Tagen mehr als 290 Festnahmen. 143 Personen wurden demnach verletzt. Videos | |
auf Social Media aus der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zeigen, [2][wie | |
Sicherheitskräfte Wasserwerfer und Tränengas gegen die Demonstrierenden | |
einsetzen.] Manche Protestierende setzten in der Nacht Feuerwerkskörper | |
gegen die Sicherheitskräfte ein. | |
## Demonstrationen außerhalb der Hauptstadt | |
Die EU-nahe Präsidentin Salome Surabischwili bezeichnete die Demonstranten | |
hingegen auf der Plattform X als friedlich und kritisiert die | |
„Verhaftungswelle und Misshandlungen“. Nach Angaben des | |
Gesundheitsministeriums wurden 15 Menschen in Krankenhäuser gebracht. | |
Elf seien Teilnehmer der Demonstrationen gewesen, drei Medienvertreter, und | |
einer gehöre zu den Sicherheitskräften. Auch fern der Hauptstadt gingen | |
Georgier*innen auf die Straße, etwa im Südwesten des Landes in Batumi | |
oder in der drittgrößten Stadt, Kutaissi. | |
Laut Mzhavanadze gebe es Hoffnung zu sehen, wie viele Menschen auf der | |
Straße seien. Manche Schulen und Geschäfte würden seit Tagen streiken. Die | |
Entwicklung in Georgien versetze alle Generationen in Sorge: „Es hält sich | |
die hartnäckige Erzählung, dass nur junge Leute von einem EU-Beitritt | |
träumen, doch die vielen Protestierenden aus den älteren Generationen | |
beweisen das Gegenteil.“ | |
[3][Seit der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl] waren | |
viele Wähler*innen enttäuscht. Die prorussische Regierungspartei | |
Georgischer Traum (KO) ging laut eigenen Angaben als Sieger der Wahl | |
hervor. Die proeuropäische Opposition erkennt die Wahlergebnisse nicht an | |
und geht von Wahlbetrug aus. | |
## Regierung setzt NGOs unter Druck | |
„Wenn schon nicht unsere Regierung auf unserer Seite steht, hatten wir | |
immer die Hoffnung, dass uns die EU unterstützen könnte“, sagt Mzhavanadze. | |
Doch die Regierung entfernte sich immer weiter vom Westen. Die Angst vor | |
einer weiteren Einflussnahme Russlands sei allgegenwärtig. | |
Mit einem umstrittenen Agentengesetz habe die KO versucht, die Arbeit von | |
NGOs und Medien einzuschränken. Das Gesetz verschärft ihre | |
Rechenschaftspflicht, wenn sie mehr als 20 Prozent ihrer Mittel aus dem | |
Ausland erhalten. Das betreffe besonders Organisationen, die sich für | |
Klimaschutz oder Minderheitenrechte einsetzen, kritisiert Mzhavanadze. | |
4 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anastasia Zejneli | |
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