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# taz.de -- Proteste in Georgien: Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
> Unsere Autorin ist Georgierin und kämpft für die Unabhängigkeit von
> Russland – und gegen Online-Kommentare, die ihr ihr eigenes Land erklären
> wollen.
Bild: In Tbilissi stemmen sich die Georgier:innen gegen die Anti-EU-Politik ihr…
Nachts kämpfen wir Georgier:innen gegen die Polizei und russischen
Imperialismus. Auf Social Media und in den DMs kämpfen wir nebenbei noch
gegen die koloniale Arroganz aus dem Westen.
Aktuell gehen die Bilder von den Protesten in Tbilissi um die Welt. Nicht
selten fühlen sich manche dazu bestimmt, die Lage zu bewerten und den
Menschen dort ungefragt Tipps zu geben. Das ist mir auch schon oft passiert
und das Phänomen ist nicht neu. Osteuropäer:innen erleben es immer
wieder. Es hat einen Namen: Westsplaining.
Auf Social Media teile ich oft politische Inhalte und schreibe da auch
gerne meine Meinung zu. Ich habe Politik studiert und spreche über die
Dinge, die ich auch verstehe. Dabei kommt es natürlich zu Diskussionen und
das ist gut so. Es passiert aber immer wieder, dass mir selbsternannte
Expert:innen aus dem Westen in die DMs sliden oder mich mit Kommentaren
nerven. Sie erklären mir dann ungefragt, was gerade in Georgien passiert
und was wir jetzt am besten tun sollten.
Ein Beispiel: Neulich schrieb mir jemand aus Italien. Er erklärte mir, dass
Russland Georgien als Teil seiner Einflusssphäre betrachte. Die
Georgier:innen sollten sich zurückhalten mit der EU- oder sogar einer
Nato-Mitgliedschaft, das wäre der einzige Weg, eine russische Aggression zu
verhindern. Diese Sichtweise begegnet mir immer wieder. In Kommentaren lese
ich dann so was wie: „Der Westen mischt sich in die georgischen
Angelegenheiten ein“, oder: „Nur Neutralität kann die georgische
Souveränität schützen.“
## Der ewige Kampf gegen Russland
Das alles ist frustrierend, denn es zeigt nur, wie wenig Ahnung sie von
unserer Geschichte und unserer politischen Lage haben. [1][Georgien kämpft
seit über hundert Jahren für seine Unabhängigkeit] und gegen den russischen
Imperialismus – erst gegen das Russische Reich, dann gegen die Sowjetunion
und jetzt gegen die Russische Föderation.
2008 besetzte Russland 20 Prozent des Territoriums meines Landes, doch der
Terror hörte damit nicht auf. Seit Jahren führt der Kreml in Georgien einen
hybriden Krieg gegen uns und unsere Zukunft in der EU. Wie kann ich da
neutral bleiben?
Bald sind es schon zwei Wochen, dass [2][Tausende Georgier:innen auf
die Straße gehen]. Sie kämpfen gegen die gefälschten Parlamentswahlen und
die Entscheidung unserer Regierung, den EU-Beitritt zu stoppen. Das
„Ausländische Agenten“-Gesetz oder das Anti-LGBTQ+-Gesetz sind schon in
Kraft und bedrohen unsere Menschenrechte. Auf die Proteste hat die
Regierung mit massiver Gewalt reagiert. Sie [3][greifen Aktivist:innen,
Journalist:innen und Oppositionelle auf offener Straße an]. Es ist ein
Vorgeschmack auf das, was eine russische Vorherrschaft bedeuten würde.
„Neutral bleiben“ und „Russland nicht provozieren“. Diese Ratschläge k…
von Menschen in einer sehr privilegierten Position. Sie selbst leben in
Ländern, die nicht denselben existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sind,
wie wir es sind. Besonders die Kommentare, dass wir Russland nicht
provozieren sollen, ärgern mich – als wären wir dafür verantwortlich, dass
Russland uns erobern will.
Auch kleine Länder wie Georgien haben das Recht, ihre Zukunft selbst zu
bestimmen. Stattdessen erwarten Menschen aus dem Westen, dass wir uns den
Entscheidungen größerer Mächte beugen. Für uns geht es nicht nur darum,
eine Seite zu wählen. Es geht um unser Überleben und unsere Souveränität.
12 Dec 2024
## LINKS
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[3] /Georgischer-Journalist-zu-Polizeigewalt/!6051229
## AUTOREN
Lika Gogliaschwili
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