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# taz.de -- Klimawandel in Uganda: Nach den Fluten kam die Polizei
> Ugandas Hauptstadt Kampala leidet unter Hochwasser, Grund ist auch
> unkontrollierte Bebauung. Die Regierung geht dagegen vor – in
> Armenvierteln.
Kampala taz | David Kamara steht knietief in einem Bach, der nur wenige
Handbreit an seinem Haus vorbeiführt. Mit einem Stock versucht er, eine
Plastikwanne aus dem Wasser zu fischen. „Der Regen hat alles davongespült“,
seufzt der 41-jährige Ugander und zeigt auf den Hof vor seinem kleinen,
unverputzten Haus. „Meine Frau hatte die Waschwannen hier draußen stehen
lassen“, berichtet der Familienvater. „Dann kam der Regen und alles war
weg.“
Pünktlich im September setzte in Ostafrika die halbjährliche Regenzeit
wieder ein. Alle paar Tage prasselt ein Starkregen über der ugandischen
Hauptstadt Kampala nieder. Dann bahnen sich die Wassermassen ihren Weg die
vielen Hügel hinab. Ein Teil davon endet im Bach vor Kamaras Haus, der dann
in wenigen Minuten zu einem reißenden Strom anschwillt.
Immerhin, eine der Waschwannen hat sich in einem Gestrüpp am Ufer verfangen
und Kamara kann sie mithilfe des Stocks aus dem Wasser fischen. Der Regen
hat nachgelassen. Am Horizont reißen die tiefschwarzen Wolken über den
Häuserdächern wieder auf. Dunst steigt empor.
Ugandas Hauptstadt Kampala mit ihren rund vier Millionen Einwohnern
erstreckt sich über zahlreiche Hügel, die auch das soziale Gefüge
widerspiegeln: Die großen Villen der reichen Oberschicht stehen ganz oben,
wo die Aussicht schön ist und wo die Moskitos und damit die Malaria nicht
hinreichen, weil sich dort kaum Wasser staut.
## Papyrus wächst im Sumpf
Die armen Leute, wie Kamara, leben in selbstgebauten Backsteinhäusern in
den Tälern zwischen den Hügeln, wo sich schon seit Kolonialzeiten die
Armenviertel befinden. Durch diese Täler fließt meist ein Fluss in Richtung
Victoriasee. Entlang dieser Zuflüsse in den See erstrecken sich
Feuchtgebiete – gespeist von den Wassermassen, die in den Regenmonaten im
Herbst und im Frühjahr die Hügel hinunter donnern.
Auch hinter Kamaras Haus gab es einst einen Sumpf. Noch immer sieht man
vereinzelt Papyrus dort wachsen. Doch eine Freikirche hat auf einer Fläche
so groß wie ein Fußballfeld Erde aufgeschüttet, ein Gebetshaus errichtet
und mit Pflastersteinen einen großen Parkplatz angelegt. Das Wasser, das
von diesem Feuchtgebiet einst aufgenommen werden konnte, muss sich jetzt
als Fluss den Weg in den Victoriasee suchen – direkt an Kamaras Haus
vorbei: „An manchen Tagen habe ich Angst, dass mein Haus weggeschwemmt
wird“, sagt Kamara und blickt auf die braune Brühe. Ein fauliger Gestank
steigt daraus empor, Plastiktüten, Plastikflaschen, Bananenschalen und
kaputte Autoreifen sind im Wasser zu sehen. Fliegen und Moskitos summen
umher.
Die mangelnde Müllentsorgung ist schon immer ein Problem gewesen in
Kampala. [1][Doch seitdem im August die gewaltige Müllhalde am Stadtrand
abgesackt ist und wie eine Lawine aus Unrat Dutzende Häuser und deren
Bewohner unter sich begrub], ist das Müllproblem noch größer geworden. Die
Müllhalde ist nun offiziell geschlossen, die Müllfirmen müssen den Abfall
auf alternativen Müllkippen in weiter entfernten Gegenden abladen.
Doch dies bedeutet längere Anfahrtswege und damit wird automatisch weniger
Abfall eingesammelt. Ein Großteil bleibt jetzt irgendwo liegen, gelangt in
die offenen Abwasserkanäle entlang der Straßen und wird beim nächsten
Starkregen von den Wassermassen die Hügel hinabgespült.
Vieles davon landet dann im Bach, der an Kamaras Haus vorbeiführt. „Der
ganze Unrat macht das Problem noch schlimmer“, sagt er zerknirscht, während
er seine Gummistiefel abstreift, mit denen er durch das Wasser gewatet ist.
„Der Müll blockiert den Abfluss und staut das Wasser zusätzlich“, sagt er
und gibt zu: „Ich habe Angst, dass wir beim nächsten Regen alle obdachlos
werden.“ Er blickt auf seinen zweijährigen Sohn, der im schmutzigen
Schlafanzug durch die Haustür nach draußen guckt. „Aber als Taxifahrer
verdiene ich nicht genug, um woanders hinzuziehen.“
Kamaras Sorge ist berechtigt. Im vergangenen November waren die Regenfälle
in Ostafrika so stark, dass ein Teil von Kampalas Innenstadt hüfthoch unter
Wasser stand. Ugandas Hauptstadt ist da kein Einzelfall, denn die meisten
Metropolen Afrikas wurden von den Kolonialherren einst an Küsten, Seeufern
oder Flüssen errichten, damit sie über Wasserwege gut zugänglich sind.
Im Zuge des Klimawandels sind diese Städte nun besonders anfällig für
Überschwemmungen geworden. Im Januar dieses Jahres schüttete es in
Kinshasa, der Hauptstadt der [2][benachbarten Demokratischen Republik
Kongo], so heftig, dass der [3][gewaltige Kongo-Fluss über die Ufer trat
und unzählige Häuser mit sich riss]. Rund eine halbe Million Menschen
wurden obdachlos. [4][Im April und Mai dieses Jahres, also zur Regenzeit im
Frühjahr, kam es zur Flutkatastrophe im östlichen Nachbarland Kenia.] Knapp
300 Menschen starben dort in der Hauptstadt Nairobi, als tagelange
Regenschauer die zahlreichen Armenviertel überfluteten. Rund 300.000
Menschen verloren ihre Häuser.
Verursacht werden diese extremen Regenfälle in Ostafrika von zwei
Phänomenen in den Ozeanen, die regelmäßig alle vier oder fünf Jahre
auftreten. Bekannt ist zum einen das Phänomen El Niño, das die
Wassertemperatur in den Meeren ansteigen lässt. Dies führt dann weltweit zu
extremen Wetterereignissen: etwa zu ungewöhnlich warmen Wintermonaten im
Norden und zu kälteren Temperaturen im Süden.
Verstärkt wird dies an der Ostküste Afrikas durch einen Temperaturanstieg
im Indischen Ozean, den sogenannte Indischer-Ozean-Dipol. Dabei ist die
Meerestemperatur in Küstennähe erhöht, während sie im östlichen Indischen
Ozean unter dem Durchschnitt liegt. Dies sorgt für enormen Niederschlag im
Osten Afrikas, der, durch den ohnehin bereits stattfindenden Klimawandel
verstärkt, immer extremer wird. Die internationale Wetterorganisation WMO
hat jüngst angekündigt, dass extreme Regenfälle auch in der jetzt
einsetzenden Regenzeit wieder auftreten können.
## Dem Ministerium für Katastrophenschutz fehlt das Geld
Die Katastrophen sind also vorhersehbar. Doch um angemessene Maßnahmen zur
Prävention einzuleiten, fehlt dem in Uganda zuständigen Ministerium für
Katastrophenschutz das Geld. Katastrophenschutzminister Musa Ecweru hatte
im vergangenen November, als Kampala unter Wasser stand, erklärt, dass er
in seinem Budget Gelder für die Flutopfer bereitstellen werde.
Doch Entschädigungen wurden nie ausbezahlt. Stattdessen wurde in China ein
digitales Warnsystem eingekauft, das bei vorhersagbarem Starkregen Alarm
gibt. Doch den Menschen in den Armenvierteln wie David Kamara hilft das
langfristig wenig. „Wo sollen wir denn hin, wenn wir Alarmmeldungen im
Radio hören?“, fragt der Familienvater.
Das Problem der Überschwemmungen ist für viele afrikanische Städte nicht
neu. Doch es wird größer, da die Bevölkerung in Afrikas urbanen Zentren
rasant zunimmt. „Höheres Bevölkerungswachstum hat automatisch eine größere
Flächenversiegelung zur Folge“, erklärt Georg Petersen von der deutschen
Beratungsfirma Hydroc mit Sitz in Flensburg, die Entwicklungs- und
Schwellenländer im Bereich Wasserressourcenmanagement und Klimawandel
berät. Im Auftrag der UN-Agentur HABITAT erstellte er bereits vor über zehn
Jahren eine Studie, wie die zunehmende Überflutung Kampalas reduziert
werden könnte.
Das Problem sei damals schon dasselbe gewesen wie heute, so Petersen.
Kampalas Topografie sei eigentlich so angelegt, dass die Wassermassen
automatisch nach unten abfließen und sich dann in den Tälern zwischen den
Hügeln in den Feuchtgebieten sammeln: „Diese Sümpfe funktionieren wie
Schwämme, die das Wasser aufnehmen und dann langsam weiter in den
Victoriasee abgeben“, so Petersen.
Doch die zunehmende Bebauung an den Hängen führt dazu, dass immer weniger
Wasser vom Boden aufgenommen werden kann und immer mehr Wasser
oberflächlich abfließen muss. Das Problem mit den Überschwemmungen sei also
„hausgemacht“, so Petersen, denn auch die Sümpfe werden nun zunehmend
versiegelt und könnten damit immer weniger Wasser aufnehmen: „Inzwischen
haben wir dort Stadtteile, meist inoffizielle Siedlungen, die dann komplett
überflutet werden, weil die eben in der Art und Weise gebaut sind, die man
offiziell nicht zulassen sollte.“ Die klare Empfehlung von damals, so
Petersen: „Das Kernproblem ist vor allem die fehlende Planung und Kontrolle
über das Städtewachstum.“
Um nun diese Sümpfe wieder herzustellen, hat Ugandas Regierung auf Geheiß
von Präsident Yoweri Museveni im September vergangenen Jahres eine
Direktive herausgegeben. Darin wird angekündigt, dass alle bestehenden
Feuchtgebiete restauriert werden sollen, um zukünftige Überschwemmungen zu
reduzieren. Im Vorfeld hat die zuständige Umweltbehörde NEMA alle rund
8.000 Sumpf- und Feuchtgebiete des Landes vermessen, auf Landkarten
eingezeichnet und erklärt, dass sie nach internationalen Umweltstandards zu
schützen seien. Sprich: Dort darf nicht gebaut und gesiedelt werden; Müll
oder Abwasser dürfen die Gebiete nicht verunreinigen.
Die Überschwemmungen im Nachbarland Kenia im Mai seien ein „Weckruf“,
erklärt NEMA, dass nun „dringend gehandelt werden müsse, um weitere Fluten
zu verhindern“. Ugandas Präsident Museveni hat am Internationalen Tag der
Feuchtgebiete Anfang Februar dieses Jahres alle Behörden landesweit
beauftragt, diese Richtlinien zügig umzusetzen.
Seitdem geht die Umweltbehörde rigoros gegen all diejenigen vor, die in den
ausgewiesenen Feuchtgebieten leben.
Ruth Namuddu schält die noch heißen Kartoffeln, die sie auf einer
Feuerstelle gekocht hat. Die 72-jährige Frau mit den vielen Runzeln im
Gesicht sitzt auf einem alten, kaputten Plastikstuhl neben der Feuerstelle:
Vor ihr auf dem matschigen Boden stehen zwei rußverschmierte Töpfe und ein
Wasserkanister. „Das ist alles, was mir von meinem Haushalt noch geblieben
ist“, sagt die Alte mit zittriger Stimme und zeigt auf die Überreste einer
Mauer und den Haufen Backsteine neben ihr. „Das war einmal mein Zuhause“,
wispert sie und ihre Augen füllen sich mit Tränen.
Nur wenige Meter jenseits der Feuerstelle, wo Namuddu ihre Kartoffeln
kocht, erstreckt sich das Lubigi-Feuchtgebiet, Papyrus- und Bambusstauden
wachsen hier. Vögel zwitschern, Schmetterlinge fliegen umher. Von weitem
sieht man auf einer künstlichen Erhöhung die vierspurige Schnellstraße, die
wie ein Ring um Kampala herumführt. Dort, wo die Umgehungsstraße durch die
Sümpfe führt, wurde tonnenweise Erde wie ein Wall aufgeschüttet, um der
Fahrbahn einen festen, erhöhten Untergrund zu geben und sie vor
Überschwemmungen zu schützen.
Bis vor knapp zehn Jahren war diese Gegend hier im Norden Kampalas
Stadtrandrandgebiet. Doch in den vergangenen zehn Jahren hat sich die
Bevölkerung der Hauptstadt weit mehr als verdoppelt. Uganda hat eine der
höchsten Geburtenraten weltweit. Die zahlreichen Armenviertel dringen immer
weiter ins Umland vor.
„Als ich noch ein Kind war, lebten wir hier auf dem platten Land“, nickt
die alte Frau und kramt aus einer Plastiktüte unter dem Tisch einen Stapel
Unterlagen hervor: Grundbuchauszüge über das Land, das seit Kolonialzeiten
im Besitz ihrer Familie ist und das sie 1993 von ihrem Großvater vererbt
bekommen hat; ein Auszug des königlichen Katasteramtes, wo sie 2009 ihr
Grundstück mit der Registriernummer 209 eintragen hat lassen; eine
Baugenehmigung von 2010: „Wie kann es denn sein, dass die Regierung von
heute auf morgen unser Wohnviertel zum Naturschutzgebiet erklärt?“, fragt
sie und zeigt auf Quittungen über die von ihr bezahlte Grundstückssteuer
sowie Stromrechnungen: „Sie haben uns Stromleitungen hierher gelegt,
Steuern erhoben – und jetzt sagen sie, das sei alles illegal.“
Mehr als 200 Häuser wie jenes von Namuddu hat die Umweltbehörde NEMA im
Juni an nur einem einzigen Tag abreißen lassen. Über 1.000 Menschen,
darunter zahlreiche Kinder, wurden von heute auf morgen obdachlos. Selbst
die Grundschule in der Gegend wurde abgerissen. NEMA-Chef Barirega
Akankwasah erklärte im Fernsehen die Maßnahme so: „Teile des Feuchtgebietes
wurden illegal besiedelt und mit Fundament aufgeschüttet, um Gebäude zu
errichten“, sagte er. Die Lubigi-Sümpfe seien das wichtigste Auffangbecken
für Regen- und Abwasser aus den nördlichen Stadtvierteln, heißt es in einer
NEMA-Erklärung von 2022.
In diesem Papier wurde auch bereits eine mögliche Zwangsräumung ankündigt,
wenn die rund 1.000 Bewohner in Lubigi ihre Häuser nicht freiwillig räumen.
Dabei wird betont: „Das Feuchtgebiet ist außerdem ein einzigartiges
Ökosystem, das über 200 Pflanzen-, Insekten- und Vogelarten beherbergt,
darunter auch das nationale Wappentier: den Haubenkranich.“
Von einer möglichen Zwangsräumung hat sie bislang nichts gehört, beteuert
Namaddu. Sie habe auch keinen Brief von NEMA erhalten mit dem Hinweis, dass
ihr Haus abgerissen werden müsse.
Sie zeigt ein Foto, das zwischen den Dokumenten abgeheftet ist. Darauf zu
sehen ist ein nettes kleines Häuschen mit Topfpflanzen im Hof. Daneben ein
Anbau mit sieben einzelnen Zimmern, von deren Miete sie sich ihre Rente
finanzierte. „Ich habe vor zehn Jahren von der Bank einen Kredit bekommen,
um mein Haus zu erweitern und Zimmer zu vermieten“, berichtet sie.
„Ich hatte damit ein gutes Auskommen und konnte der Bank den Kredit in
wöchentlichen Raten zurückzahlen.“ Doch dann kam am 11. Juni die
Umweltbehörde mit der Polizei und den Bulldozern und „hat mein ganzes Leben
in nur wenigen Minuten plattgewalzt“.
Seitdem lebt Namuddu in einem selbstgebauten Zelt aus Bambusstöcken und
Planen. Darin liegt eine modrige, feuchte Matratze. Davor stehen alte,
kaputte Sofas und Sessel – Möbel, die sie aus dem Schutt bergen konnte.
Rund herum reihen sich weitere Zelte. Frauen sitzen mit ihrem Kindern auf
Matten im Dreck und Geröll. Jugendliche spielen zwischen den Mauerresten
Fußball. Mehrere Hundert Menschen leben nun wie Namuddu in selbst gebauten
Unterschlüpfen, die bei Regen durchnässen. „Wir wissen alle nicht, wohin“,
klagt die alte Frau. „Jetzt hausen wir hier wie Flüchtlinge im eigenen
Land.“
Die radikale Vertreibung der Menschen aus den Lubigi-Sümpfen im Juni hat in
Ugandas Politik für Wirbel gesorgt. Der Bürgermeister von Kampala, Erias
Lukwago, der der Opposition angehört, kam wenige Tage nach der
Zwangsräumung nach Lubigi, um sich ein Bild zu machen. Anschließend fuhr er
– gefolgt von Hunderten von Betroffenen aus Lubigi – zur NEMA-Zentrale in
der Innenstadt, um dessen Direktor zu konfrontieren.
Auf dem Fußgängerweg vor dem dreistöckigen, braunen Bürogebäude entlang der
staugeplagten Hauptstraße kam es zwischen Bürgermeister Lukwago und
NEMA-Chef Barirega zum Wortgefecht. Hunderte Menschen versammelten sich,
guckten neugierig. Letztlich lenkte Barirega ein, versprach den
Betroffenen, dass er ihre Beschwerden entgegennehmen werde.
Am Tag darauf wurde er ins Parlament einbestellt. Auch dort wurde von der
Opposition die Frage aufgeworfen, ob die gewaltsame Vertreibung aus Lubigi
rechtmäßig sei. In der Debatte kam die Forderung nach Entschädigung auf.
Doch NEMA-Chef Barirega stellte sofort klar, es werde keine
Entschädigungszahlungen geben: „Wenn die Umwelt zerstört wird, leiden wir
alle“, sagt er. „Deswegen dient die Wiederherstellung dem Wohl des ganzen
Landes.“
Dann drohte er allen, die die Lubigi-Sümpfe nicht freiwillig räumen, mit
einer Geldstrafe von umgerechnet knapp 150.000 Euro und zwölf Jahren Haft.
„Unserer Ansicht nach und gemäß dem Gesetz sollten die Personen, die
illegal in die Sümpfe eingedrungen sind, der Regierung die Kosten für die
Wiederherstellung zahlen“, donnerte er.
Seit dieser Androhung hat Namuddu Angst. Bereits drei Mal seien die
NEMA-Vertreter in den vergangenen Wochen mit Polizisten wiedergekommen, um
alle zu verhaften, die nach wie vor in Zelten ausharren. Die alte Frau
zeigt ein Polizeiformular. Darin wird bestätigt, dass sie auf Kaution
freigelassen wurde. Sie ist aber verpflichtet, alle zwei Wochen in der
örtlichen Polizeidienststelle vorstellig zu werden.
Sie schüttelt fassungslos den Kopf: „Mein Vater hat einst im
Befreiungskampf von den Kolonialherren sein Leben gelassen – jetzt werde
ich behandelt wie eine Kriminelle.“ Fast täglich erhalte sie nun entrüstete
Anrufe von ihrer Bank, weil sie mit der Kreditrückzahlung im Verzug sei.
„Ich esse täglich nur eine Handvoll Kartoffeln, weil ich mir nicht mehr
leisten kann“, klagt die alte Frau.
Dass die Feuchtgebiete und damit die Umwelt geschützt werden müssen, das
befürwortet Namuddu. „Doch NEMA muss die Regeln einhalten und uns
entschädigen“, sagt sie. Deswegen will sie ihr Grundstück in Lubigi, wo sie
einst aufgewachsen ist, nicht freiwillig räumen und sagt entschlossen: „Wir
haben wohl keine andere Wahl, als vor Gericht zu ziehen.“
27 Sep 2024
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Simone Schlindwein
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