| # taz.de -- Müllprobleme in Uganda: Politisches Totalversagen | |
| > Im August rutschte in Kampala eine über tausend Meter hohe Müllhalde ab | |
| > und begrub Häuser und Menschen unter sich. Seitdem versinkt die Stadt im | |
| > Abfall. | |
| Bild: „Kiteezi-Berg“ nennen die Hauptstadtbewohner die gewaltige Müllhalde… | |
| Ein voll beladenes Müllauto hält am Straßenrand. Junge Männer wuchten prall | |
| gefüllte Säcke von der Ladefläche hinunter und türmen sie am Straßenrand | |
| auf. Eine Frau, die wenige Meter weiter einen Gemüsestand betreibt, blökt: | |
| „Könnt ihr den Müll nicht woanders hinwerfen?“ Doch die Männer lachen nur | |
| und schwingen sich wieder auf das Müllauto. Dann fährt es davon. | |
| Solche Szenen ereignen sich dieser Tage überall in Ugandas Hauptstadt | |
| Kampala. An fast jeder Straßenecke türmen sich die Abfallberge. Öffentliche | |
| Mülltonen sind überfüllt, die offenen Abwasserrinnen entlang der Straßen | |
| sind voller Unrat. In den Straßen hängt fauliger Gestank. Fliegen summen | |
| umher. In vielen Haushalten, Restaurants und Hotels hat man begonnen, den | |
| nicht abgeholten Müll im Hinterhof zu verbrennen. Eine Smogglocke hängt | |
| über der 4-Millionen-Einwohner-Stadt. | |
| „Kiteezi-Berg“ nennen die Hauptstadtbewohner die gewaltige Müllhalde am | |
| nördlichen Stadtrand. Dort türmen sich Abfälle, die dort seit Jahrzehnten | |
| unkontrolliert angehäuft werden, bis zu einer Höhe von knapp 1.200 Meter. | |
| Doch jetzt wird dieser Müllberg zum Fluch. Denn [1][seitdem die Müllhalde | |
| im August abgesackt ist], lawinenartig Dutzende Häuser verschüttete und | |
| fast 40 Menschen starben, erstickt Kampala an seinem Abfall. Die Müllhalde | |
| ist seitdem offiziell geschlossen. Müllfahrzeuge müssen jetzt weit | |
| entfernte Deponien anfahren. Das ist mit längeren Fahrtzeiten verbunden, | |
| und so wird weniger Müll abtransportiert. Einige Müllfirmen lagern den | |
| Unrat an Straßenrändern zwischen – um ihn dann nachts abzuholen. | |
| ## Wut auf Social Media | |
| Die Ugander leben ihren Frust darüber online aus. In den sozialen Medien | |
| posten sie unter dem Stichwort #KampalaGarbageExhibition | |
| (Kampala-Müllausstellung) Fotos von Müllbergen in ihrer Stadt. | |
| „Sie haben diesen Müll hier um ein Uhr nachts abgeladen“, so Samwise Gamgee | |
| auf X, darunter ein Foto eines Müllbergs in einer Wohnsiedlung. Besonders | |
| schlimm ist die Situation in der Innenstadt rund um den Nakasero-Markt, wo | |
| Bauern Obst und Gemüse feilbieten. Dort häufen sich die Abfallberge so | |
| hoch, dass Fahrzeuge nicht mehr durchkommen. | |
| „Der Zustand des Mülls in der Stadt sollte jedem Stadtbewohner Sorgen | |
| bereiten“, schreibt Jeje Odea auf X. Daneben posted er Berge von | |
| Bananenschalen und brauner Brühe in einem Abwasserkanal. „Sollten wir auf | |
| einen Seuchenausbruch warten, um das Gesundheitsrisiko zu erkennen?“, fragt | |
| er. | |
| ## Kritik an Behörden wächst | |
| Doch was als Aufschrei begann, hat mittlerweile zu einer Debatte über das | |
| dysfunktionale politische System geführt. Denn Regierung und Behörden | |
| versuchen, [2][die tödliche Katastrophe auf der Müllhalde im August] als | |
| Unfall darzustellen. Präsident Yoweri Museveni beschuldigte sogar die | |
| Anwohner, ihre Häuser unerlaubt zu nah an der Deponie gebaut zu haben. | |
| Dabei wird klar: Das Müllproblem ist vor allem hausgemacht. Ein interner | |
| Untersuchungsbericht besagt, dass die Halde seit 2014 nicht mehr von der | |
| Umweltbehörde Nema lizenziert wurde. Seit zehn Jahren laden dort Müllfirmen | |
| täglich rund 2.000 Tonnen Unrat illegal ab. | |
| Während andere Länder Afrikas auf Recycling und Kreislaufwirtschaft setzen, | |
| Bioabfälle zu Biogas zu transferieren, und damit langfristig sogar Geld zu | |
| machen, [3][hat Uganda diesen Trend verschlafen]. Dieser Tage rechnet ein | |
| Umweltprofessor der Universität in Kampala vor, dass das Land jährlich über | |
| 1 Milliarde Dollar verliert, weil der Müll nicht wiederverwertet wird. | |
| Am Dienstag nun trafen sich Kampalas Stadträte, um den Untersuchungsbericht | |
| zu besprechen und Lösungen zu finden. Doch die Debatte endete in einer | |
| Schlägerei. | |
| „[4][Jetzt können uns nur noch die Marabus helfen]“, schrieb Moi Iprotich | |
| auf X und postet Bilder der hässlichen grauen Störche, die auf Kampalas | |
| Müllhalden nach Futter suchen. Um der Müllberge Herr zu werden, „müssen wir | |
| eben mehr Marabus züchten“, so sein Fazit. | |
| 21 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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