Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ertrinken in Uganda: Wenn Kinder im Abwasserkanal sterben
> In Uganda sterben täglich neun Menschen im Wasser. Doch anstatt sich um
> die Infrastruktur zu kümmern, verordnet die Regierung der Bevölkerung
> Schwimmkurse.
Bild: Tropenregen führt innerhalb von Minuten zu Überschwemmungen in ugandas …
Die fünfjährige Regina Nakawuki spielte am vergangenen Montag auf der
überdachten Veranda ihres Hauses, als es plötzlich heftig zu regnen begann.
Es ist Regenzeit in Uganda und der starke Tropenregen kann in nur wenigen
Minuten quasi alles unter Wasser setzen. Ihre Mutter hastete in den Hof, um
eine Wanne unter der Regenrinne aufzustellen. Mit dem gesammelten
Regenwasser wasche sie oft die Kleider ihrer Kinder, erzählte sie später
lokalen Reportern.
In jenem Moment rutschte die kleine Regina jedoch aus und fiel in den
offenen Abwasserkanal, der direkt am Haus vorbeiführt. Sie wurde sofort von
den Fluten mitgerissen. Die Polizeikräfte fanden sie erst sehr viel später:
tot, in einer nahe gelegenen Flussmündung.
## Mehr Tote als durch Hunger oder Malaria
Täglich sterben in Uganda im Durchschnitt neun Menschen durch Fluten –
darunter mindestens drei Kinder unter zehn Jahren, so die jüngste Statistik
der Regierung. Jährlich gibt es rund 3.000 Todesfälle dieser Art. Der Wert
liegt über 60-mal höher als der afrikaweite Durchschnitt. Das Risiko,
durch Ertrinken zu sterben, ist bei Kleinkindern in Uganda fast so hoch wie
bei Mangelernährung oder Malaria. [1][Im Jahr der Corona-Pandemie] 2020
starben mehr Menschen in Fluten als durch die Infektionskrankheit.
Angesichts des Klimawandels und dadurch zunehmenden Starkregens rief die
Weltgesundheitsbehörde WHO anlässlich des sogenannten [2][Globalen Tags des
Ertrinkens am 25. Juli] die Regierungen weltweit auf, mehr
Präventionsprogramme aufzulegen. Dem Parlament in Uganda wurde jüngst ein
solcher Plan vorgelegt. Doch wie immer fehlt das Geld, um ihn auch
umzusetzen.
Ugandas Regierung weist die Verantwortung weit von sich. Sie erklärt die
enormen Todesraten mit der Tatsache, dass rund 20 Prozent der territorialen
Flächen aus Seen und Flüssen bestünden und Bootsbetreiber zum Teil bei
heftigen Unwettern auf den See hinausführen, um zu fischen oder Menschen
auf die zahlreichen Inseln zu transportieren. Dies geschehe meist ohne
Schwimmwesten. Doch so einfach ist es nicht.
## Problem: Abwasser
Denn die Todesraten bei Kindern sind laut einer jüngsten Studie der
staatlichen Makerere-Universität in den Städten zum Teil höher als auf dem
Land. Denn es gibt kaum Abwasserrinnen – und wenn doch, sind sie offen,
auch ohne Gullydeckel. Die Abflüsse sind durch Müll und Unrat so verstopft,
dass sich die Wassermassen aufstauen und zu gefährlichen Sturzbächen
werden.
Nun ruft die Regierung die Bevölkerung in den Städten auf,
Schwimmunterricht zu nehmen. „Die Bewohner müssen schwimmen lernen“, so
Charles Luzige vom Transportministerium. „Dies kann Leben retten, wenn alle
anderen Maßnahmen scheitern. Die Leute müssen die Wetterberichte wahr- und
Eigenverantwortung übernehmen.“
## Landesweiter Schwimmunterricht – ohne Becken und Geld
Laut Luzige soll auch Schwimmunterricht landesweit in den Schulen
eingeführt werden. Doch wer soll das bezahlen? Die wenigsten Schulen haben
genügend Klassenzimmer oder Unterrichtsmaterialien – geschweige denn ein
Schwimmbecken. Der Eintritt für öffentliche Bäder ist meist höher als das,
was eine Durchschnittsfamilie täglich zum Leben hat.
Durch Ugandas Medien ging ein Aufschrei. „Die Infrastruktur in den Städten
muss verbessert werden“, so Stephen Oupal vom Justice and Development
Council (JDC) in Uganda, eine NGO, die die Ursachen für Armut und
Unterentwicklung zu bekämpfen versucht, in der Tageszeitung Daily Monitor.
„Die Überschwemmungen in den Städten verursachen Tote, die durch ein
besseres Abwassersystem verhindert werden können.“
Dass die Regierung jüngst einen nationalen Präventionsplan vorgelegt habe,
der auch den Einsatz von Rettungsbooten auf Seen vorsehe, sei ein guter
Schritt, so Kenneth Lukwago, Journalist und Aktivist, auf Facebook. Doch
die vorgeschlagenen Schritte benötigen „proaktive Maßnahmen, die
verlässlich finanziert werden“, so Lukwago. Denn: „All diese Toten sind
vermeidbar“.
2 Aug 2025
## LINKS
[1] /Corona-Verordnungen-in-Uganda/!5674556
[2] https://www.nationalwatersafety.org.uk/campaigns/world-drowning-prevention-…
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Kolumne Stadtgespräch
Uganda
Schwimmunterricht
Abwasser
Gewässer
Uganda
Kolumne Stadtgespräch
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Klimawandel in Uganda: Nach den Fluten kam die Polizei
Ugandas Hauptstadt Kampala leidet unter Hochwasser, Grund ist auch
unkontrollierte Bebauung. Die Regierung geht dagegen vor – in
Armenvierteln.
Müllprobleme in Uganda: Politisches Totalversagen
Im August rutschte in Kampala eine über tausend Meter hohe Müllhalde ab und
begrub Häuser und Menschen unter sich. Seitdem versinkt die Stadt im
Abfall.
Feuerwehr in Uganda: Zu spät und ohne Wasser im Tank?
Ugandas Feuerwehr hat einen schlechten Ruf. Bei Einsätzen kämpft sie mit
defekten Hydranten. Nun sollen deutsche Löschfahrzeuge Abhilfe schaffen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.