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# taz.de -- Bildungspolitik in Berlin: Volle Schule
> Belastungen an den Schulen nehmen laut GEW wegen großer Klassen weiter
> zu. Die Gewerkschaft fordert eine Perspektive für
> Seiteneinsteiger*innen.
Bild: Zum Glück sind hier nur die Schultüten im Ausverkauf – und nicht das …
BERLIN taz | Das Schuljahr startet, und an Berlins Schulen fehlen rund
27.000 Schulplätze. Konkret bedeutet das: [1][Mehr Schüler*innen lernen
zusammen in den Klassen]. Das erhöhe noch mal die Belastung für alle,
Schüler*innen und Lehrer*innen, kritisiert die Gewerkschaft für
Erziehung und Bildung (GEW) in einem Gespräch zum Schulauftakt am
Donnerstag. „Es verschlechtert [2][massiv die Qualität des Unterrichts].“
Und gleichzeitig sind weiterhin viele Lehrer*innenstellen nicht
besetzt. „Konkret bedeutet das oft: Unterricht fällt aus“, sagt sagt
Klaudia Kachelrieß, schulpolitische Referentin bei der GEW, die
Lehrer*innen und Schulen berät. Die GEW fordert seit Jahren eine
Entlastung, vor allem über kleinere Klassen.
Kachelrieß erzählt, dass sie vermehrt Anfragen erreichen von Lehrer*innen,
die wissen wollen, wie sie juristisch abgesichert seien, wenn sie zwei
Klassen gleichzeitig betreuen müssten. Also wenn sie praktisch von einer
Klasse zur anderen pendeln – und Schüler*innen dabei immer wieder allein
lassen müssen. „Solche Fragen hatten wir vor drei Jahren noch nicht. Das
zeigt uns auch, wie sich die Bedingungen an den Schulen noch mal
verschlimmert haben“, sagt sie.
Auch Anfragen von Lehrer*innen, die kündigen und den Beruf wechseln
wollen, würden sie vermehrt erreichen, sagt Kachelrieß. „Die, die bei mir
landen, das sind Lehrer*innen, die die Belastungen an den Schulen nicht
mehr aushalten.“ Darunter seien durchaus auch voll ausgebildete
Lehrer*innen. „Die Kürzungen bei den Profilstunden vor den Sommerferien –
das war für einige auch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Da
bricht oft genau das weg, was besonders war und Freude gemacht hat, etwa
ein bilinguales Profil, oder eine spezielle Förderung“, sagt sie.
Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hatte im Mai angekündigt,
dass die [3][Stunden aus diesem Bereich] ganz wegfallen sollen – [4][die
Opposition warf ihr Schönrechnerei vor]. „Das sind Stunden, die jetzt zur
Förderung fehlen“, kritisiert die GEW.
## Kritik an Arbeitsbedingungen
Sorge machen der GEW auch die [5][Arbeitsbedingungen für Lehrer*innen] –
die sich aus Sicht der Gewerkschaft weiter verschlechtern –, denn viele
seien prekär beschäftigt. Unter den rund 4.760 neu eingestellten
Lehrer*innen seien 3.300 „sonstige Lehrkräfte“, also
Seiteneinsteiger*innen und Lehrer*innen ohne volle Lehrbefähigung,
darunter etwa 550 Student*innen.
Sie sind nur befristet eingestellt – und es sei eine sehr heterogene Gruppe
mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Denn der [6][Anteil an
Quereinsteiger*innen], also potenziellen Lehrer*innen mit zwei
Schulfächern, die sich neben dem Beruf zu vollwertigen Lehrer*innen
weiterbilden, scheint langsam ausgeschöpft, die
Seiteneinsteiger*innen würden mehr.
Im Rahmen einer g[7][roß angelegten Studie zur Arbeitsbelastung von
Lehrer*innen] in Berlin von der Universität Göttingen haben die
Studienleiter*innen auch diese Gruppe befragt. Die
Seiteneinsteiger*innen würden etwa kaum anders eingesetzt als voll
ausgebildete Lehrer*innen, obwohl sie anfangs kaum pädagogische Erfahrung
hätten, erklärt Frank Mußmann von der Uni Göttingen. Viele beklagten, dass
sie nicht eingearbeitet worden seien – und dass kaum Rücksicht genommen
würde auf ihre Wünsche, sich fortzubilden.
## Berlin könnte vorpreschen
Hervorzuheben sei, dass eine Mehrheit trotz allem eine positive Bilanz
ziehe. „Es wäre erstrebenswert, ihnen systematische
Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten, damit sie die volle Lehrbefähigung
erreichen. Außerdem sollte die Verwaltung sie gut einarbeiten, ihnen mehr
Unterstützung zukommen zu lassen, etwa über Mentor*innen, und sie auch von
der Bezahlung her gleichstellen“, sagt Mußmann.
„Berlin könnte hier vorpreschen und selbst schon Lehrer*innen mit nur
einem Fach einführen“, fordert GEW-Referentin Anne Albers. Das böte
insbesondere auch Menschen mit Abschlüssen aus dem Ausland eine
Perspektive. Die Senatorin, die [8][bereits entsprechende Maßnahmen
angekündigt] hatte, solle endlich Eckpunkte dafür vorlegen.
Denn der Bedarf an Seiteneinsteiger*innen werde nicht abnehmen, es
sei wichtig, engagierte Lehrer*innen langfristig an den Schulen zu
halten. Auch die Entlohnung müsse gleichwertig sein. „Die
Bildungsverwaltung sollte Wege in den Schuldienst verbreitern, damit die
Lehrer*innen individuell und passgenau unterstützt werden“, fordert sie.
Derzeit noch sei der Seiteneinstieg eher „eine Sackgasse“.
5 Sep 2024
## LINKS
[1] /Bildungspolitik-in-Berlin/!6029905
[2] /Leistungen-Berliner-Drittklaessler/!6024013
[3] /Plaene-der-Berliner-Bildungsverwaltung/!6012819
[4] /Schulstart-in-Berlin/!6033404
[5] /Lehrerinnenmangel-in-Berlin/!5993481
[6] /Lehrerinnenmangel-in-Berlin/!5961221
[7] /Arbeitsbelastung-von-Lehrerinnen/!5951148
[8] /Bildungspolitik-in-Berlin/!6029905
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
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