Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ehrenämter an Schulen: Schluss mit der Drückebergerei!
> Neues Schuljahr, neue Elternvertreter:innen. Unser Autor findet deren
> Wahl den unangenehmsten Moment des ganzen Schuljahres – weil sich so
> viele drücken.
Bild: Hier gleich beim Elternabend wegducken, wenn die Elternvertreter gewählt…
Eine Warnung vorweg: Dieser Text kann Spuren von staatsbürgerlich
motiviertem Pflichtbewusstsein und Gutmenschentum enthalten und insofern
ein bisschen langweilig sein. Aber was gesagt werden muss, muss gesagt
werden, und jetzt ist genau die richtige Zeit dafür.
Die Sommerferien sind nämlich vorbei, ein neues Schuljahr hat begonnen, und
so finden wieder Elternabende statt, bei denen allerlei besprochen wird.
Welche Klassenarbeiten wann? Wohin auf Klassenfahrt? Entfernen Lehrer
Zecken oder nicht? Vorher aber [1][steht die Wahl der Elternvertreter an].
Ja, ja, jetzt ducken sich [2][die ersten schon weg], kritzeln irgendwas in
ihre Unterlagen, kriegen einen Hustenanfall, rennen zum Klo. Der
unangenehmste Moment eines jeden Schuljahres, und wenn sie ihn hinter sich
gebracht haben, ohne ein Amt übernommen zu haben, stehen sie feixend herum
und freuen sich. Hihi, wieder geschafft und so lange cool geblieben, bis
andere Dummies sich zur Wahl gestellt haben, hoho. Die ganz Cleveren haben
sich als Protokollanten oder Wahlleiter gemeldet, weil sie dann nicht zur
Wahl stehen dürfen. Das ist immerhin eine etwas elegantere Art, sich an
etwas nicht zu beteiligen.
Da haben sie aber Glück, dass es auch Menschen wie mich gibt. Ich finde es
wichtig, dass Eltern am Schulgeschehen teilhaben, mir macht es sogar Spaß.
Die Verweigerer hingegen nerven mich immens. Mich nervt, dass sie die
Errungenschaft Elternbeteiligung an Schulen nicht wahrnehmen oder gar
verlachen. Mich nervt, dass die Eltern, die sich zur Wahl stellen – es sind
immer die gleichen und nie zu viele –, nicht selten als übertrieben
engagiert gelten („Ach, die wieder, war ja klar“).
Was ist denn so doof daran, dass Elternvertreter Transparenz gewährleisten
und somit Lehrkräfte nicht einfach irgendwas im Hinterzimmer machen können?
Ist es nicht wichtig, dass es in Konfliktfällen zwischen Eltern und Lehrern
gewählte Eltern gibt, die vermitteln und eine ungute Stimmung gegenüber den
Klassenlehrern aus einer institutionell verankerten Position heraus
kanalisieren können? Ist es nicht nett, wenn ein paar Eltern mitdenken, mit
anpacken, ansprechbar sind, auch für die, denen [3][das deutsche
Schulsystem] vielleicht nicht so vertraut ist?
Ich bin seit Jahren Elternvertreter – ich dränge mich nie auf, ich warte
immer, ob sich jemand meldet, aber das passiert nie, also melde ich mich –,
und ich habe schon öfter Situationen erlebt, in denen es gut war, dass es
Elternvertreter gibt und die Lehrer nicht alles allein und ohne Blick von
außen machen müssen.
Jaaa, sagen sie jetzt, die Wegducker, aber die Zeit! Auch das nervt mich,
weil es so viel Zeit nicht ist. Es ist sogar interessant, einen tieferen
Einblick in die Schule als Institution zu bekommen. Wie dort gearbeitet
wird, welchen Zwängen sie unterliegt. Nicht so schlecht, dann und wann
zarte Impulse geben zu können, was unter Umständen mal anders gemacht
werden könnte und dann wird es sogar anders gemacht. So funktioniert
Mitbestimmung.
## Angeblich keine Zeit
Nun noch etwas Eigenempirie: Die, die sich besonders engagiert wegducken,
sind oft die, die sich wegen jeder Kleinigkeit gerne an die Elternvertreter
wenden („Herr XY gibt immer so schwere Hausaufgaben auf, kannst du das mal
ansprechen?“). Warum übernehmen sie das Amt nicht selbst?
Die, die sich wegducken, weil sie angeblich keine Zeit haben, sind oft die,
die ihre Kinder überall hinbringen, und die monatelang im Internet nach dem
besten Kindersitz/Kinderrad/Dinkelkeks recherchieren, anstatt einfach
handelsübliche Sachen zu kaufen. Die Zeit, die sie dafür verschwenden,
könnten sie sich auch als Elternvertreter engagieren und würden damit
vielen Menschen helfen, anstatt – wenn überhaupt – nur dem eigenen Kind.
Bald ist bei uns der erste Elternabend, ich werde diesmal noch etwas länger
warten, ob sich jemand anderes meldet. Aber dann mach ich’s doch wieder.
Ich freue mich schon.
17 Sep 2024
## LINKS
[1] /Wahlen-zum-Elternvertreter/!6026489
[2] /Mit-Ironie-durch-die-Weltlage/!5959321
[3] /Ex-Lehrer-zum-Umgang-mit-der-Pisa-Studie/!5976170
## AUTOREN
Felix Zimmermann
## TAGS
Kolumne Starke Gefühle
wochentaz
Schule
Eltern
Ehrenamtliche Arbeit
Social-Auswahl
Bildungspolitik
soziale Ungleichheit
Schule
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bildungspolitik in Berlin: Volle Schule
Belastungen an den Schulen nehmen laut GEW wegen großer Klassen weiter zu.
Die Gewerkschaft fordert eine Perspektive für Seiteneinsteiger*innen.
Pädagogin über Schulen und Eltern: „Das Wichtigste ist Beziehungsarbeit“
An Brennpunktschulen ist Elternarbeit besonders wichtig, sagt die Leiterin
eines Familiengrundschulzentrums. Dort baut sie Vertrauen auf.
Schule im Brennpunkt: Mahmouds Startchancen
Die Ampel feiert den Durchbruch für mehr Bildungsgleichheit. Ein Lehrer
kennt die Probleme. Er schreibt, wie eine gute Schule aussähe:
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.