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# taz.de -- Kultusministerien verzweifeln an TikTok: Komplett lost
> Ein Aufruf zu einem „Tag der Vergewaltigung“ machte auf TikTok die Runde.
> Die Berliner Bildungssenatorin warnte Schulen. Gut, dass die EU mehr
> kann.
Bild: Tiktok hat eine große Sogwirkung durch Schnelligkeit, Emotionalität und…
Einer der sich wohl wirklich um die psychischen Auswirkungen von Tiktok
sorgt, der dem Suchtpotential, das der Social-Media-Plattform nachgesagt
wird, entgegenwirkt: [1][Olaf Scholz. Seine Tiktoks] sind trocken und
langweilig, egal ob er gerade seine Aktentasche zeigt oder in China eine
Schraube versenkt (wirklich!). Danke, Olaf! Die Plattform ist schon
problematisch genug ohne einen plötzlich charmanten Social-Media-Kanzler.
Das hat auch die EU-Kommission erkannt, also die Problematik für die
Psyche.
Am Montag hat sie bekanntgegeben, dass sie ein Verfahren gegen Tiktok
eingeleitet hat. Nicht wegen [2][möglicher Datenabflüsse Richtung
chinesische Regierung, die die USA gerade zu einem Ultimatum für Tiktok
veranlasst haben]. Sondern um zu klären, ob die App Tiktok Lite gegen
EU-Regeln verstößt, indem sie die psychische Gesundheit von Minderjährigen
gefährdet.
Das ergibt Sinn, denn in dieser App, die bisher innerhalb der EU nur in
Frankreich und Spanien auf dem Markt ist, bekommen User*innen, wenn sie
Aufgaben erfüllen, digitale Coins, die sie gegen Gutscheine für echte
Geschäfte eintauschen können. Dieser Mechanismus könnte junge Menschen noch
mehr an Tiktok binden.
Tiktoks Sogwirkung ist durch seine Schnelligkeit, Emotionalität und
ständige Verfügbarkeit groß genug auch ohne ein Coin-System. Seit Jahren
schon sprechen Eltern, Politiker*innen, Pädagog*innen immer wieder von
Social-Media-Sucht. In manchen Fällen sicherlich zu Recht. Diese Fälle
könnten jetzt womöglich steigen.
## Gereizt, ängstlich oder antriebslos
Der Jugend geht es nicht gut. Das zeigt die [3][repräsentative Studie
Jugend in Deutschland], die diese Woche veröffentlicht wurde. 2.000
Menschen zwischen 14 und 29 Jahre wurden dafür befragt. Mehr als die Hälfte
gab an, unter Stress zu stehen. Mehr als ein Drittel berichtet von
Erschöpfung und Antriebslosigkeit. 17 Prozent fühlen sich hilflos. Junge
Frauen mehr als junge Männer. Nahezu alle nutzen fleißig ihr Smartphone,
auch schon ohne den monetären Anreiz von Tiktok Lite.
Diejenigen, die ihr Handy mehr als vier Stunden pro Tag nutzen, geben
häufiger an, gereizt, ängstlich oder antriebslos zu sein. Das bedeutet
nicht automatisch, dass Social Media sie in diesen psychischen Zustand
versetzt. Vielleicht nutzen sie wegen ihres Zustands nur öfter das
Smartphone.
Ein momentan besonders problematisches Social-Media-Phänomen ist die
abscheuliche Lüge vom „International Rape Day“. [4][Seit mindestens 2021]
behaupten einzelne Personen immer wieder, am 24. April würden Männer Frauen
vergewaltigen dürfen. Tiktok ist aktiv geworden, hat den Suchbegriff
„National Rape Day“ geblockt. Als Ergebnis kommt eine Weiterleitung zu
Hilfsangeboten. Aber man kann ja auch „Rap“ statt „Rape“ schreiben. Oder
einfach nur „April24“ suchen. Menschen umgehen technologische Hürden. Es
braucht also etwas anderes.
Deswegen sind Schulen und Kultusministerien verzweifelt. Am Dienstag warnte
die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) in einem
Brief an die Schulen vor Falschinformationen. Einige Schulleitungen
schrieben wiederum den Eltern.
## Mehr psychologische Betreuung und Medienbildung
Die Schulleitung einer weiterführenden Schule in Berlin bat die Eltern
sogar, auf ihre „Töchter zu achten“. Nachrichten dieser Art gibt es auch
von vielen anderen Schulen. Das Bildungssystem ist überfordert von
Desinformation, sexualisierter Gewalt und den digitalen Medien. Schon seit
Jahren.
Es ist gut, dass die EU sich den Digital Services Act (DSA) gebaut hat, mit
dessen Hilfe sie Tiktok konfrontieren kann. Der DSA verbietet es Konzernen,
sogenannte Dark Patterns einzusetzen, die Nutzer*innen manipulieren. Und
er verpflichtet sie, Risikomanagements einzurichten.
Deswegen konnte die EU-Kommission am Montag eine Antwort zur neuen App
Tiktok Lite von dem Unternehmen verlangen. Und die Plattform hat sie
innerhalb der Frist geliefert, weil sie sonst Strafzahlungen leisten
müsste. Diese muss Brüssel jetzt überprüfen.
Was es ansonsten noch braucht: [5][mehr psychologische Betreuung für
Kinder,] Jugendliche, junge Erwachsene. Mehr Medienbildung für
Minderjährige und Erwachsene. Und eine klare Absage an jede sexualisierte
Gewalt.
24 Apr 2024
## LINKS
[1] /Kanzleramt-startet-Account/!6002894
[2] /US-Plaene-fuer-Tiktok/!6003180
[3] https://simon-schnetzer.com/trendstudie-jugend-in-deutschland-2024/
[4] https://www.vice.com/en/article/g5gp84/national-rape-day-isnt-real-but-tikt…
[5] /Unterversorgung-psychisch-kranker-Kinder/!5801563
## AUTOREN
Johannes Drosdowski
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