| # taz.de -- Unterversorgung psychisch kranker Kinder: Die Not der Stillen | |
| > Termin in drei Monaten: Psychisch kranke Kinder sind schlecht versorgt. | |
| > Wie können Gesundheitspolitiker*innen noch in den Spiegel | |
| > schauen? | |
| Bild: Einen Termin in einer Praxis für Kinderpsychiatrie zu ergattern kommt ei… | |
| [1][Unicef fordert] weltweit mehr Investitionen in die psychische | |
| Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Denn nicht nur die Pandemie hat | |
| die seelische Verfasstheit junger Menschen dramatisch verschlechtert. Auch | |
| unabhängig von Covid-19 ist die psychische und psychiatrische Versorgung | |
| mangelhaft. Bemerkenswert ist, dass nicht nur Länder betroffen sind, um | |
| deren Gesundheitsversorgung es ohnehin eher schlecht bestellt ist. Auch | |
| [2][in Deutschland, einem der reichsten Länder der Erde, ist die Lage so | |
| desolat], dass man sich fragen muss, wie die dafür verantwortlichen | |
| Politiker*innen überhaupt in den Spiegel schauen können. | |
| Für ein psychisch krankes Kind einen Termin in einer Praxis für Kinder- und | |
| Jugendpsychiatrie zu ergattern kommt einem Lottogewinn gleich. Drei bis | |
| vier Monate Wartezeit sind völlig normal. In den Notfallsprechstunden wird | |
| in der Regel lediglich abgefragt, ob das Kind Suizidgedanken äußert – falls | |
| es sie äußert. In dem Fall wird es stationär aufgenommen. Alle anderen | |
| Kinder und Jugendlichen werden wieder nach Hause geschickt, oft bis es | |
| ihnen so schlecht geht, dass nur noch die [3][Kinder- und | |
| Jugendpsychiatrie] infrage kommt. Auch das wiederum ist natürlich mit | |
| langen Wartezeiten verbunden. | |
| Um die Tragweite einer solchen Unterversorgung zu verstehen, muss man sich | |
| nur einmal einige Beispiele vor Augen führen: Es bedeutet, dass zeitnah | |
| keine Therapieplätze für [4][Opfer sexualisierter Gewalt] zur Verfügung | |
| stehen. Ein halbes Jahr kann ins Land gehen, bevor einem Kind, das wegen | |
| einer Angststörung nicht zur Schule geht, geholfen wird. [5][Ein | |
| Jugendlicher, der Anzeichen einer Depression aufweist], sich ritzt oder auf | |
| andere Art verletzt, rast auf einen Tiefpunkt zu, ohne dass rechtzeitig | |
| eingegriffen werden kann. | |
| Aber wen kümmert schon die Not der Stillen? Die | |
| Gesundheitspolitiker*innen jedenfalls nicht, ganz gleich welcher | |
| Partei sie angehören. Sie sind mit zu vielen anderen Baustellen | |
| beschäftigt, wo es lauter zugeht. Das aber ändert nichts daran, dass sie | |
| die Folgen mitzuverantworten haben. Unicef warnt auch vor den | |
| wirtschaftlichen Nachteilen der Unterversorgung. Und wer weiß, vielleicht | |
| bewirkt der Kostenfaktor ein Umdenken. | |
| 6 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.unicef.de/blob/249178/df8537c4c9c2106922f49da4884e82b4/zusammen… | |
| [2] https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie… | |
| [3] /Eindruecke-aus-der-Jugendpsychiatrie/!5651507 | |
| [4] /ZDF-Doku-ueber-Kindesmissbrauch/!5477901 | |
| [5] /Depressionen-bei-Kindern/!5188689 | |
| ## AUTOREN | |
| Silke Mertins | |
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