# taz.de -- Bürgerbeteiligung beim Tempelhofer Feld: Alles Schlechte kommt von… | |
> Die schwarz-rote Koalition will das Tempelhofer Feld bebauen. Sie | |
> versucht, dem Vorgehen mit Geld einen demokratischen Anstrich zu geben. | |
Bild: Muss hier wirklich gebaut werden? Viel Licht, viel Luft an einem lauen So… | |
BERLIN taz | Bürger*innenwerkstatt, Ideenwettbewerb, Volksbefragung: Das | |
sind die drei Zauberwörter, mit denen die schwarz-rote Koalition ihr | |
Herzensprojekt, die [1][Teilbebauung des Tempelhofer Felds], möglichst | |
demokratisch aussehen lassen will. Unklar ist weiterhin, wie genau die | |
Verfahren ausgestaltet werden – und ob eine vom Parlament verordnete | |
Volksbefragung überhaupt rechtlich umsetzbar ist. | |
Die erste Stufe des direktdemokratischen Hokuspokus will der Senat bereits | |
im April zünden: Ab dann [2][sollen rund 500 repräsentativ ausgewählte | |
Bürger*innen in der „Werkstatt“ Ideen sammeln für die Bebauung des | |
Felds]. Parallel soll ein internationaler „Ideenwettbewerb“ | |
veranschaulichen, was auf dem Feld entstehen könnte. | |
Das kostet Geld – viel mehr, als im Haushaltsplan für 2024 und 2025 | |
veranschlagt war. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg | |
hervor, die der taz vorliegt. | |
Demnach sollen die „Bürger*innen-Werkstatt“ und der „Ideenwettbewerb“ … | |
ein dazugehöriger „Online-Dialog“ insgesamt 3 Millionen Euro kosten. | |
Eingeplant waren eigentlich nur 1,2 Millionen Euro. Hinzu kommen noch | |
Personalkosten für die drei Vollzeitstellen, die geschaffen werden sollen. | |
Das wären zusätzlich rund 200.000 bis 275.000 Euro pro Jahr. | |
## „Sündenfall der direkten Demokratie“ | |
Woher das fehlende Geld kommen soll, ist ungewiss. Katalin Gennburg zeigte | |
sich angesichts der Haushaltslage empört: „Auf der einen Seite wird ein | |
teurer Hochglanzwettbewerb ausgelobt, um Fantasiebilder zu malen, auf der | |
anderen Seite [3][sollen soziale Träger und Kinder- und Jugendeinrichtungen | |
das Licht ausmachen]“, sagt die Linken-Abgeordnete der taz. | |
Doch nur die Kosten des Verfahrens zu kritisieren, greift laut Gennburg zu | |
kurz. Insgesamt sei der Umgang der schwarz-roten Koalition mit dem | |
Tempelhofer Feld ein „Sündenfall der direkten Demokratie“: „CDU und SPD | |
erfinden sich die Standards für direktdemokratische Verfahren, wie es ihnen | |
passt“, so Gennburg. | |
## SPD will von oben verordnete Volksbefragung | |
Erfinderisch hatte sich etwa jüngst [4][die SPD-Fraktion bei ihrer | |
Klausurtagung in Leipzig] gezeigt: Die Abgeordneten sprachen sich dafür | |
aus, dass das Abgeordnetenhaus von sich aus Volksbefragungen ansetzen kann, | |
um Änderungen von Gesetzen zur Abstimmung zu stellen, die selbst durch | |
einen Volksentscheid beschlossen wurden. Es gibt nur ein Gesetz in Berlin, | |
auf das dieses Kriterium zutrifft: das [5][Gesetz zum Erhalt des | |
Tempelhofer Feldes] von 2014, das die Bebauung des ehemaligen Flughafens | |
untersagt. | |
Strittig ist die Frage, ob für die Pläne der SPD-Fraktion eine | |
Verfassungsänderung notwendig wäre – für die die schwarz-rote Koalition | |
keine Mehrheit hätte. Die Fraktion meint, um eine sogenannte konsultative | |
Volksbefragung einzuführen, genüge ein mit einfacher Mehrheit | |
beschließbares Gesetz. | |
## Abstimmung parallel zur Bundestagswahl 2025? | |
Der Verein „Mehr Demokratie“ sieht das anders: „Direkte Demokratie als | |
Instrument der Staatswillensbildung muss in der Landesverfassung geregelt | |
werden“, erklärte der Verein am Montag. Darüber hinaus schreibe [6][Artikel | |
100 der Berliner Landesverfassung] vor, dass jede Einführung neuer | |
direktdemokratischer Instrumente einer Volksabstimmung bedarf. | |
Die Linken-Abgeordnete Gennburg warnt, durch die Volksbefragung von oben | |
werde die Demokratie „massiv ausgehöhlt“. Insgesamt werde nun deutlich, mit | |
welcher Dramaturgie der Senat die Bebauung des Tempelhofer Feldes | |
durchsetzen will: „Die Bürger*innenwerkstatt wird das Wie der Bebauung | |
thematisieren, aber auch der Form halber einige kritische Stimmen zur Frage | |
des Ob einbinden. Der Ideenwettbewerb produziert derweil schöne, suggestive | |
Bilder.“ Die könnten dann laut Gennburg der Berliner Bevölkerung bei einer | |
Abstimmung vorgelegt werden, die parallel zur Bundestagswahl im Herbst 2025 | |
stattfinden könnte. | |
31 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Volksentscheid-Tempelhofer-Feld/!t5041366 | |
[2] /Bebauung-des-Tempelhofer-Feldes/!5978415 | |
[3] /Kuerzungen-bei-Sozialprojekten/!5985537 | |
[4] /SPD-Klausur-in-Leipzig/!5985530 | |
[5] https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-ThFGBEpP1 | |
[6] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/verfassung/artikel.41498.php | |
## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Tempelhofer Feld | |
Volksabstimmung | |
Direkte Demokratie | |
SPD Berlin | |
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld | |
Direkte Demokratie | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Volksentscheid | |
Volksentscheid | |
Silvester | |
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld | |
Tempelhofer Feld | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
10 Jahre Volksentscheid Tempelhofer Feld: Simulierte Beteiligung | |
Vor zehn Jahren wurde per Volksentscheid entschieden, dass das Tempelhofer | |
Feld nicht angetastet werden darf. CDU und SPD wollen das nicht hinnehmen. | |
Tesla Gigafactory in Brandenburg: Warum dann überhaupt abstimmen? | |
Der Grünheider Gemeinderat votiert für eine größere Elektroautofabrik – | |
trotz Protest und einer Volksabstimmung. | |
Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld: Platz ist auch woanders da | |
Berlin hat Flächen für 250.000 neue Wohnungen ausgemacht. Das Feld gehört | |
nicht dazu. Platz ist ohnehin nicht das Problem, sondern die hohen Kosten. | |
Bebauungspläne für das Tempelhofer Feld: „Das gebietet der Respekt“ | |
Oliver Wiedmann vom Verein Mehr Demokratie kritisiert Senatspläne zum | |
Bürgerdialog in Sachen Tempelhofer Feld – und die SPD-Idee einer | |
Volksbefragung. | |
Vorstoß für Volksbefragungen – Contra: Ein billiges Täuschungsmanöver | |
Die SPD will, dass Volksabstimmungen künftig auch vom Abgeordnetenhaus | |
angestoßen werden können. Die Kritik an der Idee ist absolut berechtigt. | |
Vorstoß für Volksbefragungen – Pro: Weniger Stress, weniger Ausgaben | |
Die SPD will, dass Volksabstimmungen künftig auch vom Abgeordnetenhaus | |
angestoßen werden können. Die Aufregung ist groß. Dabei ist es eine gute | |
Idee. | |
Jahresausklang auf dem Tempelhofer Feld: Im leeren Zentrum Berlins | |
2023 war ein schlimmes Jahr – immerhin gibt es noch die Weite des | |
Tempelhofer Feldes. Ein desillusionierter Spaziergang in Berlin zum | |
Jahresausklang. | |
Bebauungsplan Tempelhofer Feld in Berlin: Fake-Demokratie des Senats | |
Für CDU und SPD steht fest: Entgegen dem Volksentscheid wollen sie das | |
Tempelhofer Feld bebauen. Jetzt muss es nur irgendwie demokratisch | |
aussehen. | |
Bebauung des Tempelhofer Feldes: Senat drängt auf Randbebauung | |
Schwarz-Rot will Bürgerwerkstattt, Dialogverfahren und Wettbewerb von Ideen | |
zum Tempelhofer Feld. |