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# taz.de -- Tesla Gigafactory in Brandenburg: Warum dann überhaupt abstimmen?
> Der Grünheider Gemeinderat votiert für eine größere Elektroautofabrik –
> trotz Protest und einer Volksabstimmung.
Bild: Stop the Giga-Fucktory – das hat nicht geklappt. Die Gemeindevertreter …
[1][Nach dem Votum des Gemeinderats von Grünheide bei Berlin für den Ausbau
der Fabrik des US-Autoherstellers Tesla] geben die Gegner nicht auf. „Wir
lassen uns das nicht gefallen, und wir werden weiter gegen die Erweiterung
vorgehen“, erklärte die Vorsitzende der Bürgerinitiative Grünheide, Manu
Hoyer. Man wolle noch stärker protestieren und vor Gericht ziehen, um das
Projekt zu stoppen. Es liefen bereits Gespräche mit mehreren
Naturschutzverbänden, um eine mögliche Klage auszuloten, sagte ein Sprecher
der Bürgerinitiative am Freitag.
Am Vorabend hatten nach einer zweistündigen Diskussion elf
Vertreter*innen des Gemeinderats für den Bebauungsplan gestimmt. Sechs
waren dagegen, zwei enthielten sich.
Seit drei Jahren produzieren in Grünheide rund 12.500 Menschen
Elektroautos. Die Erweiterung des einzigen Tesla-Werks in Europa ist
hochumstritten. Aktivist*innen sehen erhebliche Umweltrisiken, unter
anderem, weil das Gelände in einem Wasserschutzgebiet liegt. Protestiert
wird auch gegen die geplante Abholzung von Wald. Und irgendwie geht es auch
gegen Tesla-Chef Elon Musk, den Turbokapitalisten.
Im Februar noch hatten sich über 60 Prozent der Bürger*innen der
8.000-Einwohner*innen-Gemeinde Grünheide in einer nicht bindenden
Abstimmung gegen die Erweiterung ausgesprochen. Erst vor einer Woche
demonstrierten etwa 2.000 Personen gegen Tesla. [2][Seit Monaten kampieren
Aktivist*innen im Wald nahe der Fabrik, der von Rodung bedroht ist.] Im
März legten Unbekannte ein Feuer an einem Strommast in der Nähe – die
Autoproduktion lag danach fast eine Woche lang auf Eis.
Es sollte eine turbulente Gemeinderatssitzung werden. Etwa 200 Personen
waren in die dicht besetzte Müggelspreehalle im Grünheider Ortsteil
Hangelsberg gekommen, zuvor hatte das Protestbündnis „Tesla den Hahn
abdrehen“ hier noch demonstriert.
Die Stimmung war angespannt, Ortsvorsteherin und Sitzungsleiterin Pamela
Eichmann (SPD) hatte oftmals Mühe, Zwischenrufe, Beifall und Buhrufe unter
Kontrolle zu bringen. Mehrere Anwohner*innen sowie das „Bürgerbündnis“
forderten eine erneute Einwohnerbefragung über den geänderten
Bebauungsplan. Und scheiterten. Neben dem „Bürgerbündnis“ und einzelnen
Ratsmitgliedern stimmte auch die AfD-Fraktion mit Nein.
## „Ein herber Schlag für die Demokratie“
Nun bekommt Tesla die Genehmigung, sein 300 Hektar großes Betriebsgelände
im Südosten von Berlin um weitere 110 Hektar nach Osten hin für einen
Güterbahnhof und Lagerhallen zu erweitern. Die Pläne waren nach den
Protesten abgespeckt worden: Ein zunächst geplanter Werkskindergarten und
einige Lagerflächen fallen weg. Nur noch 50 statt der ursprünglich
geplanten 100 Hektar Wald sollen im Landschaftsschutzgebiet gerodet werden.
Die brandenburgische Landesregierung und Tesla atmeten auf. Ein
Konzernvertreter sagte bei der Gemeinderatssitzung, Tesla könne den
Abtransport von künftig einer Million Fahrzeugen pro Jahr auch über die
Straße abwickeln, „aber das wollen wir nicht, wir wollen das über die
Schiene machen“. Derzeit können im Werk in Grünheide jährlich 500.000
Fahrzeuge gebaut werden. Das Genehmigungsverfahren laufe, um die Kapazität
zu verdoppeln.
„Das ist ein herber Schlag für den Wasserschutz und die Demokratie“,
urteilte dagegen Karolina Drzewo, Sprecherin von „Tesla den Hahn abdrehen“.
Die Mehrheit der Menschen in Grünheide sei gegen die Erweiterung, „dennoch
hat die Gemeindevertretung jetzt wahrscheinlich durch den massiven Druck
des Konzerns Tesla und der Bundes- und der Landesregierung gegen das Votum
der Bürger*innen hier gestimmt“. Es sei „gefährlich in einer Region mit
Politikverdrossenheit, dass der Mehrheit der Menschen nicht zugehört
wurde“, ergänzte sie.
Marten Lange-Siebenthaler vom Bürgerbündnis zeigte sich vom Ausgang der
Abstimmung wenig überrascht. „Aber der Schaden ist da, für die Gemeinde und
natürlich auch für die Demokratie“, sagte er. „Die Gesellschaft ist
zunehmend polarisiert, und wenn wir dann solche Entscheidungen haben, die
den Bürgerwillen nicht ausreichend berücksichtigen, erweisen wir der
Demokratie einen Bärendienst. Und das äußert sich in der Regel dann in den
Wahlergebnissen.“ Am 9. Juni finden in Brandenburg Europa- und
Kommunalwahlen statt.
17 May 2024
## LINKS
[1] /Gemeinderat-fuer-Fabrikerweiterung/!6011138
[2] /Tesla-Protestcamp-in-Gruenheide/!6011044
## AUTOREN
Darius Ossami
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