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# taz.de -- CDU-Vorstoß für mehr Tempo 50: „Rückwärtsgewandte Symbolpolit…
> CDU-Fraktionschef Dirk Stettner will die Zahl der Tempo-30-Abschnitte auf
> Hauptstraßen stark reduzieren. Die Kritik lässt nicht lange auf sich
> warten.
Bild: Tempo 30? Teufelszeug! Findet zumindest die CDU
Berlin taz | Geht es nach dem Willen von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner,
wird demnächst aufgeräumt bei den Tempo-30-Abschnitten auf Berlins
Hauptstraßen. Auf gut 30 Straßen sollen bis Mitte 2024 in den vergangenen
Jahren angeordnete [1][entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzungen]
zurückgenommen werden. „Es soll grundsätzlich Tempo 50 auf Hauptstraßen
gelten“, schreibt Stettner in einem Papier für die CDU-Fraktion, das der
taz vorliegt.
Betroffen wären unter anderem Teile der Potsdamer Straße und der
Hauptstraße in Schöneberg, der Invaliden- und Torstraße in Mitte und des
Tempelhofer Damms. Für Stettner ist die Sache klar: „Ein flächendeckendes
Tempolimit von 30 km/h mag die Fantasie einiger selbsternannter
Verkehrserzieher beflügeln. Berlins Hauptstraßen sind aber nicht Fantasia,
sondern haben eine wichtige Funktion.“ Und die bestehe nun mal darin, einen
effizienten Verkehrsfluss zu erzielen.
In Stettners Fraktionspapier, über das zuerst die B.Z. berichtet hatte,
heißt es hierzu: „Auf Hauptverkehrsstraßen ist Tempo 30 daher in der Regel
nicht sinnvoll, da es den Autoverkehr, den Wirtschaftsverkehr und auch die
Busse der BVG verlangsamt und damit zu weniger Attraktivität führt.“ Daraus
folgt für den Fraktionschef: Fort mit dem alten rot-grün-roten
Verkehrswendeplunder! „Berlin muss mobil und agil sein“, sagt Stettner.
Nach seinem Vorstoß aus dem November, irgendwo in der Berliner Innenstadt
[2][eine Magnetschwebebahn] aus dem noch nicht vorhandenen Sondervermögen
Klimaschutz errichten zu lassen, präsentiert sich der umtriebige
CDU-Fraktionschef dabei erneut in der Rolle eines
Schatten-Verkehrssenators.
## Koalitionspartner weiß von nichts
Die eigentlich Zuständige gibt sich am Dienstag mit Blick auf die Details
jedenfalls weitgehend uninformiert. „Ich unterstütze natürlich die Pläne�…
sagt CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner im Anschluss an die wöchentliche
Senatssitzung zwar. Zugleich habe sie von dem Papier ihres Parteifreunds
nur aus der Zeitung erfahren: „Was da genau diskutiert wird, muss ich mir
dann erst mal anschauen.“
Das gilt offenkundig auch für den Koalitionspartner SPD. „Die jüngste
Forderung des CDU-Fraktionsvorsitzenden kommt für mich mal wieder
überraschend“, sagt Tino Schopf, der verkehrspolitische Sprecher der
SPD-Fraktion. Ihm sei nicht klar, ob es sich nach den
Schwebebahn-Phantasien des CDU-Politikers „nun um eine Fortsetzung aus der
Rubrik ‚Stettner hat ne Idee‘ handelt“. Anders ausgedrückt: Ob daraus
sobald etwas wird, steht in den Sternen.
Tatsächlich weist der Umweltverband BUND darauf hin, dass für die Umsetzung
von Stettners Vorhaben „dutzende, wenn nicht hunderte“ Ampelschaltungen neu
programmiert werden müssten. Das werde nicht nur „erhebliche Kapazitäten“
beim [3][Ampelnetzbetreiber InfraSignal] und den zu beauftragenden
Ingenieurbüros binden. Auch dauere es „oft mehrere Jahre, bis eine
Umprogrammierung von Ampelschaltungen umgesetzt ist“, sagt Tilmann Heuser,
Geschäftsführer des BUND Berlin.
Für Heuser ist die Idee zudem nichts weiter als „rückwärtsgewandte
Symbolpolitik“. Denn angesichts der Verkehrsdichte dürfte sich „tagsüber
für den Autoverkehr kein Geschwindigkeitsvorteil ergeben“. Schließlich
bestimme vor allem der Rückstau an Kreuzungen das Tempo. Im Gegenzug erhöhe
sich das Risiko von Verkehrsunfällen, „wenn auf den meist nur kurzen
Abschnitten mit höherem Tempo gefahren wird“.
## Grüne: „Politik alleinig fürs Auto“
Oda Hassepaß von den von Stettner als Autohasser:innen geschmähten
Grünen sieht das genauso. „Wer Verkehrssicherheit ernst meint, setzt auf
Temporeduktion, das raten alle Expert:innen“, sagt die verkehrspolitische
Sprecherin der Grünen-Fraktion. Allein, die Berliner CDU scherte sich nicht
um wissenschaftliche Erkenntnisse: „Sie macht Politik alleinig für das Auto
und gefährdet die Schwächsten – Berlins Kinder, Senior:innen, Menschen mit
Behinderungen und die Menschen, die an den Hauptstraßen wohnen.“
Bedenken dieser Art belasten CDU-Fraktionschef Stettner nicht. Für ihn
steht fest: „In den letzten Jahren sind Tempo-30-Strecken viel zu oft als
bevormundende Umerziehungsmaßnahme verwendet worden.“ Das werde die CDU
jetzt „korrigieren“. Und überhaupt: „Rasende Radler dürfen auf Gehwegen…
Radwegen nicht schneller unterwegs sein als der Handwerker auf der
Hauptstraße.“
9 Jan 2024
## LINKS
[1] /Tempo-runter-fuer-die-Umwelt/!5976119
[2] /Sondervermoegen-Klimaschutz/!5971034
[3] /Autogerechte-Infrastruktur/!5901509
## AUTOREN
Rainer Rutz
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