# taz.de -- Berliner Doppelhaushalt 2024 und 2025: Zuckerbrot und Peitsche | |
> CDU und SPD stocken den Doppelhaushalt 2024/25 um 800 Millionen Euro auf. | |
> Zugleich zieht die Koalition bei den Bezirken die Daumenschrauben an. | |
Bild: Die Fraktionschefs von CDU und SPD, Dirk Stettner und Raed Saleh, am Mont… | |
BERLIN taz | Die Fraktionen von CDU und SPD haben am Montag einen | |
Kurswechsel in der Ausgabenpolitik des Landes Berlin angekündigt. | |
Schwarz-Rot werde „heute einen Konsolidierungskurs starten, damit es 2026 | |
keinen sozialen Kahlschlag gibt“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Stettner. | |
„Du hast gesagt: konsolidieren, ich sage: klug konsolidieren“, gab | |
SPD-Fraktionschef Raed Saleh zurück. | |
Am Wochenende hatten sich die Spitzen der beiden Fraktionen darauf | |
geeinigt, das bislang rund 80 Milliarden Euro schwere Gesamtvolumen des | |
Berliner Doppelhaushalts 2024/25 noch mal um 800 Millionen Euro | |
aufzustocken. Den größten Nachschlag mit über 105 Millionen gab es dabei | |
für den Bereich Gesellschaftlicher Zusammenhalt, darunter 30 Millionen „für | |
Partizipation und Integration sowie [1][Maßnahmen gegen Rassismus und | |
Antidiskriminierung]“. | |
Weitere 100 Millionen zusätzlich sollen in die Mobilität fließen, in | |
Schienenverkehr, Schlaglochsanierung, Fuß- und Radwege – und die | |
Wiedereröffnung des im April aus Sicherheitsgründen gesperrten | |
Schlangenbader Tunnels in Wilmersdorf. Kleinteilig wird es auch an anderen | |
Stellen des mit Wohlfühlüberschriften wie „Es lebe der Sport“ oder | |
„Hilfsorganisationen helfen“ versehenen Papiers der Koalitionsfraktionen. | |
So hat die SPD unter dem Punkt „Schönes und lebenswertes Berlin“ jetzt noch | |
8 Millionen Euro on top [2][für Kleingewässer und die Renaturierung der | |
Moore] reinverhandelt. „Hinter jeder dieser Überschriften steht ein | |
konkretes Ziel, eine konkrete Vision“, erklärte Fraktionschef Raed Saleh. | |
## Tafelsilber bleibt im Schrank | |
Das Problem bei den Visionen: Niemand geht ernsthaft davon aus, dass die | |
Einnahmen des Landes Berlin in den kommenden zwei Jahren signifikant | |
steigen werden. Auch deshalb hatte sich die Koalition bereits zuvor darauf | |
verständigt, für die Finanzierung all ihrer Pläne die in der Vergangenheit | |
gebildeten Rücklagen aufzubrauchen. | |
„Mit dieser unseriösen Haushaltspolitik gehen sie bewusst die Gefahr ein, | |
dass Berlin harte Sparkurse in den kommenden Jahren zugemutet werden | |
müssen“, warnte am Montag dann auch Grünen-Fraktionschef Werner Graf. Er | |
steht mit dieser Befürchtung nicht allein. | |
Alles unbegründet, hieß es hierzu von Schwarz-Rot. Kein Kahlschlag, auch | |
nicht später. Landeseigenes „Tafelsilber“ soll aber – anders als in den | |
Sparen-bis-es-quietscht-Zeiten des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters | |
Klaus Wowereit (SPD) – auch nicht verscherbelt werden. Folglich brauche es | |
neue Ansätze, um die Landeskasse zu stabilisieren. | |
## Neuausrichtung der Finanzpolitik | |
Allein: Der nun von den beiden Fraktionen ausgerufene „kluge“ | |
Konsolidierungskurs hat es in sich. Konkret sollen etwa langfristige | |
finanzielle Bindungen über sogenannte Verpflichtungsermächtigungen in Höhe | |
von ungefähr 100 Milliarden Euro jetzt erst mal gesperrt werden, sagte | |
Torsten Schneider, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion. | |
Schneider sprach in diesem Zusammenhang von einem „harten Schnitt“. Die | |
Sperre soll indes weder die Hochschulverträge noch die Verträge mit der BVG | |
betreffen, sondern die eher „an unzähligen Stellen“ eingegangenen kleineren | |
Verbindlichkeiten, so der SPD-Mann. Beispiele konnte er nicht nennen. | |
Eine Neuausrichtung der Finanzpolitik dürften dabei vor allem die Bezirke | |
zu spüren bekommen. Wie die Senatsverwaltungen müssen auch die Bezirke in | |
ihren Haushaltsplänen mit [3][„Pauschalen Minderausgaben“] (PMA) umgehen. | |
Ausgaben also, die zwar auf dem Papier stehen, aber nicht von Einnahmen | |
gedeckt sind und daher wieder eingespart werden müssen – ohne dass | |
festgelegt wäre wo. | |
Um Mittelkürzungen bei Projekten insbesondere im sozialen Bereich zu | |
verhindern, lösen etliche Bezirke die PMA bislang unter anderem durch das | |
Nicht-Besetzen von eigentlich finanzierten Stellen in der Verwaltung auf. | |
Damit soll demnächst Schluss sein. „Wir wollen nicht mehr über Stellen | |
reden, sondern über Menschen“, sagte Schneider. Kurzum: Die Bezirke sollen | |
die Stellen besetzen und in Zukunft „woanders sparen, um die Pauschale | |
Minderausgaben zu erbringen“. So einfach ist das. | |
20 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Finanzierung-von-Praeventionsprojekten/!5971904 | |
[2] /BUND-Kleingewaesser-Report-2023/!5943772 | |
[3] /Berliner-Doppelhaushalt-2024/25/!5960767 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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