# taz.de -- Verschärfung der Migrationspolitik: Mehr Härte bei Abschiebungen | |
> Die Regierung will verschärfte Abschieberegeln beschließen. Schon jetzt | |
> wird mehr abgeschoben als im letzten Jahr – sogar nach Russland. | |
Bild: Will Abschieberegeln verschärfen: Innenministerin Faeser | |
Am Wochenende hat Kanzler Olaf Scholz in einem [1][Spiegel-Interview] | |
erklärt, dass Deutschland „endlich im großen Stil“ jene Menschen abschieb… | |
müsse, die kein Bleiberecht in Deutschland hätten. Um die Abschieberegeln | |
zu verschärfen, hat Bundesinnenministerin Faeser am 11. Oktober einen | |
Gesetzentwurf veröffentlicht. | |
Am Mittwoch soll das Kabinett den Entwurf beschließen, dann muss der | |
Bundestag darüber entscheiden. Am Montag sagte Faeser der Rheinischen Post | |
zudem, die Zahl der Rückführungen liege in diesem Jahr schon um 27 Prozent | |
höher als im Vorjahreszeitraum. „Dennoch müssen wir Regelungen vorsehen, | |
mit denen wir unser Recht [2][konsequenter und schneller] durchsetzen | |
können“, sagte sie. | |
Tatsächlich wurden in diesem Jahr bis einschließlich September bereits | |
12.042 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Das erklärte ein Sprecher des | |
BMI gegenüber der taz. Das sind über [3][1.300 Menschen jeden Monat]. Zum | |
Vergleich: im gesamten Jahr 2022 gab es insgesamt 12.945 Abschiebungen. Das | |
waren etwa 1.079 Menschen pro Monat. Im Durchschnitt mussten damit in | |
diesem Jahr jeden Monat etwa 260 Menschen mehr Deutschland per | |
„Rückführung“ verlassen als im Jahr zuvor. | |
Die meisten Menschen, insgesamt 849, wurden in diesem Jahr nach Georgien | |
abgeschoben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine | |
Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger hervor, die der taz vorliegt. | |
Weitere Ziele von Abschiebeflügen waren Nordmazedonien (774), Moldau (697), | |
Albanien (646) und Serbien (550). An sechster Stelle steht die Türkei mit | |
509 Abschiebungen, danach kommt mit Spanien erstmals ein EU-Land: dorthin | |
wurden 406 Menschen abgeschoben. Auch im vergangenen Jahr gingen die | |
meisten Abschiebungen in den Balkan. Nordmazedonien war 2022 das Land, in | |
das die meisten Menschen aus Deutschland „zurückgeschickt“ wurden. | |
Clara Bünger beobachtet die steigende Zahl der Abschiebungen mit großer | |
Sorge. „Abschiebungen bedeuten, dass Menschen an Orte zurückgezwungen | |
werden, an denen ihnen Krieg, Verfolgung, extreme Armut oder | |
Perspektivlosigkeit drohen“, sagt die Linken-Politikerin. Anstatt | |
Abschiebungen weiter mit repressiven Maßnahmen zu forcieren, wie es jetzt | |
von fast allen Parteien gefordert werde, müsse eine wirksame | |
Bleiberechtslösung her. | |
Kritisch äußerte sich auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP): Um die | |
geplanten Rückführungen umzusetzen fehlten mehr als 300 Polizisten. Sollte | |
es mehr Abschiebungen geben, brauchen wir mindestens diese Zahl an | |
zusätzlichen Kräften“, sagte ihr Vorsitzender Jochen Kopelke. Abschiebungen | |
nach Russland waren infolge des russischen Angriffskriegs ausgesetzt | |
worden. | |
Einzelne Bundesländer versuchen inzwischen jedoch, damit wieder anzufangen. | |
Drei Menschen wurden in diesem Jahr schon wieder nach Russland abgeschoben. | |
Der Bund unterstützt diese Länder aber nicht dabei, „sodass etwaige | |
Rückführungsmaßnahmen nur ohne bundespolizeiliche Begleitung durchgeführt | |
werden können“, erklärt die Bundesregierung. Außerdem gebe es aufgrund der | |
gegenseitigen Sperrung der Lufträume derzeit keine Direktflüge nach | |
Russland. | |
Bereits im September hat die Bundesregierung beschlossen, Georgien und | |
Moldau als sichere Herkunftsländer einzustufen, um Asylverfahren zu | |
verkürzen und Abschiebungen dorthin zu erleichtern. Joachim Stamp (FDP), | |
der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, | |
drückt dabei aufs Tempo. Mit der Einstufung von Georgien und Moldau könne | |
man rasch zu Migrationsvereinbarungen kommen. | |
Damit können Rücknahmeabkommen mit diesen Herkunftsländern vereinbart | |
werden, damit sie abgelehnte Asylbewerber schneller zurücknehmen. Zugleich | |
sollen diese Abkommen aber auch neue Wege für den legalen Zuzug etwa für | |
Arbeitskräfte eröffnen. Gespräche über solche Abkommen gebe es neben | |
Georgien und Moldau auch mit Kenia, Kolumbien, Usbekistan und Kirgistan, | |
erklärte eine Regierungssprecherin kürzlich. | |
24 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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