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# taz.de -- Umweltministerin reagiert auf Viehrisse: Lemkes „Schnellabschuss�…
> Die grüne Umweltministerin Lemke will, dass die Behörden die Tötung von
> Wölfen nach Rissen von Nutztieren leichter genehmigen. Vielen Bauern
> reicht das nicht.
Bild: Ist das der böse Wolf? Ein „Beutegreifer“ ist in eine Fotofalle geta…
Berlin taz | „Wenn [1][Wölfe] meine Rinder angreifen, dann würde ich wohl
aufhören, überhaupt Tiere zu halten“, sagt Ottmar Ilchmann. Dabei hält der
Bauer aus Ostfriesland sein Vieh aus Natur- und Tierschutzsicht
vorbildlich: Die Rinder stehen im Sommer auf der Weide und nicht nur im
Stall. Sie erhalten das besonders artenreiche Grünland. Ilchmann,
niedersächsischer Landesvorsitzender der ökologisch orientierten
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), muss damit rechnen,
dass die Wölfe auch bald zu ihm kommen und Vieh reißen. Deshalb fordert er,
dass die Ausbreitung der Raubtiere in Deutschland gebremst wird.
Auf solche Forderungen hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke am
Donnerstag reagiert. Sie schlug den Ländern vor, Wölfe nach Rissen
schneller zu schießen. Die Grünen-Politikerin empfahl, „dass [2][21 Tage
lang auf einen Wolf geschossen werden] darf, der sich im Umkreis von 1.000
Metern von der Rissstelle aufhält.“ Anders als bisher sollen die Ämter für
eine Abschussgenehmigung nicht mehr das Ergebnis einer DNA-Analyse
abwarten, wonach der „Täter“ ein Wolf war. Voraussetzung soll laut Lemke
aber weiterhin sein, dass die angegriffenen Nutztiere durch „zumutbare“
Herdenschutzmaßnahmen wie Elektrozäune bestimmter Höhe geschützt waren.
Außerdem müssten Wölfe in der Region „vermehrt“ Weidetiere gerissen habe…
Lemke hatte ihre Pressekonferenz mehrfach verschoben, nachdem die
Opposition und die FDP das Thema in den Landtagswahlkämpfen in Bayern und
Hessen gegen die Grünen genutzt hatten.
150 Jahre nach Ausrottung der Tierart hierzulande sind die Wölfe im Jahr
2000 dauerhaft nach Deutschland zurückgekehrt. In den zwölf Monaten bis
Ende April 2023 wurden laut Bundesamt für Naturschutz [3][184 Wolfsrudel]
nachgewiesen. Geht man von im Schnitt 10 Tieren pro Rudel und von diversen
Wolfspaaren und Einzeltieren aus, wären das rund 2.000 Individuen. Auch die
Zahl der bei Wolfsangriffen getöteten, verletzten oder vermissten Nutztiere
erreichte laut Behörden 2022 einen neuen Rekord: [4][4.366]. Viele Bauern
sehen die vergleichsweise tier- und naturfreundliche Viehhaltung auf der
Weide durch Wölfe zusätzlich gefährdet. Zudem gibt es Sorgen, dass Wölfe
Menschen angreifen könnten. Naturschützer argumentieren, der Wolf habe bis
zu seiner Vertreibung zum Ökosystem in Deutschland gehört. Zudem sei er der
„Gesundheitspolizist“ der Natur, er reiße zum Beispiel kranke Rehe und
verhindere so, dass sie andere anstecken.
Bislang hätten die Behörden nach Rissen oft so lange auf die Erbgutanalyse
gewartet, bis der Wolf „schon über alle Berge“ gewesen sei, sagte Lemke
nun. Dabei hätten Studien gezeigt, „dass es ein Wolf nach erfolgreichen
Übergriffen häufig an derselben Herde erneut versucht.“ Die vorgeschlagene
Regelung mache „es deutlich wahrscheinlicher, den schadenverursachenden
Wolf zu treffen“. Der solle dann durch eine spätere DNA-Analyse bestätigt
werden. Die Länder könnten diesen Vorschlag bei der Umweltministerkonferenz
Ende November beschließen und dann in Verordnungen umsetzen, sodass er
bereits zur kommenden Weidesaison gelten würde. Diese „unkomplizierten
Schnellabschüsse“ seien leichter zu ermöglichen als Gesetzesänderungen.
Lemkes Vorschlag bleibt hinter dem zurück, was zum Beispiel der Deutsche
Bauernverband und die FDP fordern. Sie wollen, dass die Bundesregierung der
EU-Kommission den „günstigen Erhaltungszustand“ des Wolfs meldet. Dann
könnten ihrer Meinung nach regionale Obergrenzen für die Tierart festgelegt
werden und alle Wölfe darüber auch ohne vorherige Risse getötet werden.
Deutschlands größte Umweltschutzorganisation, der Naturschutzbund, dagegen
sieht „einige sinnvolle Ansätze“ in Lemkes Vorschlag. Wolfsreferentin Marie
Neuwald lobte, „dass Abschüsse weiterhin nur in Frage kommen, wenn zuvor
Herdenschutz überwunden wurde“.
Ilchmanns AbL begrüßte zwar, dass jetzt bürokratische Hürden für den
Abschuss von „Schadwölfen“ wegfallen sollen. Aber angesichts der ständig
wachsenden Wolfszahlen vermisste sie eine „Perspektive für die Zukunft“.
„Ein aktives Bestandsmanagement des Wolfes auch ohne konkretes Rissereignis
darf für stark belastete Regionen kein Tabu sein!“, so die AbL.
Wolfssichere Zäune zu bauen, ist für Ilchmann keine Option, selbst wenn der
Staat ihm nicht nur wie bisher das Material, sondern auch die Arbeitszeit
bezahlen würde. Denn die unteren Elektrodrähte müssten ständig freigehalten
werden von Grashalmen zum Beispiel, damit der Strom fließt und die
Raubtiere tatsächlich abschreckt. „Ich habe keine Zeit dazu und auch keine
Leute, die das machen könnten“, sagt Ilchmann. „Außerdem überwinden immer
mehr Wölfe angeblich wolfssichere Zäune.“
12 Oct 2023
## LINKS
[1] /Woelfe/!t5019016
[2] https://www.bmuv.de/pressemitteilung/schnellabschuesse-moeglich-machen-arte…
[3] https://www.dbb-wolf.de/mehr/pressemitteilungen/details/aktuelle-zahlen-und…
[4] https://www.dbb-wolf.de/mehr/literatur-download/berichte-zu-praevention-und…
## AUTOREN
Jost Maurin
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