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# taz.de -- Streit in der Linkspartei: Kein Zeitdruck unter dieser Nummer
> Die Linkspartei skandalisiert die Sozialkürzungen der Ampelkoalition und
> hofft auf Protest. Auch, um von ihrem Streit abzulenken.
Bild: Gibt sich entspannt: Noch Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch
Berlin taz | Kurz vor der Linken-Fraktionssitzung stellt sich deren
Vorsitzender Dietmar Bartsch am Montag im Bundestag vor die rote Medienwand
und gibt Auskunft zum wichtigsten Thema der Woche: na klar, der Haushalt.
Bartsch kritisiert die Kürzungen bei den Investitionen, schimpft auf die
Ampel und spricht sich für einen Industriestrompreis aus. Fast könnte man
vergessen, dass er vor [1][zwei Wochen seinen Rückzug als Fraktionschef
angekündigt hat] – wie kurz zuvor schon seine Co-Fraktionschefin Amira
Mohamed Ali.
Und eigentlich wollte die Fraktion an diesem Montag die
Nachfolger:innen der beiden und einen neuen Fraktionsvorstand wählen.
Doch in seltener Einigkeit beschloss die Fraktion zuletzt, die Neuwahl zu
verschieben. Wann eine neue Fraktionsspitze gekürt wird, ist offen. Bartsch
gibt dazu am Montag keine Auskunft: Das sei auf der Vorstandssitzung der
Fraktion am Vormittag überhaupt kein Thema gewesen.
Auch Parteichef Martin Schirdewan versucht am Montag in der Linken-Zentrale
in Berlin einen anderen Akzent zu setzen. „Diese Regierung fährt das Land
sehenden Auges an die Wand“, tönt er und zählt einige der geplanten
Kürzungen im Bundeshaushalt im Bereich Gesundheit, Bafög und Wohngeld auf.
Für Panzer sei genug Geld da, für Sozialleistungen und Demokratieförderung
dagegen nicht – das sei ein „Konjunkturprogramm für die extreme Rechte“.
## Linke fordert Protest gegen Kürzungshammer
Dagegen bräuchte es jetzt einen breit getragenen gesellschaftlichen
Protest. Schirdewan spricht von einem „Kürzungshammer, der auf das Land
zurollt“. Das schiefe Bild soll deutlich machen, wozu es die Linke noch
braucht: Um der Regierung zumindest rhetorisch in den Arm zu fallen und als
Anwalt der „kleinen Leute“, um das Schlimmste zu verhindern.
Die eigenen Probleme bleiben derweil ungelöst. Für den
Linken-Fraktionsvorsitz [2][wagt sich bisher niemand aus der Deckung.] Nur
hinter vorgehaltener Hand werden Namen genannt. Parteichefin Janine Wissler
sagte zuletzt, die Linke wolle bis Ende Oktober ein Ergebnis. Zunächst will
die Partei die Wahlen in Hessen und Bayern im Oktober abwarten.
[3][Schirdewan erklärt am Montag, seine Partei werde sich „nicht unter
Zeitdruck setzen lassen“.]
Fraktion und Partei sind schon länger entfremdet über den Kurs der Partei
und den Umgang mit Partei-Diva Sahra Wagenknecht, die offenbar eine
Konkurrenzpartei plant. In der 39 Mitglieder zählenden Fraktion wird etwa
ein Viertel dem Wagenknecht-Flügel zugeordnet – im Falle einer Neugründung
würden sie wohl die Fraktion verlassen. Dann wäre die Restfraktion nur noch
eine Gruppe im Bundestag.
## Hohes Risiko für Wissler
Gesucht werden also zwei Personen, die alle Lager integrieren. Zu den
Namen, die intern kursieren, [4][zählt die Parteivorsitzende Janine
Wissler.] Doch das Risiko für Wissler ist hoch: Sollte sie durchfallen,
wären auch ihre Tage als Parteichefin gezählt. Das Amt zutrauen würde sich
auch der Leipziger Abgeordnete Sören Pellmann. Er kann mit Wagenknecht,
ohne ihre radikalen Forderungen etwa in der Einwanderungspolitik zu teilen.
Allerdings ist das Zutrauen zu Pellmann in der Fraktion nicht allzu
ausgeprägt.
Immer wieder fällt auch der Name von Gesine Lötzsch. Die
Haushaltspolitikerin sitzt seit zwei Jahrzehnten für die Linke im
Bundestag, kennt alle Höhen und Tiefen. Doch Lötzschs Sitz wackelt: Falls
das Bundesverfassungsgericht im Herbst entscheidet, dass die Bundestagswahl
in Berlin wiederholt wird, würde sie ihr Direktmandat in Berlin-Lichtenberg
wohl verlieren. Und ohne drei Direktmandate wäre die Fraktion insgesamt am
Ende. Die Frage lautet also eher: Wer macht das Licht aus?
4 Sep 2023
## LINKS
[1] /Linke-sucht-nach-neuer-Fraktionsspitze/!5952884
[2] /Krise-der-Linkspartei/!5954748
[3] /Rueckzug-des-Linken-Fraktionschefs/!5950261
[4] /Krise-der-Linkspartei/!5949279
## AUTOREN
Anna Lehmann
Daniel Bax
## TAGS
Ampel-Koalition
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