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# taz.de -- Haushaltspläne der Ampel-Koalition: Teuer bezahlte Budgetkürzungen
> Wiedereingliederung, Migration, Freiwilligendienste, Bafög – bei vielen
> sozialen Leistungen und Projekten wird im Haushalt der Rotstift
> angesetzt.
Bild: Schon jetzt müssen traumatisierte Geflüchtete über sieben Monate auf H…
BERLIN taz | Schon jetzt könne man nur 4,1 Prozent der potenziell
behandlungsbedürftigen Personen versorgen, warnte die Bundesweite
Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und
Folteropfer (BafF) in einer Pressemitteilung im Juli. Die geplanten
Kürzungen im Bundeshaushalt für das Jahr 2024 sind da gerade bekannt
geworden. Schon damals war klar, dass die Aussichten für Organisationen im
Bereich Migration und Integration nicht rosiger werden dürften: Angebote
zur Beratung und Betreuung geflüchteter Menschen verlieren fast 60 Prozent
ihrer Fördermittel, kritisiert die BafF.
Lukas Welz, deren Geschäftsleiter, rechnet infolge der Kürzungen mit
Entlassungen von Fachkräften und Aufnahmestopps, während die Zahl der
Betroffenen immer weiter ansteige: „Die Kürzungen sind auch
gesellschaftspolitisch fatal und zeugen von mangelnder Weitsicht. Die
Bildungs- und Berufsperspektiven der Schutzsuchenden werden zerstört.“
Durchschnittlich 7,2 Monate müssen traumatisierte Geflüchtete aktuell auf
Hilfe warten. Die Folgen werden Welz zufolge alle anderen
gesellschaftlichen Systeme ein Vielfaches dessen kosten, was im Moment für
Beratung ausgegeben werde. Dazu streicht die Ampel auch Mittel für
Integration, Migrationsberatung und für humanitäre Hilfe und
Krisenprävention, die die Bekämpfung von Fluchtursachen zum Ziel hat.
Im Bereich Arbeit sieht die Bundesregierung ebenfalls Kürzungen vor.
[1][Zwar soll das Bürgergeld für arbeitslose Menschen nach dem Wunsch der
Koalition 2024 um 12 Prozent steigen.] Für die Eingliederung, also
Programme, die Langzeitarbeitslosen den Weg zurück in den Arbeitsmarkt
ebnen sollen, sind statt 4,4 Milliarden aber nur noch 4,2 Milliarden Euro
vorgesehen. Ein Jahr zuvor waren die Leistungen hier schon um 400 Millionen
Euro gekürzt worden.
## Vor allem Langzeitarbeitslose von Kürzungen betroffen
Die angekündigten Einsparungen werden zu Reduzierungen der
Beschäftigungsprogramme führen, warnt die BAG Arbeit, ein Zusammenschluss
von Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmen, die sich für die
Integration arbeitsloser Menschen einsetzen. „Dies wird insbesondere die
Förderung für Langzeitarbeitslose betreffen“, schreibt die Organisation in
einer Pressemitteilung. Es erscheine in Zeiten des gravierenden Arbeits-
und Fachkräftemangels völlig unverständlich, bei der Qualifizierung und
Reintegration in Arbeit zu sparen.
Verschärfen könnte sich der Mangel an Arbeitskräften in vielen Bereichen
auch durch [2][die Streichungen bei den Freiwilligendiensten]. 78 Millionen
Euro, also etwa ein Viertel des gesamten Budgets, sollen hier 2024
wegfallen, für 2025 sind weitere Kürzungen geplant. Damit könnte jede
vierte Einsatzstelle für Freiwilligendienste wegfallen, fürchtet der
Wohlfahrtsverband Diakonie.
Neben der Zahl der Plätze würde auch die Vielfalt der Einsatzstellen unter
der Haushaltsplanung der Bundesregierung leiden: „Wer hier spart, nimmt der
Jugend nicht nur eine wichtige Orientierungsperspektive, sondern gefährdet
auch die Zukunft unserer sozialen Infrastruktur“, warnt Maria Loheide,
Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Die Bundesregierung
konterkariere mit ihrer Fiskalpolitik ihre eigenen Pläne, Berufe im
Sozialen und in der Pflege attraktiver zu machen und dem Fachkräftemangel
zu begegnen, so Loheide weiter.
Auch die Kürzungen, die die Bundesregierung beim [3][Bafög für
Schüler:innen und Studierende] vorsieht, würden vor allem zulasten
junger Menschen gehen. Im Koalitionsvertrag hatte man sich eigentlich den
Ausbau der Ausbildungsförderung auf die Fahnen geschrieben. Stattdessen
würde das Budget für Studierende um 440 Millionen auf 1,37 Milliarden und
für Schüler:innen um 212 Millionen auf 551 Millionen schrumpfen. Das
Deutsche Studierendenwerk hatte die Kürzungen deutlich kritisiert und im
Zuge der Debatte rund um das Bürgergeld eine Erhöhung des Bafög-Satzes
gefordert, der bisher nicht an die gestiegenen Lebenshaltungskosten
angepasst worden sei.
Auch die im Koalitionsvertrag angekündigten Strukturreformen, mit denen
mehr Menschen Anspruch auf Bafög hätten, seien mit den Kürzungen nicht
realisierbar: „Mit weniger Geld kann man nicht mehr Studierende fördern
wollen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Studierendenwerks zu den
aktuellen Bafög-Zahlen, die das Statistische Bundesamt am Montag
veröffentlicht hatte.
5 Sep 2023
## LINKS
[1] /Erhoehung-des-Buergergelds/!5957109
[2] /Kuerzungen-bei-Freiwilligendiensten/!5946054
[3] /Beschlossene-Bafoeg-Reform/!5859831
## AUTOREN
Jana Ballweber
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Haushalt
Migration
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Schwerpunkt AfD
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