# taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Angriff per Versöhnungsangebot | |
> Mit vereinter Kraft will der Kanzler Deutschland wirtschaftlich wieder | |
> auf Kurs bringen. Damit nahm er dem Oppositionsführer den Wind aus den | |
> Segeln. | |
Bild: Entschieden: Scholz in der Haushaltsdebatte | |
War das die beste Rede, die Olaf Scholz jemals gehalten hat? | |
Möglicherweise. Es war auf jeden Fall die richtige Rede am richtigen Ort, | |
im richtigen Tonfall. Souverän parierte der Kanzler die erwartbaren | |
Attacken der Opposition, indem er auf diese im Detail gar nicht allzu sehr | |
einging. | |
Stattdessen zauberte er flott einen großen Gegenentwurf aus der Tasche und | |
lud den verdutzten Oppositionsführer Friedrich Merz, der sich vor den | |
Rängen des Bundestags gerade erst in Rage geredet hatte, großmütig dazu | |
ein, einem [1][„Deutschland-Pakt“] für mehr Tempo beizutreten, um die | |
anstehenden Aufgaben zu meistern. Zum Wohle des Landes, natürlich. Scholz | |
beschönigte nicht, was derzeit im Argen liegt. | |
Er machte dafür zwar mal wieder allein die Union verantwortlich – sie habe | |
Bahn und Bundeswehr kaputt gespart, die Digitalisierung, den Ausbau der | |
Erneuerbaren Energien und die Anwerbung von Fachkräften verschlafen, ganz | |
so, als hätte die SPD in den vergangenen Jahren nicht mitregiert. Auch | |
gegenüber der AfD, die er als „Abbruchkommando für unser Land“ bezeichnet… | |
zeigte sich Scholz angriffslustig, und die Augenklappe unterstrich den | |
Eindruck der Entschiedenheit. | |
Doch dann schlug er wieder gewohnt bedächtige Töne an. Mit dem | |
[2][aktuellen Zustand des Landes] könne niemand zufrieden sein, gab Scholz | |
zu. Deshalb bräuchte es jetzt eine „nationale Kraftanstrengung“, um die | |
Infrastruktur zügig zu modernisieren. Sein Aufruf zum Schulterschluss und | |
zur Kooperation richtete sich explizit auch an das eigene Kabinett: Dieses | |
habe „zu viel gestritten“, räumte der Kanzler ein. | |
Trotz der Zumutungen, die der Haushalt in Form von teilweise empfindlichen | |
Kürzungen bereithält, schaffte es Scholz damit, so etwas wie Zuversicht und | |
Optimismus, ja gar Aufbruchstimmung zu verbreiten. Dieser Haushalt stehe | |
für die „Rückkehr zur Normalität“ nach „drei außergewöhnlichen | |
Krisenjahren“, beruhigte er. Und Merz nahm er den Wind aus den Segeln, | |
indem er dem Motto des ehemaligen Bundespräsidenten und SPD-Urgesteins | |
Johannes Rau beherzigte: Versöhnen statt spalten. | |
Dabei wirkte er wie ein gutmütiger Vater, der großzügig über das rüpelhafte | |
Verhalten eines trotzigen Kindes hinwegsieht. Merz muss sich dazu nun | |
verhalten. Gibt er den Staatsmann, der sich kooperativ zeigt? Oder will er | |
weiter in der Trotzecke verharren? So oder so, Scholz hat ihn unter | |
Zugzwang gesetzt. | |
6 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Generaldebatte-im-Bundestag/!5955338 | |
[2] /Deutsche-Wirtschaft-in-der-Flaute/!5947888 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
## TAGS | |
Olaf Scholz | |
Friedrich Merz | |
Bundestag | |
Haushalt | |
Olaf Scholz | |
Generaldebatte | |
Haushalt | |
Friedrich Merz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Reaktionen auf „Deutschlandpakt“: Hendrik Wüst fühlt sich „veräppelt“ | |
Die Bundesländer sind bereit für den „Deutschland-Pakt“ – zumindest laut | |
eigener Aussage. CDU-Ministerpräsidenten sehen darin „nichts Neues“. | |
Generaldebatte im Bundestag: Scholz streckt Merz die Hand aus | |
Kaum hat man sich an die Augenklappe gewöhnt, macht der Kanzler einen neuen | |
Zug. Er bietet der Union einen „Deutschlandpakt“ an. | |
Haushaltspläne der Ampel-Koalition: Teuer bezahlte Budgetkürzungen | |
Wiedereingliederung, Migration, Freiwilligendienste, Bafög – bei vielen | |
sozialen Leistungen und Projekten wird im Haushalt der Rotstift angesetzt. | |
Steuer-Äußerungen des CDU-Chefs: Umverteilung à la Merz | |
Für Friedrich Merz ist ein höherer Spitzensteuersatz denkbar. Doch wer auf | |
eine neue CDU hofft, täuscht sich. |