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# taz.de -- Haushaltsentwurf der Ampel für 2024: Sparen schadet
> Die Ampelkoalition präsentiert ihren Haushaltsentwurf für 2024: Trotz
> Krise soll eingespart werden, kaum investiert und noch weniger saniert.
> Ein Fehler.
Bild: Finanzminister Christian Lindner: Schulden machen geht gar nicht
Fast muss man Christian Lindner bewundern. Der Finanzminister hat es trotz
Klimakrise und Ukrainekrieg geschafft, einen hart auf Kante genähten
Haushalt aufzustellen und dabei weitgehend auf neue Schulden zu verzichten.
Die könne man sich einfach nicht mehr leisten, so Lindner, als er den
Haushalt am Mittwoch in den Bundestag einbrachte. Getreu dem Motto: Man
kann nur ausgeben, was man auch erwirtschaftet. Klingt total einleuchtend.
Ist aber falsch.
Denn Schulden sind nicht per se schlecht. Entscheidend ist, wofür man sie
macht. Schulden zahlen sich aus, wenn man das Geld investiert: in Bildung,
Windparks und Solaranlagen und neue Industriezweige. Indem man also den
Klimawandel bekämpft, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt und den
Strukturwandel meistert.
Nicht zu investieren, um bloß keine neuen Schulden zu machen, wird
umgekehrt teuer. Dann gerät auch eine starke Volkswirtschaft schnell ins
Hintertreffen. In den USA hat das die Regierung von Joe Biden erkannt und
investiert in dreistelliger Milliardenhöhe in Infrastruktur, grüne
Technologien und Arbeitsplätze.
## Die Ampel setzt auf Hoffnung
Und Deutschland? Schaut gebannt zu. Bundeskanzler Olaf Scholz betont zwar
gern, dass man vor der größten Transformation seit der industriellen
Revolution stehe, ein deutsches Pendant zu der Bidenomics, die
Scholzenomics, gibt es aber bislang nicht. Die Ampel hofft, dass sich das
grüne Wirtschaftswunder irgendwie von selbst einstellt, [1][setzt mit dem
Wachstumschancengesetz auf finanzielle Anstubser], scheut aber den Schub.
Unterdessen schwächelt die Wirtschaft das dritte Quartal in Folge, die
[2][Unternehmen klagen über hohe Energiepreise] und fehlende Fachkräfte.
Klar, die Regierung rotiert und versucht alle Versäumnisse der Ära Merkel
gleichzeitig aufzuholen: erneuerbare Energien und Netze aus- und Bürokratie
abzubauen. Und lobt sich für 54 Milliarden Euro an neuen Investitionen im
aktuellen Haushalt. Doch das reicht nicht. Allein für den Ausbau von
Schienen, Straßen, Brücken fehlen 370 Milliarden Euro. Für die Sanierung
von Schulen wären 50 Milliarden Euro nötig. Die 20 Prozent der
Grundschüler:innen, die heute nicht richtig lesen und schreiben können,
fehlen morgen als Fachkräfte.
Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau schätzt die Kosten der
Transformation auf 5 Billionen Euro bis Mitte des Jahrhunderts. Was fehlt,
ist ein langfristiger politischer Plan, wie diese gemeistert werden kann.
Derzeit stranguliert sich die Ampel selbst, indem sie zwar einerseits keine
Schulden machen will, aber andererseits darauf verzichtet, riesige Vermögen
und [3][Gewinne abzuschöpfen]. Lindner agiert wie die Hausfrau im
Reihenhäuschen, die das Geld zusammenhält, während die Nachbar:innen
anbauen und das Dach mit Photovoltaik pflastern. Dafür werden sie ihn
belächeln. Aber nicht bewundern.
5 Sep 2023
## LINKS
[1] /Regierungsklausur-in-Schloss-Meseberg/!5953332
[2] /Debatte-um-Industriestrompreis/!5953331
[3] /Uebergewinnsteuer-in-Italien/!5953425
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Haushalt
Christian Lindner
Schuldenbremse
Sanierung
Transformation
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Das Milliardenloch
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