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# taz.de -- FDP-Politikerin gibt Studierenden Tipps: Lifehacks gegen Armut
> Die FDP-Politikerin Ria Schröder hat revolutionäre Geheimtipps am Start,
> wie arme Menschen studieren sollen. Doch von welcher Realität spricht sie
> da?
Bild: Ria Schröder, FDP, posiert im Fußballkäfig in Berlin-Wedding
Letzte Woche gab die FDP-Politikerin Ria Schröder dem [1][Spiegel ein
Interview], in dem sie zeigt, dass sie Studierende an der Armutsgrenze
nicht ernst nimmt. Dass von oben herab auf Studierende geschimpft und
geurteilt wird, ist zwar nicht neu, doch jedes Mal aufs Neue bitter.
Ein Drittel der Studierenden ist armutsgefährdet, gibt das statistische
Bundesamt an. Dieses Drittel muss wohl irgendwas falsch machen. Denn
Schröder meint, das sei alles machbar. Wie? Darauf gibt sie Antworten.
Die Interviewte besuchte ab 2010 die Bucerius Law School in Hamburg, die
damals etwa 1.230 Euro im Monat kostete. Rechnet man das auf fünf Jahre
Jura Studium hoch, kommt man auf 74.000 Euro. Dennoch spricht sie im Namen
der BAföG-Beziehenden. Sie habe ihr Studium nämlich mit BAföG, einem
Studienkredit, einem Nebenjob und einem monatlichen 200-Euro-Zuschuss von
ihren Eltern finanziert.
## Ein Drittel der Studierenden armutsgefährdet
[2][Sie spricht davon, sparsam gelebt zu haben.] Im Urlaub ins Hostel,
statt ins Hotel gegangen zu sein, billige Notizbücher gekauft und oft in
der Mensa gegessen zu haben. Das Drittel der Studierenden, das
armutsgefährdet ist, wird sich diese revolutionären Geheimtipps sicher zu
Herzen nehmen. Denn wer kennt sie nicht, die armen Studis, die zwar kaum
ihre Miete zahlen können, aber sich weigern auf billigem Papier zu
schreiben? Mit der Schröder-Taktik zur Armutsbekämpfung werden sie darauf
verzichten müssen.
Die [3][FDP]-lerin gibt weitere Tipps. Sie findet beispielsweise, arme
Student_innen haben nicht in teuren Städten zu leben. In denen befinden
sich zwar oft die besseren Universitäten, aber leider auch die teureren
WG-Zimmer. Nicht alle müssen sich das Beste leisten können. Nicht alle
dürfen an Hamburger Elitehochschulen studieren.
Außerdem empfiehlt sie einen Job neben dem Studium. „[…] Es tut gut, einmal
zu sehen, dass Arbeit nichts Schlechtes ist: Man bekommt Geld, Erfahrung
und es macht mehr Spaß, als zu Hause rumzuhängen und durch Instagram zu
scrollen.“ sagt Schröder in dem Interview.
Niemand, den ich während meines Studiums kennengelernt habe, hat nicht
gearbeitet. Besonders nicht diejenigen, die währenddessen noch BAföG
bezogen. Die sogenannten Werkstudentinnen-Jobs sind schlecht bezahlt,
obwohl man oft die gleiche Arbeit wie seine Teil- oder Vollzeitkolleginnen
erledigt.
## Ungerechtigkeit im System
Diese Ungerechtigkeit ist ins System eingebaut. Einige Unternehmen würden
ohne die Arbeitskraft von schlechtbezahlten Werkstudentinnen oder
Praktikantinnen im Studium gar nicht funktionieren. Wenn es gut läuft, wird
man als Werkstudentin mit einem Gehalt knapp über dem Mindestlohn bezahlt,
im Praktikum geht man oft ganz leer aus.
Arbeit bringt zwar etwas Geld – [4][wenn man den Großteil davon nicht über
daraus resultierenden BAföG-Kürzungen oder Krankenkassenabgaben wieder
verliert] – aber bedingt auch, dass weniger Zeit fürs Studium übrigbleibt.
Oft verzögert es sich um einige Semester, was sich wiederum negativ auf das
BAföG auswirkt. Im schlimmsten Fall schafft man nicht, das Studium zu
beenden. Die, die es nicht packen, wären laut Schröder „besser in einer
Ausbildung aufgehoben gewesen“. FDP-Darwinismus.
## „Besser in der Ausbildung aufgehoben“
Die meisten Studierenden werden Ria Schröder trotz allem recht geben: Ja,
man schafft das Studium letztendlich. Irgendwie kommt man aus der Nummer
wieder raus, ob mit Abschluss oder ohne. Aber müssen arme Studierende dafür
leiden?
Die vielen Anträge, die nie enden wollenden Rechnungen, die Schulden, die
man angehäuft hat und danach abbezahlen muss, wenn man denn einen gut
bezahlten Job bekommt. Dazu kommen die Interviews mit FDP-Poltikerinnen,
die man danach lesen werden muss, und die einem sagen, dass man selbst
schuld an seinem Leid gewesen sei.
3 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/start/ria-schroeder-die-fdp-politikerin-ueber-bafoeg…
[2] /Studie-der-Boeckler-Stiftung/!5970692
[3] /Sozialpolitik-der-FDP/!5833772
[4] /Geldnot-im-Studium/!5949736
## AUTOREN
Valérie Catil
## TAGS
FDP
Bildung
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Haushalt
Kolumne Schnelle Brille
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