# taz.de -- Linken-Fraktionschef tritt nicht mehr an: Dietmar Bartsch reicht es | |
> Der Fraktionschef der Linken wird bei der Vorstandswahl nicht erneut | |
> kandidieren. Ohnehin ist fraglich, wie lange es die Linksfraktion noch | |
> gibt. | |
Bild: Linken-Fraktionsvorsitzender Bartsch bei der Pressekonferenz am 16. August | |
BERLIN taz | Die Linksfraktion im Bundestag steht vor einem personellen | |
Umbruch. [1][Nach Amira Mohamed Ali] hat nun auch Dietmar Bartsch | |
mitgeteilt, bei der Neuwahl am 4. September nicht mehr für den Vorsitz zu | |
kandidieren. Anders als sie verband er seine Ankündigung weder mit Attacken | |
auf innerparteiliche Gegner:innen noch [2][mit einem Abgesang auf die | |
Linkspartei]. Er werde sich „nicht negativ über die aktuelle Situation | |
äußern, sondern darum kämpfen, dass die Linke wieder auf die Erfolgsspur | |
kommt“, sagte Bartsch am Mittwoch in Berlin. | |
Seinen Entschluss hatte der den Linken-Abgeordneten am Mittwochmittag | |
schriftlich mitgeteilt. Bartsch steht seit 2015 der Fraktion vor, zunächst | |
gemeinsam mit Sahra Wagenknecht, seit 2019 mit Mohamed Ali. | |
Die Entscheidung, nicht mehr für den Vorsitz zu kandidieren, sei „lange vor | |
der letzten Bundestagswahl gefallen“, heißt es in dem Schreiben. In den | |
vergangenen Tagen und Wochen hätten ihn zwar viele „heftig gedrängt, in | |
dieser für die Partei nicht leichten Situation noch einmal zu kandidieren“. | |
Doch letztlich sei er bei seiner Entscheidung geblieben. | |
Er habe oft erlebt, „wie unserer Partei der Untergang prophezeit wurde“, | |
schreibt der 65-Jährige zur Krise der Linken. „Gemeinsam haben wir das | |
Blatt jedes Mal gewendet.“ Viele würden aktuell wieder über das Ende der | |
Linkspartei schwadronieren. „Sie werden sich ein weiteres Mal irren, wenn | |
die Werte, um die wir in der Gesellschaft kämpfen, wie Menschlichkeit, | |
Solidarität, Herzlichkeit und viel Lächeln, wieder unser Handeln bestimmen | |
und wir zugleich aus der Geschichte linker Parteien die notwendigen | |
Schlussfolgerungen ziehen“, so Bartsch in seiner Mitteilung an seine | |
Fraktionskolleg:innen. | |
Auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz im Reichstag betonte | |
Bartsch, dass sein Rückzug von der Fraktionsspitze keineswegs heiße, dass | |
er „in irgendeiner Weise die Linke aufgegeben“ habe. „Das Gegenteil ist d… | |
Fall“, sagte er. Selbstverständlich werde er sich denn auch dafür | |
einsetzen, „dass es auch im nächsten Bundestag eine linke Fraktion gibt“. | |
Allerdings ist es höchst fraglich, dass die Linksfraktion überhaupt die | |
gegenwärtige Legislaturperiode überlebt. Ex-Fraktionschefin Wagenknecht hat | |
angekündigt, sich bis zum Ende des Jahres zu entscheiden, ob sie [3][eine | |
eigene Partei] gründen will. Vieles spricht dafür, dass sie es tut. | |
Die Vorbereitungen ihrer politischen Vertrauten für eine Abspaltung laufen | |
jedenfalls bereits auf Hochtouren. Wenn es so kommt, wäre das auch das Ende | |
der Linksfraktion. Denn verliert sie nur drei Mitglieder, ist der | |
Fraktionsstatus futsch. Neben Wagenknecht könnten sich zwischen sieben und | |
elf Abgeordnete an dem anvisierten neuen „linkskonservativen“ Projekt | |
beteiligen, heißt es aus Fraktionskreisen. Dann bliebe den übrigen | |
Linken-Abgeordneten nur noch die Möglichkeit, eine Gruppe zu bilden, mit | |
weniger Rechten und Ressourcen. | |
Die beiden Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan dankten | |
Bartsch in einer gemeinsamen Erklärung „für die Zusammenarbeit, die | |
Offenheit und klaren Worte“. Sie seien in den vergangenen Tagen in einem | |
engen Austausch mit ihm gewesen, hätten großen Respekt für seine | |
Beweggründe und bedauerten seine Entscheidung. „Wir wissen, dass wir mit | |
ihm immer einen Verbündeten haben im Kampf um eine starke und geeinte | |
Linke“, so Wissler und Schirdewan. | |
Wer Bartsch, Mohamed Ali und auch dem Ersten Parlamentarischen | |
Geschäftsführer Jan Korte, der schon vor Monaten seinen Rückzug angekündigt | |
hat, nachfolgen wird, gilt als offen. Darüber will die zerstrittene | |
Linksfraktion auf einer zweitägigen Klausurtagung Ende August beraten. Den | |
Parteivorsitzenden steht für die Besetzung der Fraktionsspitze ein | |
Vorschlagsrecht zu. Unklar ist jedoch derzeit noch, ob sie es auch ausüben | |
wollen. | |
16 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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