| # taz.de -- Notunterkünfte in Berlin: Für Flüchtlinge wird es noch enger | |
| > Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) fordert ein neues Verteilsystem | |
| > für Flüchtlinge. Stadtstaaten hätten zu wenige Flächen. | |
| Bild: Vier Betten, wenig Platz: Schlafquartier des Ankunftszentrums auf dem ehe… | |
| BERLIN taz | Weil Berlin die Unterkünfte für Flüchtlinge ausgehen, will | |
| Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) nun an der bundesweiten Verteilung | |
| rütteln. „Wir brauchen eine Reform des Königsteiner Schlüssels und eine | |
| Sonderregel für Stadtstaaten wie Berlin“, sagte die SPD-Politikerin am | |
| Montag. Der Königsteiner Schlüssel regelt, wie viele Flüchtlinge ein | |
| Bundesland aufnimmt. Er richtet sich nach dem Steueraufkommen und der | |
| Einwohnerzahl der Länder. Berlin nimmt demnach 5,2 Prozent der in | |
| Deutschland ankommenden Flüchtlinge auf. Nach Brandenburg kommen 3 Prozent. | |
| Kiziltepe will erreichen, dass zukünftig verfügbarer Wohnraum, Armutsquoten | |
| und andere soziale Parameter einbezogen werden. Sie begründet ihren Vorstoß | |
| damit, dass Berlin nur begrenzt Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte zur | |
| Verfügung hätte. Sie sei dazu mit Hamburg und Bremen im Gespräch. Aus | |
| Bremen hieß es allerdings laut dpa, das „Thema sei vor Monaten mal | |
| aufgekommen, dann aber im Sande verlaufen“. | |
| Laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) hat Berlin [1][im | |
| ersten Halbjahr rund 16.000 Geflüchtete aufgenommen], 7.473 sind | |
| Asylsuchende, 8.502 sind Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit einem | |
| anderen Aufenthaltsstatus. Die Zahl der Asylsuchenden ist im Vergleich zum | |
| Vorjahreszeitraum um 50 Prozent gestiegen, die Zahl der Flüchtlinge aus der | |
| Ukraine ging leicht zurück. | |
| Kiziltepe geht davon aus, dass bis Ende des Jahres noch mal 10.000 bis | |
| 12.000 Flüchtlinge nach Berlin kommen werden. Um diese unterzubringen, | |
| plant die Senatorin demnach auch mit dezentralen, zeltähnlichen Hallen. | |
| „Kurzfristig werden wir nicht alle diese Menschen in Wohnungen unterbringen | |
| können“, sagte die Senatorin. „Es ist eine Notvariante, die wir als | |
| zeitlich begrenzte Lösung sehen.“ | |
| ## Tempelhof nicht ausweiten | |
| Anfang Juni hatte Berlins [2][CDU-Fraktionsvortizender Dirk Stettner schon | |
| einmal Zeltstädte] ins Gespräch gebracht, etwa auf dem Tempelhofer Feld. | |
| Diese Forderung hatte er am Montag gegenüber der dpa bekräftigt. Dagegen | |
| sagte Kiziltepe: „Wir werden das Flugfeld oder die ehemaligen Terminals | |
| nicht zu einer weiteren großen Notunterkunft ausweiten.“ | |
| In Unterkünften des LAF sind derzeit laut Sozialverwaltung rund 32.000 | |
| Menschen untergebracht, nur rund 500 Plätze sind frei. Auf dem ehemaligen | |
| Flughafengelände Tegel leben derzeit [3][2.500 Menschen in | |
| Leichtbauhallen]. Das dortige Ankunftszentrum ist nach jetzigem Stand bis | |
| Ende Juni 2024 genehmigt. „Ich will, dass bei großen Bauprojekten immer ein | |
| Anteil an Wohnungen für Geflüchtete eingeplant wird“, sagte Kiziltepe. „D… | |
| schafft echte und schnelle Integration in unsere Gesellschaft und vermeidet | |
| Verteilungskämpfe auf dem Wohnungsmarkt.“ Verbindliche Zusagen für diese | |
| Forderung hat sie noch nicht. | |
| Für den Flüchtlingsrat Berlin sind neue Verteilschlüssel sowie Zeltstädte | |
| und Leichbauhallen falsche Ansätze. Im Gespräch mit der taz sagte Georg | |
| Classen: „Wir sind dagegen, mehr Flüchtlinge auf das flache Land zu | |
| verteilen.“ Berlin habe eine gute Infrastruktur mit Beratungsstellen, | |
| kulturellen Angeboten, Communities und Anwälten. „Hier finden Flüchtlinge | |
| besser Anschluss an die Gesellschaft“. Sinnvoller sei es, den Zugang zu | |
| Wohnungen zu verbessern und dafür mehr Beratungsangebote zu schaffen, und | |
| außerdem Lagerpflicht und Wohnsitzauflagen abzuschaffen. | |
| ## Beratung für die Wohnungssuche | |
| „Qualifizierte Beratung von der Wohnungssuche bis zur Anmietung führt | |
| unserer Erfahrung nach durchaus dazu, dass viel mehr Geflüchtete eine | |
| Wohnung bekommen“, so Classen. „Da stehen die Behörden in der | |
| Verantwortung, denn da könnten sie viel sparen“, sagte er angesichts der | |
| hohen Kosten für Unterkünfte. | |
| Von den Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, [4][lebten | |
| vergleichsweise viele bereits in Wohnungen]. Classen führt das darauf | |
| zurück, dass sie an dem Ort bleiben dürfen, an dem sie eine Wochnung | |
| finden. Asylsuchende werden auch dann an einen anderen Ort verteilt, wenn | |
| sie etwa bei Angehörigen in Berlin wohnen könnten. „Lockerungen in diesem | |
| Sinn würden die Unterbringung wirklich erleichtern“, sagte Classen. Damit | |
| dürften Flüchtlinge aus Berlin auch eine Wohnung in Brandenburger Gemeinden | |
| mieten, etwa an der Stadtgrenze. | |
| 31 Jul 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.berlin.de/laf/ankommen/aktuelle-ankunftszahlen/artikel.625503.p… | |
| [2] /Appell-an-schwarz-roten-Senat/!5936262 | |
| [3] /Fluechtlinge-aus-der-Ukraine/!5943629 | |
| [4] /Gefluechtete-aus-der-Ukraine/!5859774 | |
| ## AUTOREN | |
| Uta Schleiermacher | |
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