# taz.de -- Berlins schwarz-rote Landesregierung: Senat setzt auf Sondergremium | |
> Eine Taskforce soll bei der Unterbringung von 12.000 weiteren | |
> Flüchtlingen bis Jahresende helfen. Nach der Senatsklausur im Juni soll | |
> sie starten. | |
Bild: Soll mit dem Regierungschef die Task Force zu Flüchtlingen leiten: Sozia… | |
BERLIN taz | Der Senat wird nächste Woche die vom neuen Regierungschef Kai | |
Wegner (CDU) angekündigte Taskforce zu Flüchtlingsfragen einsetzen. Das war | |
am Dienstag in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung von der neuen | |
Sozialsenatorin Cansel Kinziltepe (SPD) zu hören, die das Gremium mit | |
Wegner leiten soll. Die Taskforce solle nach einer Klausurtagung der | |
schwarz-roten Regierung am 10. und 11. Juni ihre Arbeit aufnehmen und die | |
Unterbringung von Flüchtlingen beschleunigen. Der Begriff Taskforce kommt | |
aus dem Militärischen und beschreibt die zeitweilige Zusammenarbeit | |
eigentlich getrennter Einheiten – in diesem Fall der Senatsverwaltungen für | |
Soziales, Bildung und möglicherweise auch Inneres. | |
Laut Kiziltepe wird Berlin bis Jahresende rund 12.000 weitere Flüchtlinge | |
unterbringen müssen. Derzeit reichen die verfügbaren Plätze teils nur für | |
eine Notunterbringung aus: Im als reines Ankunftszentrum gedachten | |
Ex-Flughafen Tegel, wo Flüchtlinge nur wenige Tage bleiben sollten, leben | |
sie laut Kiziltepe derzeit durchschnittlich vier Monate. Angestrebt ist | |
offenbar, schnellstmöglich drei weitere Gebäude des Typs „Modulare | |
Unterkünfte für Flüchtlinge“, kurz Mufs, zu bauen. Kiziltepe ließ auf eine | |
entsprechende Frage hin offen, ob diese noch bis Ende dieses Jahres fertig | |
werden könnten. | |
Sie drängte auf eine gleichmäßige Verteilung der neuen Flüchtlinge auf die | |
ganze Stadt und alle zwölf Bezirke – das wären dann jeweils 1.000. Sie | |
kritisierte, dass bislang nicht alle Bezirke ihrer Verantwortung nachkommen | |
würden, und wurde auf Nachfrage hin konkreter: „Friedrichshain-Kreuzberg, | |
mein ehemaliger Wahlkreis, könnte da noch ein bisschen mehr Engagement | |
zeigen.“ | |
Der Tegeler Ex-Flughafen wird dabei auch längerfristig eine wichtige Rolle | |
spielen. Noch der rot-grün-rote Senat hatte [1][in seiner letzten Sitzung | |
am 25. April beschlossen], das dortige Terminal C bis mindestens Ende | |
September zu nutzen, und zudem eine Option auf Verlängerung bis Jahresende | |
eingeräumt. Die damals noch Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey | |
(SPD) kündigte dabei schon an, dass das mutmaßlich nicht reichen werde und | |
das Terminal bis ins Jahr 2024 hinein genutzt wird. Die Planung für die | |
Folgenutzung des Ex-Flughafens sollte nach ihren Worten nicht davon | |
betroffen sein. | |
Dass die Flüchtlinge dort statt weniger Tage durchschnittlich vier Monate | |
verbringen, „das geht einfach nicht“, sagte Senatorin Kiziltepe am | |
Dienstag. Hinnehmen mag sie auch nicht, dass derzeit 1.600 | |
Flüchtlingskinder aus Platzmangel keinen regulären Unterricht in einer | |
Schule hätten. Sie hofft auf ein Sonderbaurecht, auf das sich die 16 | |
Ministerpräsidenten beim Flüchtlingsgipfel mit dem Kanzler vergangene Woche | |
einigten. Wie beim [2][Sonderbaurecht für Flüchtlingsunterkünfte] würde das | |
auch den Schulbau beschleunigen. Neue Schulen sollen aus ihrer Sicht | |
möglichst nahe bei den neuen Unterkünften entstehen. | |
Kiziltepe zeigte sich aber enttäuscht, dass die Bundesregierung bei dem | |
Treffen mit den Ländern lediglich eine Milliarde Euro zusätzlich für die | |
Flüchtlingskosten angeboten hat. Der Berliner Anteil daran beträgt 50 | |
Millionen – „das ist leider ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte die | |
Senatorin. Auch Regierungschef Wegner war nicht ganz zufrieden mit dem | |
Ergebnis des Gipfels: „Ich hätte mir mehr gewünscht“, hatte er am | |
Donnerstag im Abgeordnetenhaus gesagt. Er zeigte sich nach seiner ersten | |
Teilnahme an der Ministerpräsidentenkonferenz aber beeindruckt von der | |
Einigkeit aller Landesregierungen jenseits von Parteifarben. | |
Kiziltepe hoffte am Dienstag darauf, dass der Betrag noch der jeweiligen | |
Entwicklung angepasst wird, wie beim Flüchtlingsgipfel ebenfalls | |
diskutiert. Ein „atmendes Finanzierungsmodell“ hatte das vorige Woche | |
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) genannt. Nach seinen Zahlen gab das Land | |
Berlin 2021 Land Berlin im vergangenen Jahr 943,7 Millionen Euro für die | |
Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aus und bekam vom Bund 213,3 | |
Millionen davon erstattet, also weniger als ein Viertel. | |
Wo der Senat im Juni in Klausur geht und sich dort auch mit dem | |
Flüchtlingsthema befasst, mochte Regierungssprecher Michael Ginsburg noch | |
nicht sagen. Der rot-grün-rote Senat hatte zu Beginn seiner Amtszeit im | |
Januar 2022 westlich von Berlin [3][im Landgut Stober bei Nauen getagt]. | |
16 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2023/pressemitte… | |
[2] /Umstrittenes-Bauprojekt-in-Pankow/!5921140 | |
[3] /Senatsklausur-auf-dem-Landgut-Stober/!5826319 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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