# taz.de -- Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt: Scholz will effizienter abschieben | |
> Bund und Länder haben sich eine Milliarde Euro für die Länder geeinigt. | |
> Kanzler Scholz redet aber vor allem über beschleunigte Asylverfahren. | |
Bild: Fröhlicher Abschieben: Scholz, Weil und Wüst am Abend nach dem Gipfel i… | |
BERLIN afp/dpa/epd/taz | Bund und Länder haben sich beim Flüchtlingsgipfel | |
im Kanzleramt nach stundenlangen Verhandlungen geeinigt. Der Bund stellt | |
den Ländern in diesem Jahr nun eine Milliarde Euro zusätzlich für die | |
Versorgung von Flüchtlingen bereit. Eine Grundsatzentscheidung über | |
dauerhaft höhere Bundesmittel für die Flüchtlingskosten wurde jedoch | |
vertagt. Das geht aus einem Beschluss hervor, den die Ministerpräsidenten | |
am Mittwochabend mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vereinbart haben. Die | |
Grundsatzentscheidung soll demnach bei der nächsten regulären Sitzung im | |
November fallen. | |
Der Beschluss formuliert zudem Maßnahmen für beschleunigte Asylverfahren | |
und konsequentere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. Unter anderem | |
verspricht die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Georgien | |
und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten einzustufen. | |
Der Bundeskanzler hat sich mit der Atmosphäre des Flüchtlingsgipfels mit | |
den Ministerpräsidenten zufrieden gezeigt. Das Treffen sei „konstruktiv und | |
gut“ gewesen, sagte Scholz am Mittwochabend nach den Beratungen im | |
Kanzleramt. „Ich finde, das ist ein guter Tag des deutschen Föderalismus, | |
den wir heute haben.“ Es sei gut für die Demokratie, gemeinsam Lösungen zu | |
entwickeln. | |
Dann widmete er sich ausführlich den geplanten Änderungen bei der | |
Abschiebungen. Die große Aufgabe sei es, „die irreguläre Migration zu | |
steuern und zu begrenzen.“ Deshalb werde Deutschland ganz neue Arten von | |
Migrationspatenschaften abschließen. Man werde sich mit anderen Ländern | |
verständigen über den Zuzug von Fachkräften treffen, aber auch über die | |
Rücknahme der Staatsbürger, „wenn sie hier nicht bleiben können“. | |
Bund und Länder seien sich auch einig, dass man den Schutz der | |
EU-Außengrenzen voranbringen müsse, erklärte Scholz. Es sei aber auch | |
„wichtig, dass wir unsere eigenen Grenzen gut bewachen“, sagte Scholz am | |
Mittwochabend nach dem Flüchtlingsgipfel mit den Ländern. Er verwies dabei | |
auf die bestehenden Kontrollen zu Österreich und sagte: „Wir werden | |
lageabhängig auch bei weiteren Anrainerstaaten ähnliche Schritte ergreifen | |
beziehungsweise die Intensivierung von Schleierfahndung vornehmen.“ | |
„Wir brauchen alle Möglichkeiten, Asylverfahren zu beschleunigen“, erklär… | |
der Kanzler. Dazu diene zum Beispiel die Deklaration von Staaten mit | |
EU-Beitrittsperspektive wie Georgien und Moldau zu sicheren | |
Herkunftsstaaten. | |
## Verlängerter Ausreisegewahrsam | |
Um Ausreisepflichten auch durchzusetzen, werde man unter anderem die | |
Informationsmöglichkeiten zwischen Justiz- und Ausländerbehörden | |
verbessern. Zudem hätten sich Bund und Länder darauf verständigt, die | |
maximale Dauer des Ausreisegewahrsams von derzeit 10 auf 28 Tage zu | |
verlängern, sagte Scholz. Es gehe um ein „effizientes System“, das | |
gewährleiste, dass Schutzbedürftige Asyl beantragen können, aber auch dass | |
diejenigen, die nicht bleiben können, zurückkehren.Über solche | |
Verschärfungen war bereits im Vorfeld des Gipfels diskutiert worden. | |
[1][Sie waren bei den Grünen auf Ablehnung gestoßen.] | |
Erst ganz am Ende sprach der Kanzler über die von den Ländern geforderte | |
finanzielle Unterstützung. | |
In den ersten vier Monaten des Jahres wurden in Deutschland laut Bundesamt | |
für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 101.981 Erstanträge auf Asyl gestellt. | |
Das waren 78 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Viele Kommunen sehen | |
sich bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge an der | |
Belastungsgrenze. | |
Die Regierungschefs und -chefinnen der Länder waren mit großer Einigkeit in | |
die Beratungen über die Folgen der zuletzt deutlich gestiegenen Zahl von | |
Flüchtlingen und Asylbewerbern gegangen. Länder und Kommunen wollen | |
[2][eine stärkere und dauerhafte Beteiligung des Bundes] an [3][der | |
Finanzierung der Unterbringung], Versorgung und Integration der | |
Schutzsuchenden. Der Bund hatte vor Beginn des Treffen auf seine bereits | |
geleisteten Beiträge in Milliardenhöhe verwiesen. | |
Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen hatten die Regierungschefs | |
der Länder bei dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ihre | |
Forderung nach einer dauerhaften zusätzlichen finanziellen Unterstützung | |
durch den Bund bekräftigt. | |
Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen war am Mittwoch im Kanzleramt bis zum | |
Abend in unterschiedlich besetzen Runden verhandelt worden. | |
Zwischenzeitlich berieten beide Seiten getrennt voneinander. Die | |
Ministerpräsidentinnen und -präsidenten hatten vor Beginn des | |
Flüchtlingsgipfels klar gemacht, sie wollten mehr als eine Einmalzahlung. | |
Der Bund hatte seinerseits auf bereits geleistete Beiträge in | |
Milliardenhöhe verwiesen. Die Länder fordern jedoch ein System, bei dem die | |
Zahlungen des Bundes automatisch steigen, wenn mehr Menschen ins Land | |
kommen, die versorgt werden müssen. | |
10 May 2023 | |
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