# taz.de -- Empfangsangebot am Hauptbahnhof: Es geht nach Tegel | |
> Ukrainer*innen müssen mit weniger Empfangsangeboten an | |
> Ankunftsbahnhöfen rechnen. Die Ressourcen bündeln sich künftig in Tegel. | |
Bild: DRK-Helfer und Container sind am Sonntag weg. Wer Hilfe braucht, muss nac… | |
Berlin taz | Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) fährt zum | |
1. Oktober das Empfangsangebot für Geflüchtete aus der Ukraine am Berliner | |
Hauptbahnhof und am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) komplett runter. Grund | |
dafür seien die sinkenden Ankunftszahlen ukrainischer Geflüchteter in | |
Berlin, so das LAF. | |
Demnach seien in den vergangenen Wochen täglich nur noch rund 250 | |
Ukrainer*innen am Hauptbahnhof und am ZOB angekommen. Zum Vergleich: Als | |
im März 2022 die „Welcome Hall“ auf dem Washingtonplatz als | |
Erstbetreuungszentrum aufgestellt wurde, waren es bis zu 10.000 Menschen. | |
Im Oktober vergangenen Jahres hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) die | |
offizielle Erstbetreuung an den Haupt-Ankunftsorten übernommen. Anstelle | |
des Zeltes steht seitdem ein Container auf dem Washingtonplatz in dem die | |
„Welcome Guides“ Ukrainer*innen Erstorientierung bieten, bei Weiterreise | |
ins Ankunftszentrum Tegel unterstützen und kostenlose Bahntickets zur | |
Weiterreise ausgeben sollen. | |
Neben dem DRK-Container steht freilich noch ein weiterer: der des | |
Freiwilligenkollektivs Berlin Arrival Supports (BAS). Und auch der soll | |
jetzt weg. Aber der Reihe nach. | |
## Hinweisschilder statt persönlicher Beratung | |
Das BAS unterstützt Ukrainer*innen dort, wo staatliche Hilfsstrukturen | |
versagen. Könnten die „Welcome Guides“ lediglich vor Ort helfen, begleite | |
BAS Ukrainer*innen auch zu anderen Bahnhöfen und stehe mit | |
Hilfsorganisationen in Kontakt, sagt Helferin Christa. „Es ist schwer | |
vorstellbar, in welchem Zustand die Leute hier ankommen“, sagt Helferin | |
Inna. Die Geflüchteten seien durch den Stress der Flucht häufig | |
desorientiert und bräuchten erst einmal einen Ort, an dem sie sich | |
zurückziehen können. Diesen würde BAS in ihrem Container liefern. | |
Ab Montag macht das Land Berlin nun dicht. Die offiziellen Infopoints | |
werden abgebaut. Die „Ressourcen zur Unterstützung“ sollen dann [1][im | |
Ankunftszentrum Tegel] „gebündelt“ werden. Monika Hebbinghaus vom LAF sagt, | |
an den Bahnhöfen seien ja „Hinweise zum Ukraine-Ankunftszentrum | |
ausgeschildert“. Überhaupt würden sich die Geflüchteten über die | |
mehrsprachigen Informationen im Netz und über die Ukraine-Hotline | |
informieren können, so Hebbinghaus zur taz. | |
Am Hauptbahnhof zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Ausschilderungen | |
sind nur vereinzelt zu finden, und an den Gleisen 13 und 14, wo die Züge | |
aus Richtung Polen ankommen, gibt es derzeit gar keine Hinweisschilder. Und | |
dann ist da noch die Sache mit den Fahrkarten: „Bisher haben ankommende | |
Ukrainer*innen am eToken-Stand im Untergeschoss des Bahnhofs direkt | |
Tickets bekommen“, sagt BAS-Helferin Christa. | |
Dadurch hätten die Geflüchteten selbstständig entscheiden können, wohin sie | |
weiterreisen. Auch das soll sich nun ändern. Nach Auskunft das LAF sollen | |
kostenlose Tickets künftig nur noch nach erfolgter Registrierung über das | |
Ankunftszentrum in Tegel ausgegeben werden. Wer selbstständig vom | |
Hauptbahnhof aus weiterreisen wolle, müsse das Ticket auch selbst zahlen. | |
Das sei laut Christa und Inna fatal, da die meisten ein eigenes Ticket | |
nicht bezahlen könnten. | |
## In Tegel wird es noch voller | |
„Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass rund 90 Prozent der | |
Ankommenden weiterreisen und nur die wenigsten nach Tegel wollten“, sagt | |
Christa von BAS. Es habe sich bei vielen herumgesprochen, dass Tegel eine | |
Sackgasse und die Bedingungen vor Ort katastrophal seien – [2][Was | |
verschiedene Institutionen wie der Flüchtlingsrat bestätigen]. | |
Obwohl das Ankunftszentrum in Tegel ursprünglich nur für die Registrierung | |
ukrainischer Flüchtlinge gegründet wurde, wohnen dort derzeit 4.000 | |
Menschen. Kommen jetzt noch mehr Ukraine*innen dort an, könnten sich die | |
Bedingungen weiter verschlechtern. | |
Eine offizielle Mitteilung über das Ende des Empfangsmanagements hatte BAS | |
übrigens nicht erhalten. „Wir sind erst Ende August über Dritte informiert | |
wurden“, sagt Christa. Danach hätten sie beim Bezirksamt Mitte eine | |
Flächensondernutzungserlaubnis für ihren Container beantragt – und eine | |
schriftliche Absage kassiert. | |
Die Sondernutzungserlaubnis von BAS sei von Anfang an an das Angebot des | |
LAF geknüpft gewesen, so das Bezirksamt. Mit dem Rückbau der Strukturen des | |
LAF fehle nun die Grundlage für eine Ergänzung des staatlichen Angebots. | |
„Wir arbeiten jetzt schon unter schlechten Bedingungen“, sagt Christa. | |
Eines wisse sie ganz bestimmt: Wenn sie in wenigen Tagen ihren Container am | |
Hauptbahnhof abgeben, wird es mit der Hilfe noch schwieriger. | |
29 Sep 2023 | |
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[1] /Notunterkunft-fuer-Ukrainerinnen/!5916638 | |
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## AUTOREN | |
Elena Kirillidis | |
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