| # taz.de -- Folgen der Staudamm-Zerstörung: Ökozid im Süden | |
| > Nach dem Kachowka-Dammbruch gibt die Energiebehörde vorerst Entwarnung | |
| > für das AKW. Für die Umwelt wird es dennoch schlimme Auswirkungen haben. | |
| Bild: Am Mittwoch standen weite Teile Chersons weiterhin unter Wasser | |
| Kurzfristig stellt das Hochwasser des gesprengten Kachowkaer Staudammes | |
| keine Gefahr für das Atomkraftwerk Saporischschja dar. Darin sind sich | |
| [1][die Internationale Atomenergiebehörde IAEO und der ukrainische | |
| Atomkonzern Energoatom] einig. | |
| Zwar sei der Wasserstand im Stausee, der das bei Energodar gelegene | |
| ukrainische Kernkraftwerk versorge, im Laufe des Tages gesunken, zitiert | |
| die Webseite der IAEO Generaldirektor Rafael Mariano Grossi. „Das AKW kann | |
| kein Wasser mehr aus dem Stausee entnehmen, wenn dessen Pegel unter 12,7 | |
| Meter sinkt“, so heißt es in dem Statement. Ein Zustand, der in einigen | |
| Tagen eintreten könne. Das AKW verfüge jedoch über Back-up-Optionen. | |
| Außerdem sei der große Kühlteich in der Nähe des AKW derzeit voll mit | |
| Wasser gefüllt. Und damit ließe sich das Kraftwerk, dessen sechs Reaktoren | |
| abgeschaltet seien, für mehrere Monate versorgen, so Grossi. Darüber hinaus | |
| könne die Anlage bei Bedarf eine tiefe, mit Wasser gefüllte Grube im | |
| Bereich des Frachthafens des Kraftwerks nutzen sowie auf das Wassersystem | |
| der Stadt Energodar zugreifen. Gleichzeitig habe man im AKW Maßnahmen zum | |
| Sparen von Wasser eingeleitet. | |
| Auch Petro Kotin, Präsident des AKW-Betreibers Energoatom, ist sich sicher, | |
| dass die Staudamm-Katastrophe nicht die Sicherheit des AKW bedroht. Auf dem | |
| Telegram-Kanal von Energoatom berichtet Kotin, dass man bereits seit | |
| einiger Zeit einen Maßnahmenkatalog für den Fall eines Dammbruches | |
| erarbeitet hätte. In diesem seien auch Verhaltensregeln für die Sicherheit | |
| des Personals eingearbeitet. | |
| Anders könnte es jedoch bei der mittelfristigen Sicherheit des Kraftwerkes | |
| aussehen. „Was mich beunruhigt, ist der fünfte Reaktor“, erklärte die | |
| ukrainische Atom-Expertin Olga Koscharna gegenüber der taz. Sie könne nicht | |
| verstehen, warum sich Reaktor Nummer fünf immer noch im Zustand einer | |
| Heißabschaltung befinde, also 275 Grad Hitze im ersten Kühlkreislauf habe. | |
| Demgegenüber hätten die kalt abgeschalteten Reaktoren eine Temperatur von | |
| ungefähr 70 Grad. „Das ist ein weitaus höherer Sicherheitsgrad“, so | |
| Koscharna. Zwar strebten die ukrainischen Betreiber eine Kaltabschaltung | |
| aller Reaktoren von Saporischschja an. Doch die russischen Besatzer, so | |
| Koscharna, sperrten sich dagegen, wollen Reaktor fünf wieder in Betrieb | |
| nehmen, „um die Welt zu erpressen“. | |
| Weiter flussabwärts, vor dem zerstörten Staudamm, sprechen | |
| UmweltschützerInnen derweil von einem [2][Ökozid]. Die Zerstörung des | |
| Damms werde das Gesicht der südlichen Region der Ukraine verändern, so | |
| Ljudmilla Zyganok von der Association of Environmental Professionals | |
| gegenüber dem Telegram-Kanal „Politika Strany“. | |
| Da die Bewässerungssysteme in dieser Gegend bis auf Weiteres ausfallen, | |
| werden sich Sümpfe bilden. Andere Gebiete der landwirtschaftlich | |
| ertragreichen Region wiederum drohten sich in Wüsten zu verwandeln. | |
| Einzigartige Landschaften der Dnjepr-Auen würden vernichtet. Giftige | |
| Stoffe, Kraftstoffe, Öle, Landminen und Bakterien aus zahlreichen | |
| Rindergräbern wanderten mit den Fluten Richtung Meer. Man müsse mit einem | |
| riesigen Fischsterben, ausgetrockneten Böden und einem sich komplett | |
| verändernden Klima rechnen. Eine neue Wüste werde Staubstürme und | |
| Temperaturanstieg in der Region mit sich bringen. Der Landwirtschaft drohe | |
| eine Dürre. Wasservögel würden keine Feuchtgebiete mehr finden. | |
| In der Folge sei die Wasserversorgung der Krim, von Kryvyi Rig und anderen | |
| ukrainischen Städten gefährdet. Vor dem Hintergrund zerstörter | |
| Lebensgrundlagen sei mit 1,5 Millionen weiteren Binnenflüchtlingen zu | |
| rechnen, so die Umweltschützerin. | |
| ## Tiere ertrinken im Zoo | |
| Auch die Tiere leiden in der Region. Im Zoo von Nowaja Kochowka, berichtet | |
| die Tierschutzorganisation [3][UAnimals], hätten nur einige Schwäne und | |
| Enten die Katastrophe überlebt. 571 Tiere, so UAnimals, hätten ihre aus | |
| Kiew angereisten Aktivisten evakuieren können. | |
| Unterdessen hat das ukrainische Gesundheitsministerium eine Liste von | |
| Vorsichtsmaßnahmen für die in den betroffenen Gebieten lebende Bevölkerung | |
| erstellt. Um Infektionen zu verhindern, sollten die in den Gebieten von | |
| Cherson und Saporischschja lebenden BewohnerInnen Wasser abkochen oder aus | |
| gekauften Flaschen trinken, sich regelmäßig die Hände waschen, Kleidung, | |
| die man bei der Überschwemmung getragen hatte, desinfizieren, Lebensmittel | |
| kochen oder braten. | |
| 7 Jun 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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