# taz.de -- Evakuierung und Beschüsse in Cherson: „Viele wollen gar nicht ge… | |
> Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms gehen die Evakuierungen | |
> weiter. 14 Menschen sind offiziell durch die Flut in Cherson gestorben. | |
Bild: Ukraine, Cherson, 08.06.2023: Ein Mann kocht auf einem offenen Feuer in e… | |
BERLIN taz | „Nein, sie wollen einfach das Haus nicht verlassen, egal, wie | |
viel Wasser in die Wohnung reinkommt“. Ein Fernsehjournalist des | |
russischsprachigen nicht Kreml-nahen Medienportals „Gegenwärtige Zeit“ | |
interviewt Bewohner*innen der südukrainischen Stadt Cherson, die seit | |
Dienstag aufgrund der [1][Zerstörung des Kachowka-Staudamms] überflutet | |
ist. | |
Diesen Satz hört er oft. Trotz Evakuierungseinsätzen von lokalen und | |
internationalen Hilfsorganisationen und trotz spontaner Hilfsnetzwerke von | |
Nachbarn entscheiden sich viele Menschen dagegen, von ihren Häusern | |
wegzugehen. In einem anderen Video ist eine alte Frau zu sehen, die vor | |
ihrer Haustür sitzt und wartet – neben ihr liegen ein paar Taschen, vor ihr | |
läuft das Wasser, als säße sie nicht vor einer Straßenkreuzung, sondern vor | |
zwei Flüssen. | |
Und plötzlich hört man die Schüsse. Ja, die Evakuierungen sind in der | |
Region Cherson in vollem Gange, aber der Krieg tobt ebenfalls weiter. | |
Ukrainische und russische Behörden werfen sich die ganze Woche vor, trotz | |
Umwelt- und humanitärer Katastrophe, trotz Rettungsaktionen, weiter zu | |
schießen. | |
Die Stadt Cherson wurde im November von den ukrainischen Streitkräften | |
zurückerobert, die gleichnamige Region bleibt jedoch teilweise besetzt – | |
das linke Ufer des Flusses Dnipro ist noch von der russischen Armee | |
besetzt, das rechte bleibt unter ukrainischer Kontrolle. | |
## Am Freitagmorgen war der Stand 11,7 Meter | |
14 Tote wurden im Zuge der Kachowka-Katastrophe offiziell von beiden Seiten | |
bestätigt. Der Wasserstand im Kachowka-Stausee ist seit Dienstag auf fast | |
fünf Meter gesunken – 11,7 Meter Stand war es am Freitagmorgen. Laut des | |
ukrainischen staatlichen Wasserkraftwerksbetreibers sinkt das Wasser um | |
etwa einen Meter innerhalb von 24 Stunden. | |
Über die Ursachen der Zerstörung am vergangenen Dienstag gibt es weiterhin | |
unterschiedliche Versionen. Am Freitag gab der ukrainische | |
Sicherheitsdienst (SBU) bekannt, dass Bewohner aus den besetzten | |
Ortschaften eine russische Sabotagegruppe gesehen hätten, die das Kraftwerk | |
Kachowa am Dienstagfrüh gesprengt hätte. | |
Das ukrainische Medium pravda.ua zitiert einen angeblichen russischen | |
Militär des linken Ufers, ohne seinen Namen zu erwähnen, der in einer | |
Aufnahme zu hören sei: „Unsere Sabotagegruppe war dort – sie wollte die | |
Menschen damit erschrecken. Der Plan wurde nicht vollständig umgesetzt, es | |
war viel mehr geplant.“ Eine internationale unabhängige Untersuchung soll | |
die unklaren Umstände klären, denn die russische und die ukrainische | |
Regierung beschuldigen sich gegenseitig. | |
## Russland berichtet über „Flut“ und „Überschwemmungen“ | |
[2][Das unabhängige russische Medium Meduza], das seit dem Beginn des | |
russischen Angriffskrieges im Exil sitzt, hat Informationen von Kreml-nahen | |
Informanten bekommen, dass das russische Präsidialamt offiziell keine klare | |
Empfehlungen gesendet habe darüber, wie die staatlichen und Kreml-treuen | |
Medien über die Katastrophe berichten sollen. Die staatlichen Kanäle | |
beschreiben die Lage in Cherson als „Flut“ und „Überschwemmung“. | |
Am Freitag in Moskau sprach der Kreml-Sprecher Dmitry Peskow mit | |
Journalist*innen darüber und nannte erneut einen ukrainischen Beschuss | |
als Ursache. „Sie wissen, dass es infolge dieses Beschusses Tote unter den | |
Flutopfern gegeben hat. Es gab sogar eine schwangere Frau“, betonte Peskow. | |
Auch am Freitag in Moskau erklärte das Präsidialamt, dass drei Menschen in | |
der russischen Stadt Woronesch, circa 180 km von der ukrainischen Grenze | |
entfernt, bei einem Drohnenangriff leicht verletzt wurden – die Quelle sei | |
der russische Sicherheitsdienst. | |
Russische Behörden meldeten am Freitag Gefechte auch in der südukrainischen | |
Region Saporischschja, wo Europas größtes Atomkraftwerk liegt, und das auch | |
die Folgen der Kachowka-Katastrophe erleidet. Am Donnerstagabend hieß es | |
vom AKW-Betreiber, dass das Wasser aus dem Stausee doch nicht mehr für die | |
Kühlung von Saporischschja reiche. | |
Der Einsturz des Kraftwerks am Dienstag hat schwere [3][Umweltschäden | |
verursacht], landwirtschaftlich genutzte Felder entlang des Dnipro wurden | |
weggespült, und es besteht die Gefahr, dass der Nordkrim-Kanal verlandet. | |
Nach Angaben der russischen Regierung, die die staatliche Agentur tass | |
veröffentlicht, sei die Wasserversorgung der Krim-Halbinsel durch die | |
Zerstörung des Kachowka-Staudamms nicht beeinträchtigt worden, weil die | |
Reserven der Krim noch voll seien und die Vorräte für 500 Tage reichen | |
würden. Im Jahr 2014 hat Russland die Halbinsel Krim, im Schwarzen Meer, | |
völkerrechtlich annektiert. | |
9 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Zerstoerter-Staudamm-in-der-Ukraine/!5939209 | |
[2] /Unser-Fenster-nach-Russland/!t5916992 | |
[3] /Folgen-der-Staudamm-Zerstoerung/!5936326 | |
## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
## TAGS | |
Russland | |
Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Überschwemmung | |
Ukraine-Konflikt | |
Krim | |
Kachowka-Staudamm | |
Staudamm | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Krieg in der Ukraine: Zwangsevakuierung als letztes Mittel | |
Die südukrainische Region Cherson ist Ziel russischer Angriffe. Deshalb | |
sollen rund 800 Kinder mit ihren Familien an sicherere Orte gebracht | |
werden. | |
Hochwasser in Ukraine: Hier geblieben | |
Die ukrainische Stadt Cherson steht halb unter Wasser. Vor allem Arme und | |
Ältere wollen ihre Häuser nicht verlassen. Wer es wagt, muss mit Beschuss | |
rechnen. | |
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kanada sichert Ukraine Hilfe zu | |
Kanadas Premier Trudeau hat die Ukraine besucht und dem Land weitere | |
Militärhilfe zugesagt. Die ukrainische Offensive geht weiter, mit | |
unterschiedlichem Erfolg. | |
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Drohnenangriff auf Odessa | |
Die Ukraine vermeldet mehrere Tote und Verletzte nach einem Luftangriff. | |
Die UN warnt vor den humanitären Folgen nach dem Einsturz des | |
Kachowka-Damms. | |
Ukraine-Krieg und Öffentlichkeit: Fortschreitende Apathie | |
Der Krieg eskaliert weiter, aber die Aufmerksamkeit schwindet. Das ist eine | |
bedenkliche und gefährliche Entwicklung. | |
Kachowka-Staudamm nach der Zerstörung: „Erdgeschoss überschwemmt!!! SOS“ | |
Neben Hilfsorganisationen helfen Tausende, die Bevölkerung in der Region | |
Cherson zu evakuieren. Doch es droht schon die nächste Gefahr. | |
Folgen der Staudamm-Zerstörung: Ökozid im Süden | |
Nach dem Kachowka-Dammbruch gibt die Energiebehörde vorerst Entwarnung für | |
das AKW. Für die Umwelt wird es dennoch schlimme Auswirkungen haben. | |
Cherson nach Zerstörung des Staudamms: Erst Bomben, jetzt Wasser | |
In der Region Cherson steigt nach dem Dammbruch am Dnipro-Fluss der | |
Wasserpegel. Eine Katastrophe bahnt sich an. |