# taz.de -- Kachowka-Staudamm nach der Zerstörung: „Erdgeschoss überschwemm… | |
> Neben Hilfsorganisationen helfen Tausende, die Bevölkerung in der Region | |
> Cherson zu evakuieren. Doch es droht schon die nächste Gefahr. | |
Bild: In Cherson ist die Evakuierung in vollem Gange | |
BERLIN taz | Tausende Menschen haben sich unmittelbar nach der | |
[1][Zerstörung des Kachowka-Staudamms] nahe der Stadt Cherson in der | |
gleichnamigen Region über Kurznachrichtendienste vernetzt. Ihr Ziel: so | |
schnell wie möglich ein Netzwerk von privaten Freiwilligen aufzubauen, um | |
Menschen aus Häusern bzw. von Dächern zu retten. „Dorf Oleschky, Laherna | |
Straße 35. 16 Personen warten auf ihre Evakuierung. Frauen und Menschen mit | |
Behinderungen. Sie wären sehr dankbar, wenn sie an das linke Ufer evakuiert | |
werden könnten“, schreibt eine Person. | |
„Keine Evakuierung zum linken Ufer, das ist unrealistisch“, antwortet eine | |
Sekunde später eine Lena, die auf die russische Besatzung des linken Ufers | |
des Flusses Dnipro hinweist. Nur die Stadt Cherson konnte von den | |
ukrainischen Streitkräften im vergangenen November wieder erobert werden. | |
Dann kommt die Nachricht von Katya: „Dorf Kardaschinka, Genossenschaft | |
Tavria. Straße Kvartalnaya 33, Haus 216. 2 Rentner (Katze + 2 Hunde). Das | |
Erdgeschoss ist komplett überschwemmt!!! SOS“. | |
Neben den lokalen und internationalen Hilfsorganisationen bilden solche | |
informellen Netzwerke von Freiwilligen den Kern der Flucht- und | |
Rettungsaktionen seit dem 24. Februar 2022. Internetverbindungen, Strom- | |
und Wasserversorgung sind Mangelware in vielen Orten und solche virtuelle | |
Mund-zu Mund-Kommunikation hilft dabei, Lücken zu füllen. Und viele Leben | |
zu retten. | |
Nach Angaben ukrainischer Behörden wurden bis jetzt 6.000 Menschen auf | |
beiden Seiten des Dnipro evakuiert. „1.894“, verkündete Ukraines | |
Innenminister Igor Klymenko laut Nachrichtenagentur AFP. „4.000“, schrieb | |
der von Russland eingesetzte Gouverneur in der Region Cherson, Wladimir | |
Saldo, via Telegram. | |
## Ist das Getreideabkommen in Gefahr? | |
Am Donnerstag, zwei Tage nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms, ist | |
die Ursache dafür immer noch unklar. Kyjiw spricht weiter vom russischen | |
Angriff. Moskau beschuldigt seinerseits die Ukraine. Auf Vorschlag des | |
türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, danach vom ukrainischen | |
Präsidenten Wolodimir Selenski angekündigt, soll nun eine internationale | |
Untersuchung die Ursachen herausfinden. Selenski selbst war am Donnerstag | |
in Cherson, um sich vor Ort ein Bild von den Schäden zu machen. In der | |
Gemeinde Snihurivka wurde eine Katastrophenschutzzentrale eingerichtet, die | |
rund um die Uhr arbeitet. | |
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges versucht der im Mai | |
wiedergewählte türkische Präsident Erdoğan als internationaler Akteur und | |
Vermittler zu punkten. Denn im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine | |
sitzt das Nato-Mitglied Türkei mit am Tisch, wenn über Gefangenenaustausche | |
und das Schwarzmeer-Getreideabkommen verhandelt wird. | |
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms könnte jetzt den Getreide-Deal | |
gefährden. Die Ukraine ist der weltweit führende Erzeuger und Exporteur von | |
Getreide und Ölsaaten. Nach Angaben des ukrainischen Agrarministeriums | |
droht mit der Flutkatastrophe im Süden des Landes ein mehrere Milliarden | |
Tonnen großer Ernteausfall. Einerseits wurden mindestens Zehntausende | |
Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche überschwemmt, andererseits würden | |
mindestens 500.000 Hektar Land künftig ohne Bewässerung auskommen müssen. | |
Parallel dazu äußerte sich Moskau [2][erneut zum kürzlich verlängerten | |
Getreideabkommen]. Russland machte zur Bedingung, der Ausfuhr von Getreide | |
aus der Ukraine über das Schwarze Meer auch weiterhin zuzustimmen, die | |
Wiedereröffnung der weltweit längsten Pipeline für Ammoniak, die | |
Toljatti-Odessa-Pipeline. Sie wurde am Mittwoch angegriffen und ist seit | |
Kriegsbeginn ungenutzt. Auch am Donnerstag wurde in Cherson geschossen. | |
Der Wasserstand des Kachowkaer Stausees nähert sich inzwischen einem | |
gefährlichen Tiefpunkt. 150 Kilometer nördlich von Nowa Kachowka liegt | |
[3][das größte Atomkraftwerk Europas, Saporischschja. Die Internationale | |
Atomenergie-Organisation (IAEA)] versichert, dass das AKW über genügend | |
Wasser verfüge, um die Reaktoren für „mehrere Monate“ aus einem Becken | |
oberhalb des Stausees zu kühlen. Am Donnerstagabend hieß es dann vom | |
AKW-Betreiber via AFP, dass das Wasser aus dem Stausee doch nicht mehr für | |
die Kühlung von Saporischschja reiche. | |
8 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Zerstoerter-Staudamm-in-der-Ukraine/!5939209 | |
[2] /Russland-genehmigt-Ukraine-Agrarexporte/!5932054 | |
[3] /Lage-am-AKW-Saporischschja/!5930075 | |
## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
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