# taz.de -- Lage am AKW Saporischschja: Sorge vor atomarem Unfall | |
> Russische Streitkräfte evakuieren mehrere Städte in der Region | |
> Saporischschja. Die IAEA ist wegen der Lage im Atomkraftwerk alarmiert. | |
Bild: Unter russischer Kontrolle seit dem 03. März 2022: Das AKW Saporischschj… | |
BERLIN taz | „Ich bin tief besorgt: Die Lage im Atomkraftwerk (AKW) | |
Saporischschja ist zunehmend angespannt, stressig und herausfordernd für | |
das Personal der Internationalen Atomenergie-Organisation ([1][IAEA]) vor | |
Ort“, sagte der IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi am Samstag in einer | |
offiziellen Pressemitteilung der UN-Atombehörde. Angesichts der Evakuierung | |
von mehreren Städten in der Region Saporischschja warnte Grossi vor der | |
Gefahr eines „ernsten atomaren Unfalls“. | |
Das AKW Saporischschja, Europas größtes Kernkraftwerk, ist seit dem 3. März | |
2022 unter russischer Militärkontrolle und gerät immer wieder unter | |
Beschuss. Das AKW liegt an der russisch-ukrainischen Frontlinie in der | |
südukrainischen Region Saporischschja. [2][Das AKW] ist derzeit nicht in | |
Betrieb und erhält lediglich Energie von ukrainischer Seite, um die | |
Reaktoren am Laufen zu halten. | |
Seit Freitag ordnen russische Besatzungstruppen in mehreren Städten | |
Evakuierungen an, was die Experten der IAEA alarmiert. Die meisten | |
ukrainischen Technikmitarbeiter des Kraftwerks Saporischschja leben mit | |
ihren Familien in der nahe gelegenen Stadt Enerhodar, wo ebenfalls eine | |
Evakuierung gestartet werden soll. Die Experten der IAEA konnten die Stadt | |
in den letzten Tagen nicht besuchen. | |
Der Direktor des AKWs Saporischschja, Juri Tshernichuk, erklärte jedoch | |
öffentlich, dass das Betriebspersonal nicht evakuiert werden soll, „um die | |
nukleare Sicherheit zu gewährleisten“. In der offiziellen Stellungnahme am | |
Samstag fügte Grossi hinzu: „Wir beobachten die Situation genau im Hinblick | |
auf mögliche Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit und Sicherung. Wir | |
müssen jetzt handeln, um die Gefahr eines schweren Atomunfalls und die | |
damit verbundenen Folgen für die Bevölkerung und die Umwelt zu verhindern.“ | |
Das IAEA-Betriebspersonal von vor Ort berichtete am vergangenen | |
Freitagabend von regelmäßigem Granatenbeschuss. | |
70.000 Menschen betroffen | |
Laut dem von Moskau eingesetzten Verwaltungschef der Region Saporischschja, | |
Jewgeni Balizki, sei es notwendig, dass die Bevölkerung in Sicherheit | |
gebracht wird, da es in den vergangenen Tagen zu vermehrten ukrainischen | |
Bombenangriffen kam. Eine Teilevakuierung von 18 von Russland besetzten | |
Ortschaften in der Region Saporischschja hat Balizki am Freitag angeordnet | |
– neben Enerhodar, in Städten wie Tokmak, Polohy, sowie in den | |
Großsiedlungen Kamjanka und Rosiwka, die bis zu 40 Kilometer hinter der | |
aktuellen Frontlinie liegen. | |
Betroffen seien Patienten von Krankenhäusern, Behinderte, Familien mit | |
Kindern und ältere Menschen. Nach Angaben der russischen staatlichen | |
Nachrichtenagentur Tass planen die russischen Behörden eine Evakuierung von | |
circa 70.000 Menschen. Auch das wichtige Industriezentrum Melitopol soll | |
evakuiert werden. Im Kurznachrichtendienst Telegram erklärte | |
[3][Bürgermeister Ivan Fedorow], dass die angekündigte Evakuierung „viel zu | |
schnell“ verlaufe. Melitopol liegt etwa 60 Kilometer nördlich des Asowschen | |
Meeres. Seit Freitag hätten sich lange Warteschlangen an der Straße von | |
Melitopol zur Krim gebildet. Nach Angaben von Fedorow fahren alle 30 | |
Minuten Busse ab. | |
Laut dem Telegramkanal Real Saporischschja gibt es in den besetzten | |
Bezirken Molotschank und Tokmak einige Eltern, die ihre Kinder vor | |
russischen Soldaten verstecken. Laut dem mit US-Geldern finanzierten | |
russischsprachigen Medienportal Current Time berichten zudem Einheimische, | |
dass die evakuierten Ukrainer*innen zunächst nach Berdjansk (Ukraine) | |
und von dort nach Rostow am Don (Russland) gebracht werden sollen. | |
Familien, die sich weigern, ihre Kinder zu evakuieren, werden die | |
Sozialleistungen von den russischen Militärs entzogen, so das Medienportal. | |
Im März letzten Jahres hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski | |
vor einer größeren Katastrophe als Tschernobyl gewarnt, sollte das | |
Kraftwerk „in die Luft fliegen“. Saporischschja verfügt über sechs große | |
Reaktoren mit jeweils 950 Megawatt. Im vergangenen September hatte die IAEA | |
ihre erste Kommission in das AKW entsendet. Damals hatten sowohl die | |
Ukraine als auch Russland eine offizielle Inspektion seitens der | |
UN-Atombehörde in Saporischschja gefordert. | |
7 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.iaea.org/ | |
[2] /AKW-Saporischschja/!5879392 | |
[3] /Buergermeister-ueber-seine-besetzte-Stadt/!5850104 | |
## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
AKW | |
IAEA | |
GNS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
DDR | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Von der Leyen plant Kyjiw-Besuch | |
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will an diesem Dienstag nach Kyjiw | |
reisen. Trotz Sicherheitsrisiko hält Moskau an der morgigen Militärparade | |
fest. | |
Historiker über den Ukraine-Krieg: „Freiheit ist wichtiger als Frieden“ | |
Warum gibt es in Ostdeutschland mehr Kritik an der Unterstützung der | |
Ukraine als im Westen? Eine Ursache sieht Ilko-Sascha Kowalczuk im bis | |
heute fortlebenden Antiamerikanismus der SED. | |
Russlands Angriffskrieg: Ukraine spricht von „Raschismus“ | |
Die Ukraine führt einen offiziellen Begriff für Russlands Kriegsideologie | |
ein. Die Resolution ist auch an die internationale Gemeinschaft gerichtet. | |
Alltag in Saporischschja: Trinken, kämpfen, weiterleben | |
Seit mehr als einem Jahr wird die Großstadt Saporischschja in der | |
Südukraine von russischen Raketen beschossen. Die Dagebliebenen wollen | |
durchhalten. |