# taz.de -- Folgen für Klimakrise: Wie Russland die Erde aufheizt | |
> Das Kampfgeschehen in der Ukraine hat direkte und indirekte Folgen für | |
> die Klimakrise. Die Emissionen seien signifikant, sagt eine neue Studie. | |
Bild: Wowtschansk am 5. Juni, an der ukrainisch-russischen Grenze | |
BERLIN taz | Russlands [1][Krieg gegen die Ukraine] verschärft die | |
Klimakrise. Wie sehr, das hat ein internationales Forschungsteam | |
[2][analysiert]. Demnach hat der Krieg im vergangenen Jahr zu knapp 120 | |
Millionen Tonnen an zusätzlichen CO2-Emissionen geführt. | |
Zum Vergleich: Das entspricht etwa einem Sechstel der Emissionen, die ganz | |
Deutschland in demselben Zeitraum verursacht hat. In der Berechnung sind | |
alle Treibhausgase berücksichtigt, also etwa auch Methan. Zur besseren | |
Übersicht über ihre Klimawirkung wurden sie in CO2 umgerechnet. | |
Etwa ein Fünftel der kriegsbedingten Emissionen gehen der Analyse nach | |
unmittelbar auf die Kämpfe zurück. Das hat zum Beispiel mit dem | |
Spritverbrauch von Panzern und Fahrzeugen zu tun. Den Klimaschaden, der | |
durch die Lecks in den Nord-Stream-Pipelines entstanden ist, zählt das Team | |
ebenfalls mit. | |
Die Forscher:innen sehen aber auch indirekte Effekte. Der größte Posten | |
ist hier der nötige Wiederaufbau. Um zerstörte Häuser, Straßen, Kraftwerke | |
und Fabriken in der Ukraine wieder instand zu setzen, sind große Mengen an | |
Baustoffen nötig. Bei der Herstellung von Beton, Zement, Stahl und Glas | |
[3][entsteht sehr viel CO2] – teils durch den hohen Energiebedarf, teils | |
durch den Produktionsprozess selbst. Der Klimaschutz im Bausektor läuft | |
deshalb schleppend. | |
## Kriegsgebiet muss weiträumig umflogen werden | |
Hinzu kommt, dass internationale Flugzeuge das Kriegsgebiet weiträumig | |
umfliegen müssen, dadurch mehr Treibstoff benötigen und entsprechend mehr | |
CO2 in die Atmosphäre entlassen. | |
Als weitere Emissionsquelle haben die Forscher:innen die Feuer | |
identifiziert, die nahe der Front ausbrechen. Ein Siebtel der | |
kriegsbedingten Emissionen stammt der Analyse nach aus solchen Bränden. | |
Darüber hinaus werden in der Rechnung die Emissionen berücksichtigt, die | |
Flugzeuge durch ihre weiträumigen Umwege über Asien verursachen, seit die | |
Sanktionen gegen Russland gelten und Russland seinen Luftraum gesperrt hat. | |
„Die Emissionen durch Russlands ausgeweitete Invasion in die Ukraine sind | |
signifikant“, sagte der niederländische Klimaforscher Lennard de Klerk, | |
Leitautor der Studie, am Mittwochnachmittag am Rande der Klimaverhandlungen | |
in Bonn. Dort treffen sich derzeit Diplomat:innen zahlreicher Länder, | |
um die Weltklimakonferenz COP 28 vorzubereiten, die Ende des Jahres in den | |
Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden soll. | |
Ein Knackpunkt der Verhandlungen: Dieses Jahr soll Bilanz gezogen werden | |
über die Klimaschutzbemühungen seit Beschluss des Pariser | |
Weltklimaabkommens 2015. Insgesamt ist durchschlagender Erfolg ausgeblieben | |
– weltweit betrachtet sind die Treibhausgasemissionen seither weiter | |
angestiegen. | |
Klimaforscher de Klerk will mit seiner Forschung anstoßen, dass | |
kriegsbedingte Emissionen in die offiziellen Klimabilanzen der Vereinten | |
Nationen Eingang finden – bislang tun sie das nämlich nur anteilig. | |
Das kritisiert auch Umweltschützerin Linsey Cottrell von der britischen | |
Organisation Conflict and Environment Observatory. Weil es für Länder nicht | |
verpflichtend sei, dass sie ihre militärischen Emissionen an die Vereinten | |
Nationen melden, täten das nur sehr wenige. Nur teilweise seien die | |
Emissionen in anderen Bereichen inbegriffen, etwa beim Verkehr. Das ist | |
Cottrell nicht genug. | |
„Es gibt eine große Datenlücke“, sagte die Umweltschützerin in Bonn. | |
„Militär ist ein gigantischer Verbraucher von fossilen Kraftstoffen“, so | |
Cottrell. „Das ist ein oft übersehener Aspekt der Klimakrise.“ | |
7 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
[2] https://en.ecoaction.org.ua/climate-damage-by-russia-12-months.html | |
[3] /Klimaschutz-in-der-Industrie/!5936194 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Militär | |
CO2-Emissionen | |
Flugverkehr | |
klimataz | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Landminen | |
Unser Fenster nach Russland | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Energiewende in Kriegszeiten: Ukraine setzt auf Erneuerbare | |
In dem von Russland angegriffenen Land wünschen sich viele mehr | |
Unabhängigkeit von fossilen Importen. Und es passiert auch etwas. | |
Menschenrechtler in Russland vor Gericht: Prozess gegen Kreml-Kritiker | |
Der russische Menschenrechtsaktivist Oleg Orlow äußerte sich kritisch zu | |
Putins Politik. Im Prozess droht ihm nun eine Haftstrafe. | |
Folgen der Staudamm-Zerstörung: Ökozid im Süden | |
Nach dem Kachowka-Dammbruch gibt die Energiebehörde vorerst Entwarnung für | |
das AKW. Für die Umwelt wird es dennoch schlimme Auswirkungen haben. | |
Landwirtschaft in der Ukraine: Saat der Hoffnung | |
Viele landwirtschaftliche Nutzflächen in der Südukraine sind verbrannt und | |
verwüstet. Russische Minen machen die Arbeit der Bauern lebensgefährlich. | |
Meduza-Auswahl 1. bis 7. Juni: Angst, Demütigung, Nationalstolz | |
Auch Leser von Meduza unterstützen den russischen Angriffskrieg. Im Land | |
halten die Repressionen gegen Nawalny-Anhänger an. Texte aus dem | |
Exilmedium. | |
Kriegsschäden in der Ukraine: Verbrannte Erde | |
Im Krieg schert sich niemand um die Umwelt. Die Zerstörung in der Ukraine | |
wird aber noch jahrelange Folgen für die Menschen vor Ort haben. |