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# taz.de -- Expertenrat kritisiert Ampel: Staugefahr beim Klimaziel
> Deutschlands Klima-Expert:innen stellen der Bundesregierung ein
> schlechtes Zeugnis aus: Zu viele Autos auf den Straßen und zu viele
> fossile Heizungen.
Bild: Ausfahrt verpasst: Die Klimavorgaben im Verkehrssektor wurden erneut geri…
Berlin taz | Deutschland reduziert seine Treibhausgas-Emissionen zu
langsam. Nur um 1,9 Prozent ist der Ausstoß von Gasen, die die Atmosphäre
aufheizen, im vergangenen Jahr zurückgegangen. Das geht aus einem
[1][Bericht] des Expertenrats für Klimafragen hervor, der damit [2][Daten
des Umweltbundesamts aus dem März] im Wesentlichen bestätigt.
Der Expertenrat für Klimafragen ist ein wichtiger Teil des deutschen
Klimaschutzgesetzes. Seine Ergebnisse entscheiden darüber, ob die Regierung
verpflichtet ist, zusätzliche Maßnahmen einzuleiten. Er überprüft die
daraus resultierenden Programme zudem auf ihre Tauglichkeit. Die Mitglieder
des Gremiums sind führende Wissenschaftler:innen unterschiedlicher
Disziplinen. Die Bundesregierung beruft sie selbst für eine Dauer von fünf
Jahren. Im Falle der aktuellen Besetzung war das noch die Große Koalition
im Jahr 2020.
Der aktuelle Bericht ruft besonders Bundesverkehrsminister Volker Wissing
(FDP), Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) in die Pflicht. „Die Sektoren Gebäude und Verkehr
haben ihre jeweiligen Zielwerte für das Jahr 2022 überschritten“, sagte der
Physiker Hans-Martin Henning, der dem Expertenrat vorsitzt, am Montagmorgen
in Berlin. „Damit sind sie verpflichtet, ein Sofortprogramm vorzulegen.“
## Lücken aus 2022 ausgleichen
Drei Monate haben die zuständigen Ministerien dafür Zeit, also das
Verkehrsministerium für den Verkehr, Bau- und Wirtschaftsministerium
gemeinsam für die Gebäude. Ihre Aufgabe ist groß: Die neuen Maßnahmen
müssen die Lücke aus dem Jahr 2022 ausgleichen, aber auch verhindern, dass
auf dem Weg zum Klimaziel für 2030 neue Lücken entstehen.
Für den Gebäudesektor ist es das dritte Jahr in Folge, dass die Emissionen
gesetzeswidrig hoch liegen. Das liegt vor allem am Heizen: Deutschland hält
seine Gebäude überwiegend mit fossilen Brennstoffen warm. Etwa die Hälfte
der Wohnungen heizt mit Gas, ein Viertel mit Öl.
Ein weiteres Siebtel bekommt Fernwärme, die zu mehr als zwei Dritteln mit
Gas und Kohle erzeugt wird. Zu den übrigen kleinen Posten gehört bisher
auch die Wärmepumpe, die mithilfe von Strom Umgebungswärme nutzbar macht
und als klimafreundlich gilt. Um das künftig zu ändern, hat die
Bundesregierung kürzlich schon einen Plan vorgelegt. [3][Ab dem kommenden
Jahr will sie den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen in den meisten Fällen
verbieten.]
## Verfälscht durch Corona
Auch der Verkehr ist zum zweiten Mal in Folge zu klimaschädlich. Ohne die
eingeschränkte Mobilität im Coronajahr 2020 wäre es allerdings auch damals
schon so weit gewesen, wie das damalige Gutachten des Expertenrats für
Klimafragen ergeben hatte. Das Jahr 2022 hat aber einen besonderen
Tiefpunkt mit sich gebracht: Die Emissionen, die vor allem durch den
Straßenverkehr anfallen, sind gegenüber dem Vorjahr sogar wieder
angestiegen.
Gewisse Fortschritte, etwa ein zunehmendes Interesse an E-Autos, schlagen
sich in der Klimabilanz kaum nieder. Einen positiven Effekt hätte das
schließlich nur, wenn gleichzeitig die Autos mit Verbrennungsmotor
stillgelegt würden, wenn also weniger Benzin und Diesel verbrannt würde.
Das bleibt aber bisher aus. Dass der Verkehrssektor sein Klimaziel für 2030
erreicht, kann Physiker Henning zufolge deshalb als „besonders
unwahrscheinlich qualifiziert werden“.
Die Bundesregierung will das Klimaschutzgesetz reformieren. Künftig soll
die Zuständigkeit der einzelnen Ministerien für den Klimaschutz in ihren
Bereichen wegfallen. „Die Einhaltung der Klimaschutzziele soll zukünftig
anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft
werden“, heißt es [4][im Beschluss des Koalitionsausschusses, der im März
gefallen ist.] Diesem Plan stehen die Expert:innen zumindest skeptisch
gegenüber.
## Sorgfältige Prüfung gefällig
Die Physikerin Brigitte Knopf will sie noch nicht abschließend bewerten –
zu viele Punkte seien noch unklar. Grundsätzlich hat sie aber Zweifel. „Das
ist ein bisschen so, als wenn man am Anfang des Jahres sagt: Ich will
fitter werden, dienstags gehe ich joggen, donnerstags schwimmen und am
Wochenende mache ich noch einen Rundlauf um den See. Und jetzt ist es so,
dass die Regierung im April feststellt: Na ja, vielleicht sag ich einfach
nur, ich will fitter werden. Da ist die Frage, wie glaubwürdig das ist und
wie weit man damit kommt“, sagte sie am Montag.
Auch ihr Kollege Henning äußerte sich zurückhaltend kritisch: „Wir
empfehlen dem Gesetzgeber, die geplanten Änderungen sehr sorgfältig auf
Vor- und Nachteile zu überprüfen.“ Klimaschützer:innen sehen sich in
ihrer Kritik an der Bundesregierung bestätigt. „Olaf Scholz wird seinem
eigenen Anspruch, Klimakanzler zu sein, nicht gerecht“, sagte Stefanie
Langkamp von der Klima-Allianz. „Als Kanzler nimmt er zurzeit offen in
Kauf, dass die Bundesregierung ihre Klimaziele jetzt und absehbar
verfehlt.“
17 Apr 2023
## LINKS
[1] https://expertenrat-klima.de/content/uploads/2023/04/ERK2023_Pruefbericht-E…
[2] /Weniger-Treibhausgasausstoss/!5918983
[3] /Einigung-zum-Heizungstausch/!5923611
[4] /Reform-des-Klimaschutzgesetzes/!5923019
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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