# taz.de -- Ende von Rot-Grün-Rot in Berlin: Die subtile Rache der Franziska G. | |
> Die SPD brüskiert Linke und Grüne, mit denen sie noch regiert. | |
> Perspektivisch treibt sie damit die Grünen ausgerechnet in ein Bündnis | |
> mit der CDU. | |
Bild: Ein Bild aus besseren Zeiten: Jarasch, Giffey und Lederer während der So… | |
Man muss kein Fan einer schwarz-grünen oder grün-schwarzen Koalition sein, | |
um zu erkennen: Das aktuelle Betragen der SPD macht solche Bündnisse selbst | |
im Land Berlin wahrscheinlich, wo die Grünen linker sind als im Rest der | |
Republik. [1][Nach dem brüsken Aus für eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot] | |
durch SPD-Landeschefin Franziska Giffey bleibt den Grünen gar nichts | |
anderes übrig, als nach potenziellen neuen Partnern Ausschau zu halten. Und | |
die Auswahl ist nicht sonderlich groß. Für die SPD heißt das: Sie macht | |
sich selbst irrelevanter. | |
Doch der Reihe nach: Der Bericht der SPD-Sondierungskommission vom Mittwoch | |
machte nicht wegen der darin festgehaltenen inhaltlichen | |
Verhandlungserfolge mit der CDU Schlagzeilen, sondern wegen der | |
Beschimpfungen der Noch-Koalitionspartner Grüne und Linke. Erstere hätten | |
in den Sondierungen vor allem ihre Eigeninteressen hervorgehoben und | |
bisherige Vereinbarungen in Frage gestellt; letztere seien aufgrund der | |
Situation in der Bundespartei ein zunehmend unsicherer Partner. | |
Die Antwort der geschockten Grünen ließ etwas auf sich warten. Doch Tags | |
darauf warfen sie in einem „Faktencheck“ der SPD vor, „mit verkürzten | |
Aussagen bis hin zur Unwahrheit“ zu arbeiten. Gründlicher kann man ein | |
Tischtuch zwischen drei Parteien kaum zerreißen. Und man fragt sich, wie | |
Rot-Grün-Rot noch bis zur Übernahme durch Schwarz-Rot durchhalten will. | |
Durch ihre Äußerungen habe die SPD viel Vertrauen verspielt, | |
[2][bilanzierte die grüne Fraktionschefin Silke Gebel] im Gespräch mit der | |
taz. „Das ist bedauerlich. Wir müssen nun bewerten, was das für uns Grüne | |
heißt.“ Zum Beispiel muss man fragen, was es nun noch braucht für ein | |
Bündnis mit der CDU. | |
Denn während aus der SPD kolportiert wird, eine solche Koalition wäre schon | |
während der Sondierungen das wahre Ziel der Grünen gewesen, gibt es | |
tatsächlich eine ganze Menge Hürden, die die Ex-Alternativen für eine | |
Zusammenarbeit überspringen müssten. Da wäre zum Beispiel der Umgang mit | |
der Vornamen-Abfrage der CDU nach der Silvesterrandale: Zumindest an der | |
grünen Basis wird die Kritik daran nicht so schnell verstummen wie offenbar | |
in der SPD, für die das kein Hindernis mehr für eine Zusammenarbeit zu sein | |
scheint – obwohl CDU-Chef Kai Wegner dieses offenbar rassistisch motivierte | |
Vorgehen am Freitag erneut verteidigt hat. | |
## Schlechte Nachrichten für den linken Flügel | |
Doch schnell dürfte den Grünen klar werden: Die SPD ist – zumindest mit | |
diesem Spitzenpersonal – kein verlässlicherer Partner als die CDU. Und da | |
die nächste Wahl gerade mal gute drei Jahre entfernt ist, werden sich die | |
Kontakte zwischen Grünen und Union eher intensivieren. Für den starken | |
linken Flügel der Grünen in Berlin, der wichtig ist, um neue politische | |
Ideen voranzutreiben und die in vielen Teilen progressivere linke | |
Aktivist*innenschaft einzubinden, ist das keine gute Nachricht. | |
Allerdings stellt sich am Ende schlicht und einfach die Machtfrage. | |
Entweder müssen die Grünen viel stärker werden und deutlich über 25 Prozent | |
landen, was nur mit dem Verzicht auf radikalere Positionen gelingt, oder | |
eben nach der Wahl mit konservativen Kräften zusammen arbeiten. | |
Es klingt daher wie die subtile Rache von Franziska Giffey, dass | |
ausgerechnet sie mit ihrem Schritt für eine Koalition der SPD mit der CDU | |
auch die Grünen in die selbe rechte Richtung treibt – und damit die | |
Umsetzung allzu radikaler Ideen etwa in der Verkehrspolitik sogar | |
längerfristig behindert. | |
Andererseits birgt diese Verschiebung im Parteiengefüge die Gefahr für die | |
SPD, dass sie zwischen Union und Grünen zerrieben wird. Für die Grünen | |
stellt sich aber nun erst mal die Frage: Wie bringt man einem linken | |
Landesverband bei, dass diese Wahlwiederholung vielleicht nichts weniger | |
als eine Zeitwende war? | |
4 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-Koalition-aus-CDU-und-SPD/!5916328 | |
[2] /Streit-zwischen-Gruenen-und-SPD-in-Berlin/!5916392 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Wochenkommentar | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Grüne Berlin | |
Franziska Giffey | |
GNS | |
Bettina Jarasch | |
Grüne Berlin | |
Franziska Giffey | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Berlin | |
SPD Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Parteitag der Berliner Grünen: Blick voraus auf 2026 | |
Grüne halten an Bettina Jarasch als Führungsfigur fest und gucken bereits | |
auf die nächste Wahl. Kritik an ihr bleibt trotz drohender Opposition aus. | |
Berlins Grüne vor Parteitag: „Die Giffey-SPD wirft mit Dreck“ | |
Am Dienstag wollen die Grünen über das Aus für Rot-Grün-Rot reden. „Es gab | |
keinen offenen Dissens“, betont Parteichef Philmon Ghirmai. | |
Berliner SPD vor den Koalitionsgeprächen: Die Sahra Wagenknecht der SPD | |
Die ersten Kreisverbände der Berliner SPD stimmen gegen Schwarz-Rot. | |
Franziska Giffey ist auf dem besten Weg, ihre Partei nachhaltig zu spalten. | |
Koalitionsverhandlungen in Berlin: Harmonie nur in der Chefetage | |
Giffeys Kreisverband Berlin-Neukölln spricht sich gegen Schwarz-Rot aus. | |
Wegner sorgt mit Plänen für Tempelhofer Feld und A100 für Empörung. | |
Nach dem Aus für Rot-Grün-Rot in Berlin: Linke zwischen Frust und Aufbruch | |
Drei Tage nach dem Aus für Rot-Grün-Rot trifft sich Berlins Linke zum | |
Parteitag. Parteichefin Schubert kündigt eine klare Oppositionspolitik an. | |
Streit zwischen Grünen und SPD in Berlin: Scheiden tut weh | |
Nach dem Aus für Rot-Grün-Rot greift die SPD die Grünen frontal an. Es | |
scheint, als sei das Tischtuch zerrissen zwischen beiden Parteien. | |
Koalitionspoker in Berlin: Verstehen muss man es nicht | |
Nach der Wahl in Berlin hätte es für Schwarz-Grün und Rot-Grün-Rot | |
gereicht. Jetzt bekommt die Stadt wohl eine schwarz-rote Koalition. Logisch | |
ist das nicht. | |
Berliner Koalition aus CDU und SPD: Giffey macht sich klein | |
Berlin wird künftig wohl von einer schwarz-roten Koalition regiert. Die SPD | |
meint, mehr Gemeinsamkeiten mit der CDU als mit Linken und Grünen zu haben. | |
Teile der SPD rebellieren gegen Giffey: Die Kampfansage der Basis | |
Nach dem Votum des SPD-Vorstands für Koalitionsgespräche mit der CDU | |
kündigen die Jusos größtmöglichen Widerstand an. Weite Teile der SPD Berlin | |
kritisieren Giffey. |