# taz.de -- Nach dem Aus für Rot-Grün-Rot in Berlin: Linke zwischen Frust und… | |
> Drei Tage nach dem Aus für Rot-Grün-Rot trifft sich Berlins Linke zum | |
> Parteitag. Parteichefin Schubert kündigt eine klare Oppositionspolitik | |
> an. | |
Bild: „Wir waren im Senat Garant für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt�… | |
BERLIN taz | Nur drei Tage, nachdem der Plan vom [1][erneuten | |
rot-grün-roten Bündnis gescheitert] ist, schaltet die Berliner Linke | |
komplett auf Opposition. Auf ihrem Parteitag am Freitag griff Landeschefin | |
Katina Schubert das künftige Regierungsduo scharf an. Den absehbar nächsten | |
Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bezeichnete sie als | |
„Dampfplauderer, der spaltet und ausgrenzt“. | |
Vom Verhalten der SPD und deren Landeschefin Franziska Giffey nach den | |
Sondierungen zeigte sie sich tief enttäuscht: „Die Denunziationen uns und | |
auch den Grünen gegenüber sind erstunken und erlogen.“ Sie hätten Schaden | |
weit über den Tag hinaus verursacht, eine erneute Auflage von Rot-Grün-Rot | |
sei dadurch fast unmöglich geworden. „Verhandlungen mit Frau Giffey sind | |
eigentlich nicht mehr denkbar“, sagte sie unter lautem Applaus vor den rund | |
130 anwesenden Delegierten. | |
Klaus Lederer, Kultursenator und Linken-Spitzenkandidat, warf Giffey | |
fehlenden Mut vor: „Wo ein Wille ist, da ist kein Wegner.“ Wer das Wohl der | |
Stadt wirklich im Blick habe, verhelfe nicht einer „Partei der Kälte“ wie | |
der CDU zur Macht. | |
Eigentlich war der Parteitag für etwas anderes vorgesehen gewesen: Die | |
Delegierten sollten dort ihre Zustimmung geben für erneute | |
Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen für eine Fortsetzung von | |
Rot-Grün-Rot. Der Landesvorstand hatte am Dienstagabend nach seiner Sitzung | |
dafür grünes Licht gegeben – doch gleichzeitig sickerte die Meldung durch, | |
[2][dass die SPD künftig mit der CDU koalieren will]. | |
Dabei waren Grüne und Linke [3][nach der dritten Sondierungsrunde mit der | |
SPD am Montagabend] noch davon ausgegangen, dass sie weiter mit den | |
Sozialdemokraten regieren werden. Zwar sei die Atmosphäre in der | |
SPD-Zentrale nicht die einladenste gewesen, berichteten | |
Teilnehmer*innen der Runde. Aber es habe keine anderen Signale von | |
Franziska Giffey gegeben. | |
Lederer stellte am Freitagabend dann auch noch mal klar: „An uns ist es | |
nicht gescheitert. Wir hatten keine unlösbaren Schwierigkeiten.“ Eigentlich | |
wäre die Koalition „bereit und fähig“ gewesen, die bis 2026 anstehenden | |
Aufgaben gemeinsam anzupacken. | |
Der SPD war die Absage der Koalition nicht genug: [4][Sie trat kräftig | |
nach], offensichtlich auch, um die Entscheidung gegen ihre | |
Koalitionspartner seit 2016 besser vor den eigenen Reihen begründen zu | |
können. Die Grünen seien vor allem von Eigeninteressen getrieben und | |
unzuverlässig; bei der Linken prognostiziert die SPD, dass sich „die | |
Aufweichung von Beschlüssen und die Verzögerung von Prozessen“ nicht nur | |
verstetigen, sondern sogar verstärken werde, wie es im SPD-Bilanzpapier der | |
Sondierungen heißt. | |
Entsprechend beherrschten den Parteitag der Linken zum einen Frust und | |
Enttäuschung über das Verhalten der SPD und den Verlust der | |
Regierungsverantwortung. „Wir dürfen jetzt auch sauer sein – und wir sind | |
zurecht sauer“, sagte Schubert. | |
Zugleich warnten die Redner*innen vor den Folgen der drohenden | |
konservativen Regierung und kündigten eine nachhaltige Oppositionspolitik | |
an. Der Enteignen-Volksentscheid werde eine „Beerdingung erster Klasse | |
erfahren“, prophezeite Schubert, es werde mehr Law-and-Order geben und | |
einen Schulterschluss mit der Immobilienlobby und Konzernen. Mehrere | |
Redner*innen kündigten an, alles zu tun, um trotz CDU-Regierung den | |
Enteignen-Entscheid umzusetzen. | |
## Einladung zum „Stadtgespräch“ | |
Sozialsenatorin Katja Kipping forderte, eine Debatte zu beginnen, wie ein | |
„progressiv-soziale Stadtpolitik aussehen muss“. Noch in diesem Frühling | |
solle die Partei alle Akteuere, die das wollen, zu einem „Stadtgespräch“ | |
einladen, sprich unter anderem Gewerkschaften, Mietenbewegung und | |
Kiezinitiativen auch in den Außenbezirken. | |
So entwickelte sich im Laufe des Abends ein durchaus spürbarer Hauch von | |
Aufbruchsstimmung. „Lasst uns spätestens 2026 mit voller Kraft diese CDU | |
wieder aus dem Roten Rathaus verjagen“, forderte Klaus Lederer. Und | |
Schubert kündigte an: „Wir kommen wieder!“ | |
Für die Linke müsse aber auch ein Prozess der Reflektion beginnen, so eine | |
häufige Forderung. Das Ergebnis der Wahl, bei der die Linke von 14 auf 12 | |
Prozent abrutschte und in vielen einstigen Hochburgen deutlich Stimmen | |
einbüßte, solle gründlich ausgewertet werden. Möglich ist das bereits auf | |
dem nächsten Parteitag Mitte Mai: Dann wird auch die bereits beschlossene | |
Doppelspitze der Partei gewählt. Bekannte Kandidat*innen dafür gibt es | |
noch nicht. Es brauche ein personelles Gesamtkonzept, hieß es am Rande. Die | |
Fraktion im Abgeordnetenhaus will bereits kommende Woche ihre Führung | |
bestimmen. Große Änderungen sind offenbar nicht vorgesehen. | |
3 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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