# taz.de -- Berlins Grüne vor Parteitag: „Die Giffey-SPD wirft mit Dreck“ | |
> Am Dienstag wollen die Grünen über das Aus für Rot-Grün-Rot reden. „Es | |
> gab keinen offenen Dissens“, betont Parteichef Philmon Ghirmai. | |
Bild: War das Lachen echt? Franziska Giffey empfängt Bettina Jarasch zum Sondi… | |
taz: Herr Ghirmai, wie ist die Stimmung in der grünen Parteiführung sechs | |
Tage [1][nach dem Aus für Rot-Grün-Rot]? | |
Philmon Ghirmai: Sie war schon mal besser. | |
Verständlich. | |
Wir haben in den vergangenen sechs Jahren in der Regierung gemeinsam mit | |
unseren Koalitionspartnern und der Zivilgesellschaft Berlin wirklich nach | |
vorne gebracht: Etwa den ökologischen Umbau der Stadt, eine bundesweit | |
beispiellose Gesellschaftspolitik, die Mobilitätswende und das Jahrzehnt | |
der Investition. Das hätten wir gerne fortgesetzt. | |
Was überwiegt: Trauer oder Wut über [2][die Anschuldigungen aus der SPD?] | |
Das unverschämte Verhalten der SPD-Führungsriege um Franziska Giffey | |
verärgert uns natürlich. Sie hat scheinbar an anderen Gesprächen | |
teilgenommen als wir und die Linke. Es hat keinen offenen Dissens gegeben, | |
anders als Giffey und Co. es nun darstellen. Ganz im Gegenteil: Es gab die | |
gemeinsame Verabredung, auf den ja erst 15 Monate alten Koalitionsvertrag | |
aufzusetzen. | |
Warum kam es dann zum Bruch? | |
Die Giffey-SPD hat sich für eine vorgestrige Politik entschieden und will | |
den Betonmischer anschmeißen. Zum Beispiel mit dem Ausbau der A 100 oder | |
der Bebauung des Tempelhofer Feldes. Wir hätten uns gefreut, wenn sie das | |
auch für sich so inhaltlich begründen würde, statt groteske Vorwürfe in die | |
Welt zu setzen und mit Dreck um sich zu werfen. | |
Ist damit die Tür zugeschlagen für Rot-Grün-Rot unter Franziska Giffey und | |
Raed Saleh? | |
Wir Grüne stehen zu unserer Verantwortung für Berlin. Das haben wir in den | |
von unserer Seite und auch von Seiten der Linken ernsthaft geführten | |
Sondierungsgesprächen mit der SPD deutlich zum Ausdruck gebracht. Die | |
beiden haben aber sehr viel Porzellan zerschlagen, ganz sicher. | |
Sollten die [3][Verhandlungen zwischen CDU und SPD noch scheitern] oder die | |
SPD-Basis dagegen und für den Gang in die Opposition votieren: Stünden die | |
Grünen für eine CDU-geführte Koalition zur Verfügung? | |
Wir haben ernsthafte Sondierungsgespräche in beiden Konstellationen | |
geführt, und es waren nicht wir, die am Ende die Tür zugeschlagen haben. | |
Das gilt für beide Optionen. Fakt ist aber auch: Der politische Weg ist für | |
die CDU viel kürzer zur SPD als zu uns. Das spiegelt sich auch in ihrer | |
Entscheidung wider, mit der SPD die politischen Uhren aufs letzte | |
Jahrtausend zurückzudrehen. | |
An diesem Dienstag haben die Grünen zu einem kleinen Parteitag geladen, auf | |
dem ursprünglich über ein Ja zu Koalitionsverhandlungen diskutiert werden | |
wollte. Worüber wird nun gesprochen? | |
Wir werden von den Sondierungsgesprächen berichten, aber auch einen Blick | |
nach vorne werfen. Dabei geht es etwa um unseren Fahrplan für die interne | |
Wahlanalyse, aber auch darum, welche Oppositionsarbeit wir leisten wollen. | |
Das ist aber erst ein Anfang. Wir werden diesen Austausch in unseren | |
Gremien in den nächsten Wochen und Monaten intensivieren. | |
Die Grünen sind erneut hinter der SPD gelandet bei der Wahl, wenn auch nur | |
ganz knapp. Was wäre anders gelaufen, wenn Ihre Partei 54 Stimmen mehr | |
bekommen hätte? | |
Das hätten die Verhandlungen gezeigt. | |
Schauen Sie nach dem Aus für die Koalition nicht besonders geknickt auf | |
diesen total knappen Vorsprung der SPD? | |
Dass am Ende so wenige Stimmen gefehlt haben, ist bitter. Das ändert aber | |
nichts daran, dass wir insgesamt ein sehr gutes Ergebnis erreicht haben. | |
Wir haben unser historisch bestes Wahlergebnis von 2021 gehalten. Das war | |
keine Selbstverständlichkeit angesichts des hart geführten und sehr | |
polarisierenden Wahlkampfes. | |
Dennoch wurde das erklärte Ziel, die Koalition unter grüner Führung | |
fortsetzen zu können, erneut nicht erreicht. Was wird jetzt aus Bettina | |
Jarasch? | |
Unsere Stärke in der jüngsten Vergangenheit war, dass wir geschlossen waren | |
sowie verlässlich und gut zusammengearbeitet haben. Das wird so bleiben. | |
Bereits in weniger als drei Wochen steht die nächste Abstimmung an: | |
[4][über den Klimavolksentscheid]. Wie gehen die Grünen damit um? | |
Wir unterstützen die Initiative, und wir haben unseren Mitgliedern | |
Möglichkeiten und Wege gezeigt, wie sie die Initiative auch bei ihrer | |
Kampagne unterstützen können. Wir haben immer gesagt, dass jede Stimme für | |
mehr Klimaschutz eine gute Stimme ist. | |
Ist jede Stimme für mehr Klimaschutz auch eine Stimme gegen Schwarz-Rot? | |
Angesichts der sich anbahnenden inhaltlichen Ausrichtung dieser | |
Rückschritts-Koalition, die ja vor allem auf Benzin und Beton setzt, kann | |
man das so sagen. Ein politischer Schwerpunkt auf die Menschheitsaufgabe | |
Klimaschutz, auf die Mobilitäts- und Energiewende zeichnet sich nicht ab. | |
Es ist also wichtiger denn je, dass es viel Druck aus der Zivilgesellschaft | |
und aus den Verbänden gibt – und auch aus der Opposition. Das gilt | |
sicherlich auch für die Sozial- und Gesellschaftspolitik. | |
Glauben Sie, der Entscheid wird zur Protestabstimmung? | |
Die SPD hat ja seinerzeit verhindert, dass die beiden Termine | |
zusammengelegt werden. Ich wünsche dem Volksentscheid in jedem Fall eine | |
sehr hohe Beteiligung und ein klares Ja für mehr Klimaschutz. Dafür werden | |
wir werben. | |
7 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Ende-von-Rot-Gruen-Rot-in-Berlin/!5919677 | |
[2] /Streit-zwischen-Gruenen-und-SPD-in-Berlin/!5916392 | |
[3] /Koalitionsverhandlungen-in-Berlin/!5917064 | |
[4] /Volksentscheid-Berlin-2030-klimaneutral/!5914177 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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