| # taz.de -- Teile der SPD rebellieren gegen Giffey: Die Kampfansage der Basis | |
| > Nach dem Votum des SPD-Vorstands für Koalitionsgespräche mit der CDU | |
| > kündigen die Jusos größtmöglichen Widerstand an. Weite Teile der SPD | |
| > Berlin kritisieren Giffey. | |
| Bild: Die alten Druckvorlagen von 2017 finden sich bestimmt noch irgendwo: Juso… | |
| Berlin taz | Wie die innerparteiliche SPD-Kampagne gegen Schwarz-Rot | |
| aussehen wird, ist noch unklar. Slogans gäbe es aus der Geschichte der | |
| Selbstverzwergung der SPD jedenfalls genug. Etwa Juso-Sprechchöre damals | |
| unter Führung von Kevin Kühnert, die den Vorsitzenden Martin Schulz 2017 | |
| bei jeder Gelegenheit mit den Worten [1][„Nie, nie, nie wieder GroKo!“] | |
| niederbrüllten. Oder 1999, als die populäre Brandenburger Arbeitsministerin | |
| Regine Hildebrandt zur drohenden Koalition mit der Union sagte: [2][„Mit | |
| den Arschlöchern von der CDU koaliere ich nicht!“] und dem | |
| Ministerpräsidenten Manfred Stolpe mit ihrem Rücktritt drohte, falls er das | |
| durchziehen würde. | |
| Nicht weniger als die „größte parteiinterne Kampagne, die die SPD Berlin je | |
| gesehen hat“, haben die Jusos am Montag nach dem „großen Fehler“ wütend | |
| angekündigt. Es ist eine offene Drohung in Richtung der Noch-Regierenden | |
| Bürgermeisterin Franziska Giffey, die im Landesvorstand Koalitionsgespräche | |
| mit der CDU durchgesetzt hat. Vor einer Koalition soll es noch einen | |
| Mitgliederentscheid geben, ob die SPD sich wirklich der CDU als | |
| Juniorpartner andienen will. | |
| [3][Sinem Taşan-Funke], Landesvorsitzende der Jusos, hatte schon vor der | |
| Vorstandssitzung mit der Kampagne begonnen und gesagt: „Niemals wird uns | |
| irgendwer oder irgendwas dazu bringen, eine Koalition mit der CDU zu | |
| unterstützen oder sie ohne Gegenwehr zu akzeptieren.“ | |
| Insbesondere mit Blick auf den rassistischen Wahlkampf der Union sagte sie: | |
| „Wer gegen migrantisierte Gruppen hetzt, gegen bezahlbaren Wohnraum ist und | |
| die Verkehrswende belächelt, disqualifiziert sich als Koalitionspartner für | |
| die Sozialdemokratie.“ | |
| ## Mal wieder Bauchschmerzen an der Basis | |
| Aber auch über die Jusos hinaus gibt es Gegenstimmen: Ben Schneider, | |
| Vorsitzender der SPD Marzahn-Hellersdorf, nannte [4][die Entscheidung | |
| Pro-CDU eine „Sackgasse“]. Die Spitzen von Partei und Fraktion ignorierten | |
| die Mehrheitsfindungen auf Parteitagen, nur so gebe es „Schnittmengen für | |
| A100 und Co.“ Anstatt mit [5][Legendenbildungen gegen Grüne und Linke] zu | |
| arbeiten, solle man die eigenen Fehler der letzten Jahre sehen, mahnt | |
| Schneider. Die zwei historisch schlechtesten Wahlergebnisse in Folge würden | |
| nun für den Ausweg in eine konservativ geführte Regierung genutzt. Das | |
| seien „die falschen Schlüsse aus einer falschen Analyse“, mit denen man | |
| Brücken zu progressiven Partnern abreiße, so Schneider. | |
| Der Kreisvorsitzende Tempelhof-Schöneberg, Lars Rauchfuß, kritisierte, er | |
| sehe „kaum Schnittmengen mit einer CDU, die wenig gegen soziale | |
| Ungerechtigkeit und Armut unternimmt“. Die größte Mehrheit gebe es für eine | |
| progressive Regierung. „Nach zwei Wahlniederlagen und nun der Aufgabe des | |
| Roten Rathauses“, so Rauchfuß, „braucht es eine offene und ehrliche | |
| Diskussion in der Partei um die inhaltliche Ausrichtung und zwingend nötige | |
| personelle Konsequenzen.“ | |
| Yannick Haan, Vorsitzender der SPD Mitte, sagte zur taz: „Mir ist wichtig, | |
| Koalitionen über Inhalte zu definieren. Und wie Mieterschutz, Verkehrswende | |
| und der Umgang mit dem Enteignungs-Volksentscheid zusammen mit der CDU von | |
| Kai Wegner gehen soll, da sehe ich derzeit keinen Weg.“ | |
| Auch der Co-Vorsitzende Fabian Fischer aus der SPD Neukölln äußerte sich | |
| ähnlich: „Für den Moment bin ich persönlich sehr skeptisch, dass aus dieser | |
| Verbindung, die in unserer parlamentarischen Demokratie die absolute | |
| Ausnahme sein sollte, der Fortschritt erwächst, den wir in unserer Stadt | |
| brauchen.“ | |
| ## „Regine Hildebrandt blieb standhaft“ | |
| Ob der innerparteiliche Widerstand gegen Giffey indes dazu reicht, eine | |
| Koalition mit der CDU per Mitgliederentscheid abzuwenden, bleibt abzuwarten | |
| und hängt dann am Ende wohl auch von der Kampagne der Jusos ab. Ihre | |
| Wähler*innen hat Giffey schon mal nicht auf ihrer Seite, wie | |
| Nachwahlbefragungen zeigten: So sprachen sich nämlich 54 Prozent der | |
| SPD-Wähler*innen für Rot-Grün-Rot als favorisiertes Regierungsbündnis aus �… | |
| nur ein gutes Drittel hielt eine Koalition mit der CDU für erstrebenswert. | |
| Ein Treppenwitz der Geschichte ist bei alledem, wo das „Nie wieder | |
| Groko!“-Geschrei von 2017 für die SPD endete: Am Kabinettstisch von Angela | |
| Merkel nämlich. Standhaft blieb nur Regine Hildebrandt, die nicht mit der | |
| CDU koalieren wollte. Die SPD indes regierte trotzdem mit der Union – nur | |
| halt ohne Hildebrandt. | |
| 2 Mar 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.n-tv.de/politik/Jusos-knoepfen-sich-Schulz-vor-article20150916.… | |
| [2] https://jacobin.de/artikel/mit-den-arschlochern-von-der-cdu-koaliere-ich-ni… | |
| [3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/franziska-giffey-jusos-rebellier… | |
| [4] https://twitter.com/ben_schndr/status/1631205718752731136 | |
| [5] /Streit-zwischen-Gruenen-und-SPD-in-Berlin/!5916392 | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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