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# taz.de -- Regierungsbildung in Berlin: Der einsame Kai kriegt Gesellschaft
> Auch die CDU von Kai Wegner stimmt für Koalitionsverhandlungen mit der
> SPD. Dafür macht Wegner große inhaltliche Zugeständnisse.
Bild: Steht jetzt wohl öfter mal im Mittelpunkt: CDU-Chef Kai Wegner
Berlin taz | Es ist offiziell: CDU und SPD gehen in Berlin in
Koalitionsverhandlungen über [1][die erste schwarz-rote Regierung seit 22
Jahren.] Der knapp 30-köpfige Landesvorstand der Christdemokraten
unterstützte am Donnerstagabend einen entsprechenden Vorschlag von
Landeschef Kai Wegner. Der Beschluss erging nach seiner Worten einstimmig.
Der 50-jährige Wegner ist damit auf dem Weg, erster CDU-Regierungschef seit
Eberhard Diepgen zu werden, der 2001 in der Berliner Bankaffäre aus dem Amt
schied. Seither regierte die CDU nur einmal mit: als Juniorpartner in der
rot-schwarzen Koalition von 2011 bis 2016. Im Wahlkampf war Wegner aufgrund
mutmaßlich fehlender Regierungspartner noch als [2][“einsamer Kai“]
bezeichnet worden, vor allem von der SPD.
Die Rückkehr zur Macht und ins Rote Rathaus lassen sich die
Christdemokraten Einiges kosten. Laut einer [3][von der SPD geschriebenen
Zusammenfassung der drei voran gegangenen Sondierungsgespräche] gibt die
CDU ihren vorigen Widerstand unter anderem in drei zentralen Punkten auf:
beim Thema Enteignung großer Wohnungseigentümer, beim
Landesantidiskriminierungsgesetz und bei der Absenkung des Wahlalters zum
Abgeordnetenhaus auf 16. Alle drei Punkte hatten die Christdemokraten zuvor
teils über viele Jahre entschieden abgelehnt.
Damit bei seiner Pressekonferenz am Donnerstagabend durch eine
Journalistenfrage konfrontiert, sagte Wegner: „In einer Koalition wird man
nie 100 Prozent durchsetzen.“ Er wolle auch nicht Bürgermeister einer
Partei, sondern der Berliner sein. Gleichzeitig kündigte er an, „auch mit
den demokratischen Oppositionsparteien zusammen zu arbeiten“ – sie braucht
er für nötige Verfassungsänderungen bei einer angestrebten
Verwaltungsreform. Die sind nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im
Parlament möglich, über die Schwarz-Rot nicht verfügt.
Zum [4][Thema Enteignung] sagte er zwar: „Ich halte weiter Enteignung für
den falschen Weg.“ Er brachte aber zum Ausdruck, dem Volksentscheid vom 26.
September 2021 gerecht werden zu wollen. Vor der Abgeordnetenhauswahl am
12. Februar hatte Wegner noch angekündigt, das Thema Enteignung nach der
Wahl sofort abzuräumen.
Auf eine nachhakende Frage, wie sich bei derart vielen Zugeständnissen an
den mutmaßlichen Koalitionspartner SPD abbildet, dass die CDU bei der Wahl
deutlich stärker abgeschnitten hat, sagte Wegner: „Hier geht es nicht
darum, tagtäglich zu zeigen, wer der Bessere ist.“ Bei der Wahl hatte die
CDU auf 28,2 Prozent zugelegt, die SPD war auf 18,4 Prozent abgesackt, ihr
schlechtestes Berliner Ergebnis seit dem 2. Weltkrieg.
## Überraschend schnell zur SPD geschwenkt
Vor der Wahl hatte Wegner kaum verhüllt eine Koalition mit den Grünen
angestrebt, auf die er schon seit Jahren hingearbeitet hatte. Noch Anfang
Februar hatte er Schwarz-Grün gegenüber der taz als [5][„meine
Traumkoalition“] bezeichnet. Dass er diese Option nun aufgab und sich so
schnell auf die noch während der letzten Sondierung mit den Grünen
durchgesickerte SPD-Offerte einließ, überraschte.
Wegner rechtfertigte das am Donnerstagabend mit „deutlich mehr
Schnittmengen mit den Sozialdemokraten“. Der CDU-Vorsitzende und
designierte Regierungschef sprach zwar vom vielen neuen Vertrauen zwischen
seiner Partei und den Grünen und bedankte sich ausdrücklich bei der
künftigen Oppositionspartei dafür. Er betonte aber die Notwendigkeit von
„verlässlicher Regierungsarbeit und das es nun darum gehe, „dass wir
schnell zu Ergebnissen kommen“.
Wegner war sichtlich an einer raschen Regierungsbildung unter seiner
Führung interessiert. Die Grünen-Verhandler hatten ihm bei den Sondierungen
offenbar nicht zusichern können, dass ihr links dominierter Landesverband –
ob bei einem Parteitag oder einer Mitgliederbefragung – einer
schwarz-grünen Koalition zustimmen würde.
Bei der SPD hatte es am Mittwochabend im Landesvorstand zwar teils heftige
Kritik, aber letztlich eine deutliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die
Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU gegeben. Die Grünen hatten
erst am nächsten Dienstag bei einem kleinen Parteitag eine Entscheidung
treffen wollen. Wie als Ziel von Schwarz-Rot gab Wegner aus: „Wir wollen
nicht, dass Berlin sich tagtäglich neu erfindet, sondern dass die Basics
funktionieren.“
2 Mar 2023
## LINKS
[1] /Berliner-Koalition-aus-CDU-und-SPD/!5916328
[2] /Wahlwiederholung-am-12-Februar/!5906628
[3] /Kai-Wegner-und-Franziska-Giffey/!5916438
[4] /Deutsche-Wohnen-und-Co-enteignen/!t5562213
[5] /Kai-Wegner-CDU-zur-Wahlwiederholung/!5911539
## AUTOREN
Stefan Alberti
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