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# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Die zwei Gesichter der SPD
> Zwischen Parteichefin Giffey und CDU-Mann Wegner scheint gerade kein
> Blatt zu passen. Doch an der Basis verteufeln viele den möglichen
> Partner.
Bild: Kevin Kühnert führte 2018 eine No-Groko-Kampagne an, Franziska Giffey s…
Ist das noch ein geeinter Verein? Sind das noch sich gegenüber stehende
Flügel oder de facto bereits zwei eigene Parteien – eine SPD und eine
Abspaltung wie 1917 die USPD, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei
Deutschland? Das sind Fragen, die sich in diesen Tagen aufdrängen, da die
SPD in Berlin, begleitet von viel linker Kritik, aber ungebremst auf den
den Entwurf eines Koalitionsvertrags mit der CDU hinverhandelt hat.
Nur drei Wochen haben sie, die gerne miteinander regieren wollen, dafür
gebraucht. Das aktuelle rot-grün-rote Bündnis, das zuvor schon fünf Jahre
miteinander gearbeitet hatte, saß 2021 trotz dafür fünf Wochen zusammen –
obwohl man sich bereits gut kannte.
Wer CDU-Chef Kai Wegner und seine SPD-Kollegin Franziska Giffey vor und
nach solchen Verhandlungen erlebt und gehört hat, der kann sich des
Eindrucks nicht erwehren: Da kommt zusammen, was schon 2021 zusammengehört
hätte. [1][Zu Besuch in der taz-Kantine] beispielsweise hatte Giffey vor
der damaligen Abgeordnetenhauswahl teils fast wortgleich gesagt, was schon
tags zuvor an gleicher Stelle von Wegner zu hören war. In den zentralen
Themen Bauen, Sicherheit und Verkehr gab es kaum Unterschiede. Als weiteres
zwischen beiden weitgehend unstrittiges Großthema ist nun noch die
Verwaltungsreform hinzu gekommen.
Wer aber etwa jüngst [2][bei einem Mitgliederforum des SPD-Kreisverbands
Mitte] zuhörte, bekam einen ganz anderen Eindruck von der SPD. Unter etwa
90 Menschen im Saal lehnten rund zwei Drittel eine Koalition mit der CDU
ab. Sie wollten für ihre Entscheidung gar nicht auf den Entwurf eines
Koalitionsvertrags warten, der am kommenden Montag präsentiert werden soll.
Inhalte galten vielmehr als nachrangig: „Haltung“ war ein mehrfach
angeführtes Argument gegen eine schwarz-rote Koalition, Rassismus warfen
manche den Christdemokraten vor. „CDU und SPD passen nicht zusammen, und
das ist gut so, und wenn sie zueinander passen, sollte uns das Sorgen
machen“, war ein dafür typischer Satz. Und dass Grüne und Linke „natürli…
Partner“ der SPD seien.
## Mitgliedervotum startet am Dienstag
Schon drei andere der insgesamt zwölf SPD-Kreisverbände hatten sich zuvor
mehrheitlich gegen Schwarz-Rot positioniert, 4:4 stand es nach Bezirken
nach jenem Abend. Die Frage war und ist bloß: Wie sehr gibt das
Meinungsbild beim SPD-Forum in Mitte die Stimmung in der Breite der
insgesamt rund 18.500 SPD-Mitglieder in Berlin wieder? Denn die stimmen ab
Dienstag parteiintern über den Entwurf ab.
Als die Jusos sich auf Bundesebene Ende 2017, Anfang 2018 gegen eine
Koalition mit der CDU wandten und eine No-Groko-Kampagne starteten, folgten
schließlich dennoch rund zwei Drittel der Partei der Empfehlung ihrer
Parteispitze für ein solches Bündnis. Vier von fünf Mitglieder hatten sich
an dem Votum beteiligt. Gälte das auch in Berlin, bräuchten sich Giffey und
ihr Co-Landesvorsitzender Raed Saleh keine Sorgen über eine Zustimmung zu
machen, auch wenn die Berlin Jusos angekündigt haben, die größte Kampagne
zu starten, die die SPD je gesehen haben soll.
Doch ist das so wie auf Bundesebene? Ist Berlin nicht auch hier anders?
Schon beim Landesparteitag im Juni 2022 mit seinen rund 270 Delegierten als
mittlerer Funktionärsebene war der Rückhalt für die Parteiführung wacklig.
Erst wurden Giffey und Saleh nur mit Ergebnissen unter 60 Prozent als
Vorsitzende wieder gewählt. Dann sprach sich der Parteitag auch noch für
Wohnungsenteignungen aus, sollte die vom Senat eingesetzte
Expertenkommission die gutheißen.
## Eigentlich ein Dreier-Bündnis
Selbst wenn beim Mitgliedervotum, das bis zum 21. April läuft, eine
Mehrheit Schwarz-Rot unterstützt: Diese Koalition ist eigentlich kein
Zweier-, sondern ein Dreierbündnis. Denn die SPD-Ablehnerfraktion ist im
Grunde ein dritter, widerstrebender Partner, der nur qua gleichem rotem
Mitgliedsbuch mitmachen muss.
Wie sehr das ein Problem für schwarz-rotes Regieren sein kann, wird vom
Ergebnis des Votums abhängen: Ein 80:20-Resultat kann Giffey als
Freifahrtschein bis zur nächsten Abgeordnetenhauswahl in dreieinhalb Jahren
nehmen. Bei einem 55:45 aber könnte die Ablehner-Fraktion zu Recht
einfordern, dauerhaft mitreden zu dürfen.
1 Apr 2023
## LINKS
[1] /taz-Talk-zur-Wahl-mit-Franziska-Giffey/!5799976
[2] /Archiv-Suche/!5920389&s=alberti+4+4&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Wochenkommentar
Kai Wegner
Franziska Giffey
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Schwarz-rote Koalition in Berlin
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Koalitionsverhandlungen
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SPD Berlin
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