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# taz.de -- Sondieren mit Kai Wegner: Koalition und Liebe
> Die CDU sondiert parallel mit SPD und Grünen. Agiert Kai Wegner klug,
> könnte er die beiden gegeneinander ausspielen. Stoff für großes Theater!
Bild: Was weiß er, was sie nicht weiß? SondiererInnen Kai Wegner und Bettina …
(Ver-)Handelnde Personen:
Kai Wegner: CDU-Parteichef und einsamer Wahlsieger
Franziska Giffey: SPD-Co-Parteichefin und Wahlverliererin
Raed Saleh: SPD-Co-Parteichef und Wahlverlierer
Bettina Jarasch: Grünen-Spitzenkandidatin und Straßensperrerin
Werner Graf: Grünen-Fraktionschef und Hertha-Fan
Klaus Lederer: Linker Kultursenator, auf Vertragsverlängerung hoffend
## Prolog
Auf der Bühne zwei Zimmer, eines mit roter und eines mit grüner Tür,
dahinter das Rote Rathaus.
Auftritt Wegner: (gestikuliert) Rotes Rathaus, pah. Hier wird jetzt schwarz
gemalt! Ich muss nur SPD oder Grüne zu Koalitionsverhandlungen überreden.
Krieg ich aber hin. Wie lustig, dass weder SPD noch Grüne gemerkt haben,
dass ich sie zur gleichen Zeit herbestellt habe.
Auftritt Graf: Hallo Kai, danke für die Einladung. Aber du weißt ja: Bei
uns Grünen musst du dich warm anziehen – hier ist schon mal der
Hertha-Schal. (ab ins Zimmer, wo schon Jarasch sitzt)
Wegner: Hahohe, ich komme gleich.
Auftritt Giffey: Mensch, Kai, schön, dich zu sehen. Bei der CDU fühle ich
mich immer wie zu Hause. Ich freue mich schon mächtig auf die
Verhandlungen. Aber du musst uns wirklich was bieten – du weißt, meine
Parteibasis … (ab ins andere Zimmer, wo schon Saleh sitzt)
Wegner: Die Spiele können beginnen. (ab ins Zimmer mit roter Tür, das per
Drebühne nach vorne rückt.)
## Akt 1
Saleh: (zu sich selbst) Dass ich mir das noch mal antun muss, Verhandlungen
mit der CDU. Jeder weiß doch, dass ich nur linke Politik mache. (zu Wegner)
Kai, unter uns alten Spandauern: Was hast du anzubieten?
Wegner: Jede Menge Posten natürlich. Jetzt habt ihr vier Senator-(hält kurz
die Luft an)-innen, wie ihr immer sagt, plus Regierende Bürgermeisterin.
Ich gebe euch fünf Posten. Prima Deal, oder?
Saleh: „*innen“ – wie redest du denn plötzlich? Du hast doch nicht etwa
schon mit den Grünen …?
Wegner: Also ehrlich, Raed! Ich bin offen für Neues, konservativ ist voll
80er.
Giffey: Jetzt hört mir mal mit diesen Nebensächlichkeiten auf. Das
Wichtigste ist doch: Was wird dann aus mir?
Wegner: So was habe ich früher schon mal von einer Kollegin von Dir gehört
…
Giffey: Lass die ollen Kamellen! Ich muss mindestens Supersenatorin werden,
nicht nur normale. Für Bauen, Integration, Neukölln, Elektroautos und noch
irgendwas.
Wegner: Da lässt sich sicher was deichseln. Und du, Raed?
Saleh: Ich würde gerne Enteignungssenator werden, irgendjemand muss sich ja
um den Volksentscheid kümmern. Ihr wisst schon, linke Politik und so.
Wegner: Perfekt. Und dann räumen wir dich und den Entscheid gemeinsam ab,
was Franziska?
Giffey: Also, bei Raed hätte ich ja gewisse Schwierigkeiten … Aber man soll
ja nie was ausschließen, habe ich im Wahlkampf gelernt.
Wegner: Der Haken ist nur, die Grünen haben eigentlich bereits zugestimmt,
mit mir zu koalieren.
Saleh: Du hast also doch schon …
Wegner (bringt ihn mit einem Handheben zum Schweigen): Also werden es
vielleicht nur vier Senator-(hält die Luft kurz an)-innen für euch. Denkt
drüber nach. (ab ins andere Zimmer, das nun in den Vordergrund geschobene
wird).
## Akt 2
Jarasch: Herr Wegner, also ich bin es ja nicht gewohnt, dass man uns so
warten lässt. Wir sind immerhin die Sieger*in der Herzen vom 12. Februar
und keine von den Kleinstparteien, die uns den Triumph über die SPD geklaut
haben.
Wegner: Chillt mal, noch nix geraucht? Ich musste mit meiner Partei noch
ein paar Zugeständnisse abstimmen.
Graf: Da bin ich jetzt gespannt.
Wegner: Erst mal muss ich betonen: Schwarz-Grün wäre eine Koalition gegen
die Spaltung und für die Versöhnung. Wir bringen Innen- und Außenstadt
zusammen, Groß und Klein, Alt und Jung, Dick und Doof, Platte und
Einfamilienhaus, Einradfahrer und Zweiradfahrer, Friedrichstraße und Autos,
Fußgänger und Fußkranke, …
Graf: schnarcht leise
Jarasch: ebenfalls
Wegner: (laut) Jedenfalls der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Graf (schreckt auf): Hahohe!
Jarasch: Mit mir als Brückenbauerin. Das wäre doch ein super
Senator*innenposten für mich, oder? Auf Brücken könnte man auch
Radwege bauen, mit veganen Angelscheinen was für den Tierschutz tun und mit
einer Kläranlage darunter Flüsse sauberer machen.
Wegner: Klar, träumt nur weiter. Die SPD habe ich längst im Boot. Ihr seid
nicht mal mehr Elektroaußenborder.
Graf: Das kannst du doch nicht … Wir sitzen doch immer so schön bei Hertha
zusammen. Da weißt du doch, wie sich Verlierer fühlen.
Wegner: Das ist der Stand. Es sei denn, ihr habt noch was anzubieten. (ab
ins andere Zimmer, Bühne schwenkt um)
## Akt 3
Giffey: Also Kai, so habe ich mir das nicht vorgestellt. Aber gut: Ich will
SPD pur, du ja auch. Lass uns die A 100 achtspurig ausbauen und am besten
auf Brücken über dieses linksgrünversiffte Friedrichshain hinweg. Mir macht
das nichts aus, da steh ich drunter …
Wegner: Stimmt, du wohnst ja da.
Saleh: Und ich trete als Enteignungssenator ganz schnell zurück,
versprochen, damit ist das Thema erledigt.
Wegner (zu sich): Das Spiel geht auf. (zu Saleh): Du bist ja auch in der
Fraktion am besten aufgehoben. Und ich tue euch noch einen Gefallen: Von
euren fünf Senator*innen übernehmen wir noch das Bildungsressort, da
findet sich schon jemand.
Saleh: Endlich findet sich jemand für die Bildung, hurra! So machen wir’s.
Giffeys Handy klingelt.
Giffey (ins Handy): Hallo Klaus. Nein, das mit der Enteignung ist geregelt.
Zu Rot-Grün-Rot muss ich dir sagen …
Wegner: Wollt ihr die Ergebnisse schon mal protokollieren? Ich muss kurz
noch grünes Licht einholen. (zu sich): Aber anders, als ihr denkt. (ab ins
andere Zimmer, Drehbühne wie immer)
## Akt 4
Jarasch (zu Graf): Also wenn er dir noch den Sportsenatorposten gibt und
zusichert, dass du immer beim Hoffest auflegen darfst, dann könnten wir
doch auf das Verkehrsressort verzichten, oder? (zu Wegner): Also bevor die
Union mit der SPD wieder so ’ne Stillstandsnummer macht, hätten wir da noch
ein Angebot. (schiebt ihm eine Liste rüber)
Wegner: Das liest sich ganz gut, hier und da müssten wir noch drüber reden.
Aber wenn ihr im Senat mit Sport und Kultur zufrieden seid, will ich mal
nicht so sein und euch noch Justiz geben – dann dürft ihr euch mit den
Ausbrechern rumärgern. Und klar: Alle Senator-(hält kurz die Luft an)-innen
machen jetzt auch Klimaschutz, versprochen (kreuzt hinter dem Rücken Zeige-
und Mittelfinger). Nur: Wie machen wir das mit der Enteignung?
Jarasch: Ultima Ratio. Wir haben ja von der SPD gelernt, wie man ein
Mobilitätsgesetz auf der Zielgerade vor der nächsten Wahl noch killt – und
es dann wieder aus der Truhe holt.
Grafs Handy klingelt.
Graf (am Handy): Servus Klaus. Ähm, Enteignung, das ist gerade ein ganz
schlechter Zeitpunkt …
Wegner: Ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren …
Jarasch: Ja, ja, das hattest du schon mal. Nur wie verkaufen wir das der
Partei?
Wegner: Sagt einfach, dass die SPD die linke Sache verraten hätte und ihr
nun für gutes Klima im Senat sorgen müsst. Wir schicken euch also ’ne
Einladung zu Koalitionsverhandlungen. Es war mir eine Ehre. (ab ins andere
Zimmer)
## Epilog
Wegner (zu Giffey und Saleh): Wir sind im grünen Bereich – und schicken
euch dann ’ne Einladung zu Koalitionsverhandlungen. Es war mir eine Ehre.
Wegner (am Bühnenrand): Was für ein Theater! Mit der SPD oder mit den
Grünen – das ist hier die Frage!
17 Feb 2023
## AUTOREN
Stefan Alberti
Bert Schulz
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