# taz.de -- Berliner SPD vor den Koalitionsgeprächen: Die Sahra Wagenknecht de… | |
> Die ersten Kreisverbände der Berliner SPD stimmen gegen Schwarz-Rot. | |
> Franziska Giffey ist auf dem besten Weg, ihre Partei nachhaltig zu | |
> spalten. | |
Bild: Bald die „einsame Franziska“ und der „einsame Raed“? | |
BERLIN taz | „Politik macht sie schon lange nicht mehr für die Linke“, | |
sagte deren Berliner Landeschefin Katina Schubert am Wochenende. „Sie | |
arbeitet auf eigene Rechnung.“ | |
Natürlich sprach Schubert über Sahra Wagenknecht. Ersetzt man im Zitat aber | |
Linkspartei durch SPD, könnte sich auch Franziska Giffey angesprochen | |
fühlen. Die Landesvorsitzende der Berliner SPD hat mit ihrer Entscheidung, | |
als Juniorpartnerin mit der CDU koalieren zu wollen, einen riskanten Kurs | |
eingeschlagen. An dessen Ende könnte ihre Partei auseinanderbrechen. | |
Die ersten Warnschüsse sind bereits abgefeuert. Giffeys [1][Neuköllner | |
Kreisverband] votierte in einer Abstimmung (wenn auch knapp) gegen eine | |
Neuauflage der Großen Koalition. Der Kreisverband Steglitz-Zehlendorf | |
folgte dem Votum. In Mariendorf, das bekanntlich nicht innerhalb des | |
S-Bahn-Rings liegt, fordert die SPD den Kreisverband Tempelhof-Schöneberg | |
einstimmig auf, gegen eine Groko zu stimmen und [2][„personelle | |
Konsequenzen“] auf Landesebene zu fordern. | |
Ja, es sind die Funktionäre, die derzeit Stimmung gegen das Wegner-Bündnis | |
machen, und nicht die Parteibasis, die am Ende entscheidend soll. | |
Allerdings kann es sein, dass die Voten nicht nur die | |
Koalitionsverhandlungen überschatten werden, die am Donnerstag beginnen. | |
Sie können auch eine Dynamik in Gang setzen, der sich am Ende die | |
Parteimitglieder in ihrer Entscheidung nicht entziehen könnten. | |
## Misstrauen gegen Parteitag | |
Wie sehr die Parteiführung um Franziska Giffey und Raed Saleh ihre einzige | |
Hoffnung auf die Basis setzt und den eigenen Funktionären misstraut, zeigt | |
ein Gerücht, das am Montag die Runde macht. Es könnte sein, heißt es, dass | |
der Landesvorstand auf seiner Sitzung am Montagnachmittag entscheidet, das | |
Votum des Mtgliederentscheids nicht mehr durch einen Landesparteitag | |
bestätigen zu lassen. Das wäre Basta-Politik à la Gerhard Schröder, allein | |
mit dem Unterschied, das Schröders Bastas aus einer Position der Stärke | |
kamen, das von Giffey aber ihre Schwäche offenbart. | |
Seit dem Moment, als Franziska Giffey, damals noch Bundesfamilienministerin | |
mit einer Plagiatsaffäre an der Hacke, bei der [3][Fraktionsklausur der | |
Abgeordnetenhausfraktion im Januar 2020] auftauchte und erstmals ihre | |
Ambitionen als Landespolitikerin zeigte, ist in der Berliner SPD kaum mehr | |
ein Stein auf dem anderen geblieben. Schritt für Schritt hat sich der | |
debattenfreudige Landesverband ihrer Chefin ausgeliefert. Das Kalkül: Nur | |
Giffey kann verhindern, dass die SPD das Rote Rathaus verliert. | |
So ist sie 2021 als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf gezogen, und so hat | |
sie 2023 die Wahlwiederholung krachend verloren. Dass sie nun das Rote | |
Rathaus freiwillig räumt, zeigt, dass das Kalkül nicht nur nicht | |
aufgegangen ist. Weil sich die SPD ihrer Frontfrau bis auf Haut und Knochen | |
ausgeliefert hat, droht nun auch der Gang in die einst verhasste Koalition | |
mit der CDU. Nicht wie bei Wowereit als Koch, sondern als Kellnerin. | |
Noch vor einigen Wochen hat Giffeys Co-Landeschef Raed Saleh CDU-Mann | |
Wegner als [4][„einsamen Kai“] verspottet. Nun sind er und Giffey seine | |
Steigbügelhalter:innen. Einsam sind nun andere, auch wenn sie die | |
Abstimmung unter den Mitgliedern gewinnen sollten. Tief gespalten wäre die | |
SPD dann und könnte nicht einmal darauf hoffen, dass Giffey sie in drei | |
Jahren wieder ins Rote Rathaus führt. Denn wer weiß schon, siehe Zitat | |
oben, auf welche eigene Rechnung Giffey dann arbeitet. Vielleicht lässt sie | |
die Genossen ohne Vorwarnung im Stich, wie einst Jürgen Klinsmann, der | |
große Hoffnungsträger der Hertha. | |
Die einzige Chance der Genossinnen und Genossen ist deshalb der Gang in die | |
Opposition. Nur dort kann sich die Berliner SPD wieder berappeln. Mit jenen | |
personellen Wechseln, die gerade in Mariendorf gefordert wurden. | |
6 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Koalitionsverhandlungen-in-Berlin/!5917064 | |
[2] https://www.facebook.com/jan.rauchfuss1/posts/pfbid036hubhL7oWDi6x89QJe1uSy… | |
[3] /SPD-Fraktionsklausur-in-Nuernberg/!5659328 | |
[4] /Wahlwiederholung-am-12-Februar/!5906628 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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