# taz.de -- SPD-Fraktionsklausur in Nürnberg: Giffey macht den Aufschlag | |
> Auf der SPD-Fraktionsklausur hält Familienministerin Giffey eine | |
> mitreißende Rede – und bringt sich für den Landesvorsitz in Stellung. | |
Bild: Franziska Giffey am Samstag in Nürnberg | |
Der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier, nicht gerade als Freund des Regierenden | |
Bürgermeisters Michael Müller bekannt, reagiert sofort. „Franziska Giffey | |
begrüßt zwischen zwei Wahlkampfterminen die Klausurtagung der | |
@SPDFraktionBerlin in Nürnberg“, schreibt der Kaulsdorfer auf Facebook und | |
beendet den Satz geradezu prophetisch: „… und ist sofort umringt wie ein | |
Popstar. Überzeugender Auftritt“. | |
Sie hat es also getan. Die Bundesfamilienministerin und ehemalige | |
Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey nutzte die Bühne der | |
Klausurtagung der SPD-Fraktion in Nürnberg und präsentierte sich den 38 | |
Abgeordneten als zupackende Menschenfängerin. „Wisst ihr, wenn ich im | |
Bundesgebiet unterwegs bin, dann sagen die Leute, wie toll sich Berlin | |
entwickelt“, sagt sie, nicht ohne Müller en passant zu loben. „Das fällt … | |
nicht vom Himmel.“ Und dann hält sie eine Werbebroschüre in der Hand, die | |
bis dahin noch keinen im Konferenzsaal des Grand Hotel Meridian | |
interessiert hat. | |
„Eine Stadt für alle“, zitiert sie den Titel der Broschüre und fragt | |
enzückt: „Wer hat das denn gemacht? Etwa ihr alle?“ Einen Moment fühlte m… | |
sich wie beim Kindergeburtstag, aber dann reibt man sich die Augen. Nein, | |
das ist die Berliner SPD, und Franziska Giffey ist ihre Hoffnungsträgerin, | |
und wenn sie die Geschichte mit ihrem Ehemann übersteht, wird sie wohl auch | |
die Spitzenkandidatin der Berliner Sozialdemokraten für die Wahl zum | |
Abgeordnetenhaus im Herbst nächsten Jahres. Das zeichnet sich seit dem | |
Wochenende ab. | |
Noch allerdings ist Michael Müller, der zugleich auch Landeschef der | |
Berliner SPD ist, nicht bereit, seinen Platz ohne weiteres zu räumen. Seine | |
Unterstützer wollen zunächst abwarten, ob der aberkannte Beamtenstatus von | |
Giffeys Ehemann Karsten Müllers Gegenspielerin nicht doch noch schaden | |
könnte. | |
Wenn nein, heißt es, dass Giffey sich aber keinen schlanken Fuß machen | |
dürfe und lediglich als Spitzenkandidatin antreten dürfe. Wenn schon, so | |
der Spin, müsse sie auch als Landeschefin der SPD beim Parteitag im Mai | |
ihren Hut in den Ring werfen – und dann mal schauen, wie das zusammenpasst: | |
ein linker SPD-Landesverband und eine eher rechte Sozialdemokratin aus | |
Neukölln ohne wirkliche Hausmacht. | |
## Raed Saleh hat der Auftritt gefreut | |
Dass die in Frankfurt (Oder) geborene Giffey keineswegs den Weg des | |
geringsten Widerstands gehen will, zeigt ihr Auftritt in Nürnberg. Wo, wenn | |
nicht bei der SPD-Fraktion könnte ein Werbefeldzug für neue Mehrheiten für | |
den Landesvorsitz beginnen. Fraktionschef Raed Saleh jedenfalls genoss den | |
Besuch der Hoffnungsträgerin sichtlich. | |
Gut möglich, dass er sein einflussreiches Netzwerk nutzt, um künftig für | |
sich zu werben. Außerdem weiß Giffey wohl genau, dass ein bisschen Macht | |
allein nicht reicht. Bestes Beispiel ist das Scheitern von Monika Grütters | |
bei der Berliner CDU. | |
Während Giffey sich in die Höhle des Löwen begibt, macht der Löwe, der bis | |
dahin in der Höhle brüllte, das Gegenteil. Klammheimlich verlässt er den | |
Saal und verpasst so die prophetischen Sätze seiner Herausforderin. „Lasst | |
uns sehn,was geht. Lasst uns sehn, was noch geht!“ | |
Giffey kommt, Müller flüchtet. Mehr muss man dazu nicht sagen. Außer dass | |
die Machtfrage vielleicht auch vor einer Kampfabstimmung geregelt werden | |
könnte. Michael Müller kann ja immer noch für den Bundestag kandidieren. Es | |
wäre eine gesichtswahrende Lösung. Falls Giffey nicht über ihren Mann | |
stürzt. Aber das wäre eine sehr männliche Hoffnung. | |
26 Jan 2020 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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