# taz.de -- Aktion der „Letzten Generation“: Scharfe Kritik an BER-Blockade | |
> Die „Letzte Generation“ stört den BER-Flugbetrieb. Es werden drastische | |
> Strafen gefordert. Die Behörden in Brandenburg übernehmen die | |
> Ermittlungen. | |
Bild: Klimaaktivistin am BER: Zaun einfach durchgeschnitten | |
BERLIN taz/dpa/epd | Die Aktion war spektakulär: Am Donnerstag gelang es | |
Klimaaktivist:innen der „Letzten Generation“, [1][auf das Rollfeld | |
des Hauptstadtflughafens BER] zu gelangen. Rund zwei Stunden lang war der | |
Flugbetrieb blockiert. Nach Angaben der Bundespolizei hatten sich einige | |
Menschen am Boden festgeklebt. Die Aktion wurde live auf Twitter gestreamt. | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich unmittelbar zur | |
Aktion. „Den Flughafen zu blockieren, ist eine erneute Eskalation und | |
absolut inakzeptabel“, twitterte Faeser. „Diese Aktionen zerstören wichtige | |
gesellschaftliche Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel.“ Die | |
SPD-Politikerin bedankte sich zudem bei der Bundespolizei für ihr schnelles | |
Einschreiten gegen diese Straftäter. | |
In einem Interview mit dem Focus verurteilte auch Bundeskanzler Olaf Scholz | |
(SPD) die Blockade-Aktionen der Klimaaktivist:innen. „Ich will klar sagen, | |
dass ich diese Aktionen für verfehlt halte“, sagte Scholz. Auf die Frage, | |
ob er sich selbst als junger Mensch an solchen Aktionen beteiligt hätte, | |
entgegnete der Kanzler, dass er diese Frage als 60-Jähriger nicht | |
beantworten könne – „weil es unangemessen ist, aus meinem Blickwinkel über | |
die Perspektive eines 17-Jährigen zu urteilen“. | |
Tatsächlich wirft die [2][Aktion insbesondere Fragen] dazu auf, wie die | |
Aktivist:innen in den Sicherheitsbereich des Flughafengeländes | |
eindringen konnten. Flughäfen zählen zur sogenannten kritischen | |
Infrastruktur, die besonders geschützt werden soll und muss. Wie ein | |
Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag mitteilte, ist die | |
Bundespolizei zuständig für die Sicherheit an den Flughäfen. Die | |
Ermittlungen lägen bei den Behörden in Brandenburg. | |
## Wenig Verständnis für die Aktion | |
Von der Staatsanwaltschaft Cottbus und dem Polizeipräsidium Brandenburg | |
hieß es am Freitag, dass sich sechs Personen am Donnerstag gegen 16.20 Uhr | |
„unerlaubt Zutritt zum Sicherheitsbereich des Flughafens BER“ verschafft | |
hätten. Vier Personen klebten sich im Bereich der Start- und Landebahnen | |
an. Fünf Männer und eine Frau im Alter zwischen 20 und 32 Jahren wurden in | |
Polizeigewahrsam genommen. Fünf von ihnen wurden dann wieder enttlassen und | |
erhielten einen Platzverweis. Eine Person befindet sich nach richterlicher | |
Anordnung weiterhin im Gewahrsam. | |
Konstantin von Notz, Innenpolitiker der Grünen, bezeichnete die Aktionsform | |
der „Letzten Generation“ als „kontraproduktiv, anmaßend und potenziell | |
gefährlich“. Dem Klimaschutz dienten solche Eingriffe in den Betriebsablauf | |
eines Flughafens nicht, twitterte der Grünen-Politiker. Er wies in diesem | |
Zusammenhang auf empfindliche Strafen hin. Aber: Es gelte genau zu prüfen, | |
wie es den Aktivistinnen und Aktivisten so einfach gelingen konnte, in den | |
relevanten Sicherheitsbereich des Flughafens, nämlich auf das Rollfeld des | |
BER, zu gelangen, so von Notz. | |
Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisierte das Vorgehen | |
der Aktivist:innen scharf. Das Demonstrationsrecht sei zwar ein | |
Grundrecht, doch die Aktionen der Gruppe würden „immer skrupelloser“, | |
erklärte der FDP-Politiker. „Die Gesellschaft kann ein solches Verhalten | |
nicht hinnehmen.“ Der Rechtsstaat müsse dagegen „entschieden vorgehen“. | |
Linken-Chef Martin Schirdewan verteidigte dagegen die „Letzte Generation“, | |
deren Protest lege „den Finger in die Wunde der politischen Untätigkeit | |
angesichts der Klimakatastrophe“. | |
## „Klimaprotest darf keine negativen Folgen für andere haben“ | |
Die deutsche Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, Jennifer | |
Morgan, mahnte die Verhältnismäßigkeit der Proteste an. „Wir brauchen das | |
Engagement der jungen Menschen und der Zivilgesellschaft. Aber jeder | |
Einsatz für den Klimaschutz muss im Rahmen der Gesetze unserer Demokratie | |
bleiben“, sagte die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt den Zeitungen der | |
Funke Mediengruppe: „Klimaprotest darf keine negativen Folgen für andere | |
Menschen haben.“ | |
Morgan zeigte aber grundsätzliches Verständnis für die Proteste: „Ich kann | |
verstehen, wie frustriert junge Menschen über die Klimapolitik sind.“ Man | |
sehe, was die Wissenschaft sage: „Und zugleich sehen wir, wie weit wir von | |
unseren Zielen etwa bei der Begrenzung der Erderwärmung entfernt sind. Das | |
ist für die jungen Menschen und ihre Zukunft eine Krisensituation.“ | |
Die Aktion wird vermutlich gravierende Folgen haben. Laut Polizei wurden | |
mehrere Menschen in Gewahrsam genommen. Es wurde Anzeige erstattet wegen | |
gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr, Hausfriedensbruch und | |
Sachbeschädigung, teilte das Polizeipräsidium Brandenburg am Abend mit. | |
Aktivist:innen der „Letzten Generation“ hatten in den vergangenen | |
Wochen [3][immer wieder den Straßenverkehr] blockiert, sich an Gemälden in | |
Museen festgeklebt und sie mit Flüssigkeiten beworfen. In dieser Woche | |
klebten sie sich in der Hamburger Elbphilharmonie an einem Dirigentenpult | |
fest. Sie wollen mit ihren Aktionen Aufmerksamkeit auf die Klimakrise und | |
deren Folgen lenken. Und dadurch die Politik zum Handeln bringen. | |
25 Nov 2022 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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