# taz.de -- Reaktion auf transfeindliche Gewalt: Transfeindlichkeit hält an | |
> Ein Bremer Bündnis fordert konsequentes Handeln gegen Transfeindlichkeit. | |
> Aufklärung und Prävention müssten in der Bildungsarbeit verankert werden. | |
Bild: Mit Pride-Flagge und Schildern: Demonstrierende auf dem Bremer Domshof | |
BREMEN taz | In Bremen setzt sich ein neu gegründetes Bündnis gegen | |
Transfeindlichkeit ein. Es hatte vergangenen Freitag zu einer Mahnwache | |
aufgerufen, auf der etwa 200 Menschen den von transfeindlicher Gewalt | |
Betroffenen gedachten. Das Bündnis brachte auch politische Forderungen vor: | |
„Wir wünschen uns, dass es nach transfeindlichen Angriffen nicht nur bei | |
Anteilsbekundungen seitens der Politik bleibt, sondern konkrete | |
Entscheidungen getroffen werden“, sagte Finn Müller, Koordinator*in im | |
Projekt „Queere Bildung“. | |
Knapp anderthalb Monate sind seit den transfeindlichen Angriffen in Münster | |
und in Bremen vergangen. In Münster starb der trans* Mann Malte C. Anfang | |
September nach einem [1][Angriff auf dem Christopher Street Day (CSD]). In | |
Bremen griff eine Gruppe Jugendlicher [2][eine trans* Frau in der | |
Straßenbahn] an. | |
Auf einer spontanen Kundgebung hatten sich daraufhin rund 250 Menschen vor | |
dem Bremer Kulturzentrum Schwankhalle versammelt. „Wir hatten diese | |
Versammlung eher für die Community organisiert, nach innen“, sagt Müller. | |
„Jetzt wollen wir nach außen wirken und Transfeindlichkeit ins öffentliche | |
Bewusstsein rufen.“ | |
Anfeindungen und Ausschlüsse seien für trans* Menschen „leider normal“, | |
berichtet Müller – ob online, auf der Straße oder auch bei Ärzt*innen. Auf | |
dem CSD in Bremen und auf dem Inter*Dyke*March hätten sich in diesem Jahr | |
gleich mehrere Übergriffe ereignet: Passant*innen beleidigten | |
Teilnehmer*innen und rissen ihnen Fahnen von Hals und Fahrrad ab. | |
„Hetze schlägt schnell in körperliche Gewalt um“, sagt Müller. Die Gruppe | |
Queeraspora sagt in ihrem Redebeitrag: „Die alltägliche Transfeindlichkeit | |
ist im Tod von Malte gemündet.“ | |
## Mehr Investition in Bildungsprojekte | |
Bei Queeraspora organisieren sich queere Geflüchtete und BIPoCs (Black, | |
Indigenous and People of Colour). „Transfeindlichkeit ist ein globales | |
Problem“, sagt der*die Sprecher*in von Queeraspora. Nach den Angriffen | |
habe es Versuche gegeben, transfeindliche Gewalt auf BIPoCs und | |
geflüchtete Menschen zu schieben. Das verurteilen sowohl Queeraspora als | |
auch die Organisator*innen der Mahnwache. „Wir werden nicht sicherer, | |
wenn benachteiligte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden“, sagt Müller. | |
Das Bündnis fordert auch mehr Investitionen in Bildungsprojekte. „Die | |
Arbeit mit Schüler*innen ist wichtig, da Transfeindlichkeit auch von | |
Kindern und Jugendlichen ausgeht“, sagt Müller. Das habe sich bei dem | |
Angriff in der Bremer Straßenbahn, aber auch im Projekt „Queere Bildung“ | |
gezeigt, welches das „[3][Rat und Tat“-Zentrum Bremen] für Schulklassen und | |
Lehrkräfte anbietet. | |
In einem der Workshops hätten mehrere Schüler*innen den Angriff auf die | |
Bremer trans* Frau gerechtfertigt. „Die Situation hat sich so weit | |
hochgeschaukelt, dass ein Schüler mit körperlicher Gewalt gedroht hat“, | |
sagt Müller – dies habe das Team „nur knapp verhindern“ können. Im Proj… | |
gebe es seit diesem Jahr eine Stelle, die von der Senatorin für Kinder und | |
Bildung gefördert wird. „Das ist ein großer Fortschritt, gemessen an der | |
Realität aber leider zu wenig“, findet Müller. Jährlich fänden 50 Worksho… | |
statt, die jeweils zwei bis vier Personen durchführen. | |
Außer Müller arbeiten derzeit alle Teamer*innen ehrenamtlich. Sie seien | |
nicht immer verfügbar – inklusive Vor- und Nachbereitung nehme ein Workshop | |
etwa sechs Stunden in Anspruch. „Um die Qualität unseres Projektes | |
sicherzustellen, benötigen wir eine zweite Fachkraft“, sagt Müller. Auch | |
über ein Budget für Fortbildungen und Aufwandsentschädigungen möchte das | |
Projekt mit dem Bildungsressort ins Gespräch kommen. | |
## Nächste Demo geplant | |
In der [4][Koalitionsvereinbarung der rot-grün-roten Landesregierung] heißt | |
es, dass „Aufklärung sowie Prävention gegen Homophobie und | |
Trans*/Interfeindlichkeit“ fest in der Bildungsarbeit verankert werden | |
sollen. Außerdem will die Regierung das „Rat und Tat“-Zentrum „finanziell | |
besser ausstatten“. | |
„Wenn trans* Menschen sich gegen Transfeindlichkeit engagieren, sind sie | |
schnell in 40 Projekten gleichzeitig involviert“, sagt ein*e | |
Teilnehmer*in der Mahnwache – zu vieles sei zu tun, zu wenig | |
Unterstützung gebe es von außen. „Wir sind auf Solidarität aus allen | |
Gruppen der Gesellschaft angewiesen – auch Kirchen und Gewerkschaften“, | |
sagt Müller. Als nächstes plane das Bündnis eine Demonstration am 19. | |
November, dem Vortag des „Trans Day of Remembrance“. | |
22 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Queerfeindlichkeit-in-Deutschland/!5880996 | |
[2] /Angriff-in-Bremer-Strassenbahn/!5879081 | |
[3] https://www.ratundtat-bremen.de/ | |
[4] https://spd-land-bremen.de/Binaries/Binary_6302/Koalitionsvereinbarung-RGR-… | |
## AUTOREN | |
Pia Schirrmeister | |
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