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# taz.de -- Bremen will Rainbow City werden: Echtes Anliegen oder Queerwashing?
> Als Rainbow City will sich Bremen für queere Rechte einsetzen.
> Aktivist*innen befürchten, das Ansinnen könne nach der Wahl
> verpuffen.
Bild: Geübt in Solidaritätsbekundungen: Regenbogenfahne am Bremer Rathaus bei…
Bremen taz | Die Stadt Bremen will ins Rainbow-Cities-Netzwerk (RCN)
aufgenommen werden, das hat der Senat am 7. März beschlossen. Die
Mitgliedsstädte des Netzwerks setzen sich für die Gleichstellung und
Anerkennung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt ein. Während der
Beschluss grundsätzlich auf Anerkennung trifft, befürchten einige
Aktivist*innen sogenanntes Queerwashing, also eine Marketingkampagne
ohne Substanz.
In erster Linie dient das RCN dem Austausch von Erfahrungen und Ideen für
politische Projekte im Bereich LGBTIQ+, also für lesbische, schwule,
bisexuelle, trans, inter und allgemein alle queeren Communities. Alle
Mitgliedsstädte positionieren sich für die Rechte von LGBTIQ+-Personen und
gegen [1][Diskriminierung]. 45 Städte aus 22 Staaten sind nach heutigem
Stand Mitglieder im RCN, darunter 10 deutsche Kommunen.
Was die Mitgliedschaft im Netzwerk für Hamburg verändert hat, erklärt
Dorothee Bramlage, Referentin in der Hamburger Gleichstellungsbehörde.
Einerseits setze der Senat damit ein ganz klares Zeichen nach außen, die
Mitgliedschaft schlage sich aber auch konkret in politischen Projekten
nieder: „Wenn ich Projekte umsetzen will“, erklärt Bramlage, „gibt mir d…
eine bessere Argumentationsgrundlage.“ So könne der Verweis auf andere
Städte im RCN helfen, einen manchmal zögerlichen Senat zu überzeugen.
Außerdem sei der Austausch über Wissen, Ideen und Best Practices hilfreich.
„Es gibt so viel Erfahrung seitens der Mitgliedsstädte und die können wir
für Hamburg nutzen“, sagt Bramlage und verweist auf ein neues Projekt zur
LGBTIQ+-sensiblen Senior*innenarbeit nach dem Vorbild Berlins und die
in Hamburg erarbeiteten Hinweise für geschlechtersensible Sprache in der
Verwaltung nach dem Vorbild Hannovers. Denen seien mittlerweile auch andere
Städte gefolgt.
## Gewalt gegen trans Personen
Auch vom Bremer Landesaktionsplan gegen Homo-, Trans- und Interphobie
können andere Städte profitieren, findet Bernd Schneider, Sprecher der
Bremer Senatorin für Soziales. Beispielsweise werden inter und trans
Personen in Schulen und Universitäten unter ihrem selbstgewählten Namen und
Geschlecht geführt, noch vor deren standesamtlicher Anerkennung.
Für die Umsetzung solcher einfachen administrativen Maßnahmen, so
Schneider, sei oft „nicht mehr notwendig als ein bisschen guter Wille“. Und
auch für kostspieligere Gleichstellungsmaßnahmen wie die finanzielle
Unterstützung künstlicher Befruchtung bei lesbischen Paaren habe man in
Bremen [2][eine Lösung gefunden].
Ist Bremen also das Gold am Ende des Regenbogens? Sonja Höstermann vom
Verein Christopher Street Day (CSD) ist da zurückhaltender. Für die
spezifischen Bedürfnisse intersektional marginalisierter LGBTIQ+-Personen,
beispielsweise von queeren Geflüchteten oder Menschen mit Behinderung, gebe
es kaum Unterstützung.
Außerdem kam es im letzten Jahr mehrfach zu Beleidigungen bis hin zu
physischer [3][Gewalt gegen trans Personen im öffentlichen Raum]. Queer
gelesene Personen seien angepöbelt oder mit Vergewaltigung und Tod bedroht
worden und können sich in Bremen nicht sicher fühlen, so Höstermann. „In
unserer Utopie einer Regenbogenstadt findet so etwas natürlich nicht
statt.“
Trotz aller Kritik begrüße der CSD die Initiative: „Das ist ein Schritt in
die richtige Richtung.“ Der Zusammenschluss gleichgesinnter Kommunen sei
lobenswert, so Höstermann. Dennoch befürchte der CSD, die Initiative könnte
nach dem Wahlkampf als Queerwashing verpuffen. Wer aber den Titel
Regenbogenstadt für sich in Anspruch nehme, findet die CSD-Sprecherin, gebe
damit ein Versprechen. „Das muss auch erfüllt werden.“
## Bremerhaven nicht dabei
Bisher hat sich nur Bremen um die Aufnahme ins Netzwerk Rainbow Cities
bemüht. Bremerhaven ist laut einem Beschluss der Bürgerschaft von Dezember
2021 ebenso aufgefordert, sich dem Netzwerk anzuschließen. Auch der Senat
habe die Bereitschaft für Bremerhaven mitbeschlossen, erklärt der Sprecher
der Senatorin für Soziales, Bernd Schneider. „Insofern können sie sich dem
Ansinnen nicht ganz verschließen.“
Der Bremerhavener Magistrat betont hingegen, die Stadt Bremen sei „einem
gemeinsamen Beitritt zuvorgekommen“. Einen einheitlichen Aufnahmeprozess zu
starten, sei, so die Sprecherin des Magistrats Laura Bohlmann, „trotz
mehrfacher Nachfragen beim zuständigen Ressort in Bremen leider nicht
gelungen“.
Sonja Höstermann vom CSD wünscht sich schon jetzt mehr Unterstützung
vonseiten Bremerhavens für die queere Community: Besonders in der Seestadt
laufe die Umsetzung des jahrealten Landesaktionsplans schleppend. So etwas
wie das queere Zentrum [4][„Rat und Tat“] in der Stadt Bremen gebe es dort
ebenfalls nicht: Die LGBTIQ+-Community habe keine Treffpunkte, keinen Ort
zur Selbstorganisierung, keine Schutzräume. „Hier ist bisher noch ‚queere
Wüste‘“.
24 Mar 2023
## LINKS
[1] /Reaktion-auf-transfeindliche-Gewalt/!5889436
[2] /Hilfe-bei-Kinderwunsch-fuer-queere-Paare/!5814327
[3] /Demo-gegen-Queerfeindlichkeit/!5876481
[4] https://www.ratundtat-bremen.de/
## AUTOREN
Selma Hornbacher-Schönleber
## TAGS
Bremen
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Queer
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
Homophobie
Deutsche Politik
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