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# taz.de -- Neue Clearingstelle in Bremen: Kleine Hoffnung für Papierlose
> Bremen will vor der Wahl mit einem bundesweit einzigartigen Pilotprojekt
> schnell noch papierlosen Geflüchteten helfen. Zunächst nur ein Jahr lang.
Bild: Gäbe es keine Grenzen, bräuchte niemand Papiere … Demo in der Bremer …
Das rot-grün-rot regierte Bremen startet ein Pilotprojekt, mit dem
[1][papierlosen Zugewanderten] ein Weg aus der Illegalität eröffnet werden
soll. [2][Das hat der Senat beschlossen], rechtzeitig vor der Landtagswahl
am 14. Mai. Ein paar Tage vorher, am 8. Mai, wird eine „Clearingstelle“
eröffnen, die Betroffenen ihre Unterstützung anbieten soll. Das Angebot
gilt als bundesweit einzigartig und ist zunächst auf ein Jahr befristet. Es
wird vom Roten Kreuz umgesetzt.
Die Vereinbarung sei für Menschen gedacht, die kein Vertrauen in staatliche
Institutionen hätten, sagt die Landesregierung: Die Betroffenen, so das
Versprechen, riskierten nicht, sich den Ausländerbehörden offenbaren zu
müssen. Gleichwohl gibt es allerlei Bedingungen: Kommen darf, wer
mindestens seit zwei Jahren ohne gültige Aufenthaltspapiere in Bremen lebt,
keine staatlichen Leistungen bekommt und keine Duldung oder gar einen
Aufenthaltstitel hat. Auch Geflüchtete mit einem laufenden asyl- oder
aufenthaltsrechtlichen Verfahren sind ausgeschlossen.
Als papierlos gilt, wer sich ohne [3][Aufenthaltserlaubnis] oder Duldung
hier aufhält. Betroffene können Grundrechte nicht wahrnehmen, leben oft in
ständiger Angst. Zu dieser Gruppe gehören Geflüchtete aus „sicheren
Herkunftsländern“ wie [4][Sinti und Roma] vom Balkan, für die eine Rückkehr
dorthin keine Option ist, prekär beschäftige Arbeitsmigrant:innen –
Sexarbeiter:innen etwa – oder abgelehnte Asylbewerber:innen und
jene Migrant:innen, die vom Familiennachzug nach wie vor ausgeschlossen
werden.
„Die Betroffenen haben rechtlich keine Chance auf einen legalen Zugang zum
Arbeitsmarkt“, sagt Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke).
„Sie sind gezwungen, unter ausbeuterischen Bedingungen zu arbeiten.“ Laut
den Behörden sind in Bremen schätzungsweise 4.000 Menschen papierlos. Die
Zahl der Betroffenen sei „groß, aber sehr schwer zu schätzen“, sagt
[5][Holger Dieckmann vom Bremer Flüchtlingsrat] – zumal die Gruppe „nicht
homogen“, die Fluktuation „sehr groß“ sei.
## Viele Betroffene werden „nicht erreicht“
Aus seiner Sicht ist das von der Linkspartei so genannte
„Legalisierungsprogamm“ zwar „auf jeden Fall eine Verbesserung“. Viele
Betroffene „werden damit aber trotzdem nicht erreicht“, so Dieckmann. Dazu
gehören seiner Einschätzung nach insbesondere jene Geflüchtete, die schon
einen Eintrag im [6][bundesweiten Ausländerzentralregister] haben. Sie
könnten nicht von dieser Initiative profitieren – und würden im
Zweifelsfall in andere Bundesländer umverteilt.
Eine echte Chance sei das Projekt also nur für jene, „die auch jetzt schon
nach geltendem Recht eine Duldung bekommen könnten“, so Dieckmann. Das
Problem sei [7][vor allem §15a des Aufenthaltsgesetzes] und dessen
Umsetzung in Bremen zur „Verteilung unerlaubt eingereister Personen“.
Geholfen werden soll nur jenen, deren illegaler Aufenthalt auf Unwissenheit
beruht: „Das ist keine Einladung an alle illegal Eingereisten, unter
Umgehung von Recht und Gesetz in Bremen einen legalen Aufenthalt zu
erwirken“, warnt Sozialstaatsrat Jan Fries (Grüne).
Und während die Linkspartei „ein bisschen stolz ist, dass wir gewissermaßen
Geschichte schreiben“, sind die Erwartungen des auf Migrationsrecht
spezialisierten Bremer Anwalts Sven Sommerfeldt gering: „Das wird nicht
vielen Menschen helfen.“ Das Projekt sei „kein Legalisierungsprogramm“,
sondern „ein Beratungsangebot“. Viel mehr könne Bremen als Bundesland aber
nicht tun.
10 Apr 2023
## LINKS
[1] /Bremerinnen-ohne-Krankenversicherung/!5888942
[2] https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/senat-startet-p…
[3] https://www.germany-visa.org/de/einwanderung-aufenthaltsgenehmigung/wie-erh…
[4] /30-Jahre-Rostock-Lichtenhagen/!5874650
[5] https://www.fluechtlingsrat-bremen.de/
[6] https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben/A/Auslaenderzentralregister/azr…
[7] https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__15a.html
## AUTOREN
Jan Zier
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