# taz.de -- Bremen plant neuen Hafen für Bremerhaven: Ein Wahlgeschenk der SPD | |
> Als Ersatz für das gescheiterte Offshore-Terminal soll an der Unterweser | |
> der „Energy Port“ entstehen. Der BUND hält das Projekt für rechtswidrig. | |
Bild: Der Deich am Naturschutzgebiet Luneplate: Hier möchte die Hafensenatorin… | |
GÖTTINGEN taz | Der rot-grün-rote Bremer Senat beginnt noch vor der | |
Bürgerschaftswahl im Mai mit den Planungen für einen neuen Hafen in | |
Bremerhaven. Mit dem „Energy Port“ solle die Seestadt „wesentlich zum | |
Gelingen der Energiewende und auch zur künftigen Versorgungssicherheit in | |
Deutschland beitragen“, zitiert der Weser-Kurier die [1][Häfensenatorin | |
Claudia Schilling] (SPD). Der Umweltverband BUND ist not amused. | |
Der „Energy Port“ ist das Nachfolgeprojekt des Offshore-Terminals | |
Bremerhaven (OTB). Der Schwerguthafen für Windpark-Komponenten auf dem Meer | |
sollte zunächst 2013 gebaut werden. Doch das Projekt scheiterte. Auf dem | |
OTB sollten bis zu 1.000 Tonnen schwere Fundamente für Windräder sowie | |
Rotorblätter mit einer Länge von 75 Metern auf Spezialschiffe verladen | |
werden. Auch der Bau eines mehrere hundert Meter langen Verladekais war | |
geplant. | |
Doch 2019 entschied das Verwaltungsgericht Bremen nach Klagen von | |
Umweltschützer:innen, dass der Planfeststellungsbeschluss, also die | |
Baugenehmigung für den OTB, vor allem aus ökologischen Gründen | |
[2][rechtswidrig war] – der Eingriff in das FFH-Schutzgebiet Weser bei | |
Bremerhaven sei nicht gerechtfertigt. Das Oberverwaltungsgericht | |
[3][bestätigte das Urteil zwei Jahre später]. Mit den Plänen für den | |
Spezialhafen versickerten mehr als 32 Millionen Euro, die für Vorarbeiten | |
ausgegeben wurden. | |
Bremerhavens Politik fordert Ersatz ein. Laut Senatorin Schilling bestätigt | |
nun eine von ihrem Ressort bei einer Hamburger Beratungsfirma in Auftrag | |
gegebene Studie ein „riesiges Potenzial“ des südlichen Bremerhavener | |
Fischereihafens als Hafen für die Energiewende. Der Umschlag von | |
Wasserstoff, die Produktion umweltfreundlicher Treibstoffe oder Batterien, | |
die Montage von Bauteilen für Windräder und auch das Recycling ausgedienter | |
Anlagen – um all diese „Potenziale“ nutzen zu können, empfehlen die | |
Autor:innen der Studie den Bau einer Anlegestelle vor dem Weserdeich. So | |
ähnlich, wenn auch etwas kleiner, wie beim gescheiterten OTB. | |
„Das ist eine historische Chance von nationaler Bedeutung, die wir nutzen | |
müssen“, sagt Schilling. Deshalb werde sie dem Senat vorschlagen, die | |
staatliche Hafengesellschaft Bremenports „mit den konkreten Planungen für | |
einen Energy Port zu beauftragen“. Ein entsprechender Beschluss soll noch | |
im April gefasst werden. Gleichzeitig soll die Genehmigung nach dem | |
beschleunigten Verfahren erfolgen, das die Bundesregierung für den Bau von | |
Anlagen für die Energiewende vorgesehen hat – Schilling will im Bundesrat | |
einen entsprechenden Vorstoß starten. | |
Der Bund soll sich auch an den Kosten beteiligen: Auf mehr als eine halbe | |
Milliarde Euro veranschlagen die Gutachter:innen die Kosten für den Bau | |
von Gewerbeflächen und Schiffsanlegern. „Aus meiner Sicht ist völlig klar | |
bei einem Vorhaben dieser Dimension: Ohne die Unterstützung des Bundes geht | |
es nicht“, betont Schilling. | |
Zugleich hofft die Senatorin auch auf einen „neuen gemeinsamen Anlauf“ mit | |
den Naturschutzverbänden. Den dürfte es aber zumindest vorerst nicht geben. | |
„Kurz vor der Wahl springt der OTB wieder aus der Kiste“, kommentiert der | |
Geschäftsführer des BUND-Landesverbandes Bremen, Martin Rode, die Studie. | |
Deren eigentlicher Zweck sei es gewesen, den Bau des gescheiterten | |
Offshore-Terminals wieder zurück auf die politische Agenda zu hieven, so | |
der Umweltverband: „Wen wundert es, dass exakt die OTB-Planung erneut als | |
Lösung aller Probleme aufgemalt wird.“ | |
Nach wie vor handele es sich beim zum „Energy Port“ umdeklarierten OTB um | |
Eingriffe in ein Naturschutzgebiet von europäischem Rang, das wertvollste | |
Schutzgebiet an der Unterweser. Mittlerweile sei aber noch viel klarer als | |
zu Beginn der OTB-Planungen, „dass neben der Klimakrise die | |
Biodiversitätskrise eine ebenso große globale Herausforderung ist. | |
Schutzgebiete sind die Hotspots der Biodiversität und dürfen nicht weiter | |
Spielball von Bauplanungen sein.“ | |
Statt den Konflikt zu forcieren, sei der Senat gut beraten, sich auf das | |
Unstreitige und Machbare zu konzentrieren. Nach Ansicht des BUND enthält | |
die Energy Port-Studie auch Planungsvorschläge, mit denen Bremerhaven am | |
Boom der Erneuerbaren Energien teilhaben kann und das wertvollste | |
Naturschutzgebiet an der Unterweser unberührt bleibt. Der Senat wolle | |
jedoch die „Maximalvariante“ beschließen lassen. „Das hat nichts mit | |
seriöser Planung zu tun, aber ganz viel mit Wahlkampf und unsachgemäßem | |
Druck auf Koalitionspartner.“ | |
29 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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