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# taz.de -- Polizei meldet Ermittlungserfolg: Kinder griffen trans Frau an
> Die Polizei hat Tatverdächtige gestellt, die in einer Bremer Straßenbahn
> eine trans Frau geschlagen haben. Sie sind zwischen 12 und 14 Jahren alt.
Bild: Mahnwache nach der Tat: Das Entsetzen ist groß in Bremen
Bremen taz | Kinder zwischen 12 und 14 Jahren sind verdächtig, am Samstag
vor einer Woche [1][eine 57-jährige trans Frau in einer Bremer Straßenbahn
beleidigt] und so geschlagen zu haben, dass sie mit schweren
Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden musste. Die Täter
entrissen ihr auch ihre Perücke. Gegen sie wird wegen Beleidigung und
gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Das teilte am Dienstagmorgen die
Bremer Polizei mit.
Eine Polizeistreife habe einige aus der etwa 15-köpfigen Tätergruppe eine
Woche nach der Tat im Laufe eines anderen Einsatzes in einem anderen
Stadtteil erkannt; vier der zehn dabei auf die Wache Mitgenommenen seien
anhand der Videoaufnahmen aus der Straßenbahn als Täter erkannt worden. Es
handelt sich bei ihnen nach Angaben der Staatsanwaltschaft ausschließlich
um Jungen.
In sozialen Medien und in Kommentaren unter Medienberichten spekulieren die
User:innen über die Rolle, die der Geburtsort der Eltern, Großeltern oder
Urgroßeltern der Täter spielen könnte. In einer anderen Pressemitteilung
hatte die Polizei geschrieben, sie hätten „dunkle Haare und einen dunklen
Teint“. Die Bild-Zeitunghatte eine Kiosk-Besitzerin mit den Worten zitiert,
sie kenne die Gruppe, sie würden „kurdisch und arabisch“ sprechen.
Dabei gebe es Trans- und Queerfeindlichkeit zwar auch in migrantischen
Communities, sagte Freddy Mo Wenner der taz. „Aber deutlich problematischer
ist das extreme Ausmaß bei der neuen Rechten und bei christlischen
Fundamentalist:innen.“ Wenner berät unter anderem zu trans Themen, auch in
Bremen.
## Erlernte Denkweisen und Selbstverständnisse hinterfragen
Darüber hinaus würden sich zu wenig Menschen ihren eigenen Vorurteilen und
Ängsten stellen, die auch dazu führen, dass queere Menschen ständig
Entwertung und Gewalt im Alltag erleben – sowohl von Fremden als auch von
ihnen bekannten Menschen. „Es ist erst mal unangenehm, die in der Kindheit
erlernten Denkweisen und Selbstverständnisse kritisch zu hinterfragen“,
sagte Wenner.
„Da ist es oft leichter, mit dem Finger auf andere zu zeigen.“ Im Übrigen
sei es mit Queerfeindlichkeit ähnlich wie mit – auch antimuslimischem –
Rassismus, der alles „Fremde“ zur Gefahr erklärt und auch, dass Queers
ähnlich wie chronisch Kranke und Behinderte als Abweichende stigmatisiert
würden.
In den vergangenen Wochen hatten Medien gehäuft über [2][Attacken auf trans
Menschen] in Deutschland berichtet. Einer, der 25-jährige Malte C., war,
einen Tag vor der Gewalttat in Bremen, in Münster an Kopfverletzungen
gestorben. Am Samstag hatte nach Angaben der Berliner Polizei ein
16-Jähriger einen Pflasterstein auf eine trans Frau geworfen, sie jedoch
verfehlt.
Dabei zeigen die verfügbaren Daten der Polizei, dass Ermittlungen zu
[3][Angriffen sowohl auf trans Menschen als auch auf Schwule und Lesben]
stetig zunehmen. Diese werden als Hassverbrechen gegen die sexuelle
Orientierung (auf welches Geschlecht sich das Begehren richtet) und
sexuelle Identität (trans und inter geschlechtlich) in Polizeistatistiken
geführt. Letzteres erst seit 2020.
## Mehr Aufmerksamkeit für queerphobe Taten
Die Zunahme solcher auch queerphob genannten Straftaten hängt auch damit
zusammen, dass es seit wenigen Jahren eine größere Aufmerksamkeit für das
Thema gibt und sich infolgedessen mehr Menschen trauen, die Taten
anzuzeigen und Polizist:innen den Tathintergrund erkennen. Das sagte
etwa eine Sprecherin der Polizei Hamburg der taz.
Bundesweit gab es laut Bundeskriminalamt im Jahr 2021 870 Straftaten
aufgrund der sexuellen Orientierung des Opfers – ein Anstieg um 50 Prozent
zum Vorjahr. Im Feld „Geschlecht/sexuelle Identität“ waren es 340 Delikte,
ein Plus von 66 Prozent. Hinzu kommt ein großes Dunkelfeld, wie auch das
Innenministerium einräumt.
Dabei unterscheiden sich die Bundesländer zum Teil erheblich. Berlin gab
für das vergangene Jahr 529 solcher Ermittlungsverfahren an. In
Niedersachsen waren es im selben Zeitraum 63 Verfahren und damit fast
doppelt so viele wie im Vorjahr, in Hamburg waren es 67 (2020: 30) und in
Bremen 18, fast genau so viele wie im Vorjahr. Dabei handelte es sich in
Bremen in der Hälfte der Fälle um Sachbeschädigung, in einem Fall um
Körperverletzung.
Den [4][starken Anstieg in Hamburg] erklärte eine Sprecherin der Polizei
damit, dass zwei Fallkomplexe aufgeklärt werden konnten, bei denen eine
beziehungsweise zwei Personen mehrere Straftaten mit queerphobem
Hintergrund begangen hatten. Bei rund einem Drittel habe es sich um
Körperverletzungsdelikte gehandelt.
## Bremen will queere Menschen besser Schützen
Das Bremer Landesparlament hatte im Februar 2021 den Senat aufgefordert,
queere Menschen besser vor Hasskriminalität zu schützen. Dazu sollte eine
Studie in Auftrag gegeben werden, „die belastbare, empirische Daten zu
Gewalttaten erhebt und das Dunkelfeld untersuchen soll“. Eine Sprecherin
des Bremer Innensenators sagte dazu, dies geschehe im Rahmen einer im Mai
2022 gestarteten Sicherheitsbefragung durch die Polizei.
Des Weiteren soll der Senat laut Bürgerschaftsbeschluss ein Konzept
erarbeiten, „um Menschen, die Opfer oder Augenzeugin / Augenzeuge von
Straftaten gegen queere Menschen geworden sind, dazu ermutigen, Anzeige zu
erstatten und auch den queerfeindlichen Hintergrund zu benennen“. Inwiefern
dieses in Arbeit ist, konnte die Sprecherin nicht sagen.
Aufgrund von Krankheit ist die 2019 geschaffene Stelle des
Queerbeauftragten bei der Bremer Polizei derzeit unbesetzt und soll nun neu
ausgeschrieben werden. Queere Vereine wie Trans Recht und das Bremer Rat
und Tat Zentrum hatten der taz gesagt, mit dem Beauftragten hätten sie sehr
gut zusammen gearbeitet.
13 Sep 2022
## LINKS
[1] /Demo-gegen-Queerfeindlichkeit/!5876481
[2] /Queerfeindlichkeit-in-Deutschland/!5880996
[3] /Staat-gegen-antiqueere-Gewalt/!5823918
[4] /Schwulenfeindlichkeit-in-Hamburg/!5826783
## AUTOREN
Eiken Bruhn
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Polizei Bremen
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